Die Hand – Verlängerung des Herzens?

Predigt zum Weißen Sonntag 2015 (Lesung: 2 Kor 9,6-8; Ev.: Joh 6,1-13)

Einleitung

Im Untermaingebiet haben die Leute für einen Egoisten einen besonderen Ausdruck: „Allmoi“. D.h. „alles mir“. „Allmoi“ - ein Mensch, der nur an sich denkt, alles für sich will – ohne dabei an andere zu denken.
Liebe Kommunionkinder, als Zeichen für unseren Kommunionkurs haben wir die Schale aus den drei großen Händen gebastelt. Sie sollte für unser Thema stehen „Geben und Nehmen“. Eine Schale kann aufnehmen, aus ihr kann man aber auch etwas nehmen. Sie ist ein Bild für den Kreislauf von „Geben und Nehmen“.
In jeder Eucharistiefeier steht uns ein Mann vor Augen, der alles andere war als ein „Allmoi“. Dessen Lebensmotto hat geheißen „für“.

Predigt

„Wer will, der kriegt!“ Wir alle kennen diesen Werbespot von Media- Markt und denken uns nicht viel dabei. Was aber eine solche Einstellung „immer nur, wenn möglich immer mehr kriegen und nehmen“ mit einem Menschen macht, davon erzählt ein modernes Märchen mit dem Titel „Das Kind mit den großen Händen“:

Es war einmal ein Kind, dem mangelte es an nichts. Alles, was es sich wünschte, bekam es von seinen Eltern. Denn die Eltern stammten aus armen Verhältnissen und sagten sich: "Unser Kind soll es besser haben als wir." Und das Kind hatte viele Wünsche: Spielzeug, Süßigkeiten, dies und das. Im Kinderzimmer war bald kein Platz mehr für die vielen erfüllten Wünsche.
Das ging so manches Jahr und das Kind wuchs heran. Aber schneller als seine Gestalt wuchsen seine Hände. Schließlich vergrößerten sie sich täglich um einen Millimeter. Bald konnte das Kind seine Schuhe im Stehen öffnen.
Die Eltern waren darüber sehr besorgt und suchten die verschiedensten Ärzte auf. Aber kein Arzt konnte die Ursache des schnellen Wachstums der Hände finden.
Die Leute auf der Straße blickten verwundert auf die Hände des Kindes. So große Hände hatte noch keiner gesehen. Das Kind schämte sich und hielt die Hände am Rücken versteckt. Nur wenn es einen Wunsch hatte, nahm es eine Hand nach vorne und zeigte: "Dies" oder "Das".
Schließlich kam das Kind ins Krankenhaus, wo es viele Wochen bleiben musste. Die Ursache des ungewöhnlichen Wachstums der Hände wurde aber nicht entdeckt. Seltsamerweise kam aber im Krankenhaus dieses Wachstum zum Stillstand. Aber - kaum war das Kind wieder entlassen, begann wieder dieses Zerren, Dehnen und Strecken. Die Fingerspitzen reichten nun schon fast auf den Boden hinab.
Die verzweifelten Eltern erfuhren von einem weisen Mann, der weit entfernt lebte. Dieser hörte sich diese Geschichte an und dachte dann lange darüber nach. Schließlich sagte er:
"Euer Kind hat etwas Wesentliches nicht gelernt: das GEBEN! Es hat unzählig viele Wünsche ausgesprochen und immer nur genommen. Je größer und zahlreicher seine Wünsche wurden, umso schneller sind seine Hände gewachsen. Wie große, schöpfende Schalen sehen sie nun aus. Aber es sind Gefäße, die nur nehmen und nicht geben können"
Darauf sagten die Eltern: "Aber wir haben doch nur das Beste für unser Kind gewollt. Es sollte es besser haben als wir."
"Wer das Leben lehrt, muss auch seine Not lehren und die Hilfe, die andere nötig haben", entgegnete der Alte. "In dem Maße, wie euer Kind lernt, zu geben, werden seine Hände ihre Unförmigkeit verlieren und wieder kleiner werden."
Und jetzt geht in die Stadt und achtet auf die Menschen, die ihre Hände versteckt halten, weil sie zu groß geworden sind. Oder besser: Betrachtet eure eigenen Hände, ob sie nicht ein wenig zu groß geraten sind ...


Auf unserm Liedblatt ist ein schönes Bild zu sehen. Ein Herz aus vielen bunten Händen. Was soll das bedeuten?

Ich glaube, der Antwort kommt ihr auf die Spur, wenn ihr einmal eure rechte Hand hier an die Stelle der linken Hand legt.

- Pfarrer macht es vor: Hand auf den Puls legen – Kinder machen es nach -

Spürt ihr was? -----
Ja, da ist deutlich der Puls zu spüren. Jeden Herzschlag kannst du hier an der Hand spüren. Das ist etwas Wunderbares für mich, was da der liebe Gott bei uns Menschen eingerichtet hat. Im Bild gesprochen: Das Herz steht in der Verbindung mit der Hand. Mit der Hand sollen wir ausdrücken, was wir im Herzen fühlen. Das Herz, so sagen wir, ist der Sitz für das Gefühl für den anderen. Wenn ich es gut mit Menschen meine, dann soll dies nicht nur Gefühl bleiben, sondern der Impuls, den das Herz in die Hand schickt, soll auch Folgen haben. Schauen wir einmal auf das Evangelium:


Da spürt Jesus im Herzen und es tut ihm direkt weh: Die vielen Menschen haben Hunger. Sie brauchen etwas zu essen. Die Jünger debattieren: Ja woher nehmen und nicht stehlen? Und das kostet einen Haufen Geld, wenn wir für so viele Leute Brot kaufen sollen.
Aber da ist ein kleiner Junge, der hat etwas in seinem Rucksack: Fünf Brote und zwei Fische. Und der ist bereit, zu geben. Der ist ganz anders als das Kind mit seinen großen Händen, das immer nur will und immer mehr will. Der Bub gibt seine fünf Brote und zwei Fische her. Und dann geschieht das große Wunder, über das alle nur so staunen können. Weil dieses Kind nicht auf dem egoistisch hockt, was es hat, werden alle satt und sind glücklich.

Liebe Kinder. Unter unserem Herzen mit den Händen steht ein Satz von Mutter Teresa: „Je mehr du gibst, desto mehr empfängst du. Und wer mit Freuden gibt, gibt am meisten.“

Und wenn ihr heute bei der Wandlung die Worte Jesu aus dem Abendmahlsaal hört: „Nehmt und esst alle davon, das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird“. Da steht uns ein Mensch vor Augen, dem die Menschen am Herzen lagen, der gegeben, hergegeben, sich für Menschen eingesetzt hat. Dessen Hände mit dem Herzen in Verbindung standen, dessen Hände die Verlängerung seines Herzens waren.

Wenn wir dieses sein Brot nehmen und essen, dann wünscht er: Wer dieses Brot empfängt, soll kein „wer will, der kriegt - Mensch“ werden, sondern ein Mensch, dessen Hände die Impulse des Herzens weitergeben, dessen Hände sich nicht egoistisch in sich verkrampfen, sondern bereit sind zu geben. Diese Lebenshaltung soll durch den Kommunionempfang uns in Fleisch und Blut übergehen. Von diesem Brot soll uns auch die Kraft zu einer solchen Lebenshaltung zuwachsen. Und das nicht nur heute.

Fürbitten

Pfarrer:
Herr, unser Gott, wir alle, Große und Kleine sind bei dir immer herzlich willkommen. Du möchtest uns beschenken. Wir bitten dich:

1. Vater:
Lass das Elternhaus für unsere Kinder ein Ort sein, an dem sie das Lebensprinzip Geben und Nehmen lernen und für das Leben einüben können

2. Mutter:
Lass unsere Kinder Halt im Leben und Freude im Glauben finden

3. Opa/Oma:
Schenke den verschiedenen Generationen Verständnis füreinander und lass Alt und Jung einander zum Segen sein

4. Taufpate/Taufpatin:
Schenke den Eltern, allen Verwandten und Freunden der Kommunionkinder das Bewusstsein für den Wert guter Beziehungen, die ein Leben lang tragen

5. Geschwisterkind:
Ermögliche auch Kindern, die in Armut, Not und Gefahr aufwachsen, ein lebenswertes und sicheres Leben

6. Verwandter:
Bereite all unseren Verstorbenen, denen wir vieles verdanken, einen Platz in deinem himmlischen Festmahl. Heute denken wir an .....

Pfarrer:
Guter Gott, du willst allen Menschen das Leben in Fülle schenken. Dafür loben und danken wir dir nicht nur heute, sondern alle Tage unseres Lebens.
Amen


Pfarrer Stefan Mai

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