19.01.2003

Suchen und finden?

Predigt zum 2.Sonntag im Jahreskreis (Joh 1,35-42 )

"Suchen Sie etwas? Kann ich ihnen helfen?", fragt die Verkäuferin einen Mann, der zwischen den Regalen hin und herläuft und ziemlich ziellos herumschaut. Recht verlegen antwortet dieser: "Ach, ich möchte mich nur etwas umschauen." Oft stimmt diese Antwort nicht ganz so recht. Denn wer sucht, hat meistens eine wage Vorstellung von dem, was er sucht.

So ähnlich wirken die beiden Jünger des heutigen Evangeliums. Johannes der Täufer hatte sie auf Jesus hingewiesen. Sie waren neugierig geworden und wollten sich diesen Menschen etwas näher anschauen. Als sie plötzlich von Jesus angesprochen werden, sind sie perplex wie der Mann im Kaufhaus. Aber sie geben zu, dass sie sich nicht einfach so umschauen wollen sondern wirklich etwas suchen, auch wenn sie noch nicht so recht wissen, was das genau ist. Und es kommen ihnen die Worte über die Lippen: "Meister, wo wohnst du?" Diese Frage ist weit mehr als nur eine Erkundigung nach der Hausnummer des Wohnorts. Da fragen Menschen einen, in welcher Gedankenwelt er wirklich daheim ist, aus welchen Quellen und für welche Ziele er lebt.

Aber das Evangelium verrät uns nicht, was die beiden bei Jesus gesehen oder gefunden haben. Es erzählt nichts von großen Worten oder einem besonderen Erlebnis. Es erzählt nur eines: Dieses Zusammensein hat bei den jungen Männern einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Sie bleiben Jesus auf der Fährte.

Im inzwischen aufgegebenen Jugendmagazin "Jetzt" der Süddeutschen Zeitung machten sich in der Novembernummer des Jahres 2001 ebenfalls zwei junge Journalisten auf eine Suche. Auf die Suche nach einem Glauben, der ihnen inzwischen verloren gegangen war. "Zwei Reisende auf der Suche nach Gott", so bezeichnen sie sich. "Den einen zu finden, der immer einen Weg weiß. Auf den wir uns verlassen können. Der uns nie alleine lässt – kein übler Gedanke, Also sind wir losgefahren, haben christliche Gemeinden besucht, die behaupten, einen Weg zu Gott zu kennen", mit diesem Ziel sind die beiden Sucher aufgebrochen, haben mehrere christliche Gemeinden besucht und sich umgeschaut. Und ihr Suchbericht endet mit den Worten: "Wahrscheinlich hat Gott keinen festen Wohnsitz. Gefunden haben wir ihn nicht!"

Ich stelle mir vor, die beiden jungen Journalisten wären bei ihrer Suche nach Gott bei uns in St. Maximilian Kolbe gelandet, hätten an meiner Tür geklopft, was hätten sie hier gefunden? Wahrscheinlich nichts, was sie vom Hocker gerissen hätte. Wahrscheinlich recht Alltägliches und vielleicht sogar Banales. Wahrscheinlich hätten sie in unserer Gemeinde oder in unseren Häusern nicht die Spur zu Gott oder Jesus entdeckt. Wahrscheinlich hätten sie nicht eine so umwerfend tolle Erfahrung gemacht, die sie weiter zur Fährtensuche nach Jesus animiert hätte.

Liebe Leser, ich wäre glücklich, wenn Menschen an mir eines entdecken könnten: Durch seinen Glauben an Gott und seine Beziehung zu Jesus kann man bei ihm spüren: Ohne diesen Glauben wäre er ein ganz anderer geworden, wäre er nicht der, der er heute ist.

Pfarrer Stefan Mai


 
© Stefan Mai 2001 - 2024
Alle Rechte vorbehalten.
Vervielfältigung nur mit Genehmigung von Pfarrer Stefan Mai.

www.stefanmai.de