Sich besinnen – mit den Zeichnungen im Gotteslob

Bußgottesdienst in der Fastenzeit 2015

Lied: Gl 272, 1-3 oder Gl 273,1-4

Begrüßung

Inzwischen haben wir über ein Jahr Erfahrungen mit unserem neuen Gotteslob gemacht. Es freut mich, dass sich unsere Gemeinden auf die vielen neuen Lieder einlassen und im regelmäßigen Rhythmus von zwei Wochen jeweils zwei neue Lieder lernen. Und ich denke, die meisten von uns haben sie als eine große Bereicherung erfahren, singen die vielen schwungvollen Lieder aus dem Diözesanteil gerne mit, merken, dass durch diese Lieder ein frischer Wind weht und kommen auch über die Texte vieler neuen Lieder ins Nachdenken. Wer sich die Zeit nimmt, im Gebetsteil oder Andachtsteil des Gotteslobes zu lesen, stößt auf wertvolle Gebetsimpulse und spürt auch hier das Bemühen um eine Sprache unserer Zeit.

Mit einem tun sich allerdings viele Menschen schwer: Mit den modernen Zeichnungen in unserem Gotteslob. „Was sollen denn diese Striche? Damit kann ich nichts anfangen. Da hätte man doch schöne farbige Bilder hineinsetzen können, wo man etwas erkennt. Für diese Kritzeleien hätte man doch keine große Künstlerin Monika Bartholome gebraucht, das hätten doch Kinder auch hingebracht!“ So denkt manche und mancher.

Ich bin froh, dass sich die Macher des Gotteslobs bei der Illustration des neuen Gotteslobs für diese Art von Bilder entschieden haben. Denn diese Bilder legen nicht fest. Sie regen zum Nachdenken an, legen nicht fest, lassen dem Betrachter Freiraum für die eigene Interpretation.
In diesem Bußgottesdienst möchte ich mit Ihnen einige dieser Zeichnungen betrachten, eine kurze Beschreibung zu den Bildern geben und durch sie mich in ein Nachdenken über mich selbst führen lassen.

Kyrie: Gl 161

1. Betrachten wir die Darstellung auf dem Einband des Gotteslobs

Kurze Stille

Betrachtungsimpuls

Aus drei gebogenen Linien entsteht ein Bild.
Fügt sich aus den drei Schwingen ein Kreuz?
Soll es vielleicht sogar ein Franziskuskreuz - das Taukreuz - darstellen?
Ist es vielleicht ein Symbol für die Dreifaltigkeit?
Oder sind es einfach zwei Hände, in die sich ein nachdenklicher und müder Kopf legt?

Ich frage mich:
Was geht zur Zeit in meinem Kopf herum?
Was beschäftigt mich zur Zeit am meisten?
Was kostet mir viel Kraft und macht mich mürbe?

- kurzes meditatives Orgelstück -

2. Wir betrachten die Zeichnung nach der Nummer 16,1

Kurze Stille


Betrachtungsimpuls

Ruhig und fließend wirkt die Pinselzeichnung am rechten unteren Rand. Nur zwei Linien, die sich überlagern, sich verbinden und einander begleiten.
Nicht zufällig stehen darüber und dahinter Gebete zu Ehe und Partnerschaft. Die beiden Lebenslinien möchten mich über meine Beziehungen nachdenken lassen, besonders zu den Menschen, die mir eng verbunden sind, die mich im Leben begleiten und die ich im Leben begleite.

„Drei Dinge gefallen mir“, so schreibt das Buch Jesus Sirach (25,1), „sie sind Gott und den Menschen angenehm: Eintracht unter Brüdern, Liebe zwischen Freunden, Mann und Frau, die sich verstehen.“

- kurzes meditatives Orgelstück -

3. Wir schlagen die Zeichnung nach der Nummer 29,7 auf

Kurze Stille


Betrachtungsimpuls

Diesmal keine Schwarz-Weiß Zeichnung, sondern eine weiße Zeichnung auf rotem Grund. Die weißen Linien erinnern mich an ein aufgeblättertes Buch. Wie aufgefaltete, vom Wind bewegte Blätter überlagern sich die weißen, unterschiedlichen Linien. Die Zeichnung erinnert mich auch an eine Ziehharmonika, wie beim Auseinanderziehen Luft in den Blasebalg gesogen wird.
Diese Zeichnung ist das Eingangsbild zum II. Teil unseres Gotteslobes zu den Psalmen, den Liedern und Litaneien.
Es fragt mich:
Welche Lieder gehören zu meinen Lieblingsliedern?
Welche Psalmverse sind mir besondere Wegbegleiter?
Gibt es Melodien, die mir einfach nicht aus dem Kopf gehen?
Welche Lieder geben mir Trost, machen mir Mut, schenken mir Zuversicht?

- kurzes meditatives Orgelstück -

4. Betrachten wir die Zeichnung nach der Nummer 392

Kurze Stille


Betrachtungsimpuls

Hochreißende Linien. Da denke ich an einen Menschen, der vor Begeisterung die Arme hochreißt und den ganzen Körper in eine jubelnde Bewegung versetzt. Nicht umsonst ist diese Zeichnung gegenüber dem Lied „Lobe den Herren“ platziert. Sie ist wie ein Bildkommentar zum Inhalt des Lobliedes. Der Mensch ist nie so schön, als wenn er lobt und Freude ausstrahlt.
Was ist zur Zeit die große Freude meines Lebens?

- kurzes meditatives Orgelstück -

Lied: Gl 392/1.2.5

5. Ganz anders die Zeichnung nach der Nummer 291

Kurze Stille


Betrachtungsimpuls

Diese Zeichnung lässt eher an einen Menschen denken, der seinen Lebensweg gebeugt unter einer Last dahergeht – wie es auch das Lied „Holz auf Jesu Schulter auf der gegenüberliegenden Seite besingt.
Sie fragt mich:
Welche Belastung habe ich zur Zeit persönlich zu tragen?
Was hilft mir, diese Last zu bewältigen?

- kurzes meditatives Orgelstück -

Lied: Gl 291/1.2

6. Zum Schluss schlagen wir die Zeichnung nach 569,6 auf

Kurze Stille


Betrachtungsimpuls

Erneut kommt wie auf vielen Zeichnungen der Künstlerin Monika Bartholome eine Wegstrecke ins Bild. Der sich biegende Weg erfährt eine sanfte Berührung. Wie ein leichtes Blatt senkt sich von oben herab eine gebogene Linie und tangiert den Weg.
Vielleicht ein Hinweis darauf, dass an bestimmten Punkten unseres Lebensweges wir ein Angerührtsein durch Gott, eine sanfte Berührung durch ihn spüren dürfen.
Kenne ich solche Momente?
Im Gottesdienst - in der Begegnung mit Menschen – in besonderen Situationen – im Gebet?

- kurzes meditatives Orgelstück -

Wir haben mit den Zeichnungen aus dem Neuen Gotteslob über uns selbst, über unsere Beziehung zu Menschen und Gott nachgedacht. Mit Hilfe dieser reduzierten Strichzeichnungen wollten wir zu wesentlichen Erkenntnissen über uns vordringen. Mit einem neuen Gebet aus unserem Gotteslob wollen wir unsere Besinnung abschließen:

Gemeinsames Gebet: Gl 9,7

Vergebungsbitte

Lied: Gl 811,1.2

Vater unser

Segensgebet (MB S 569


Segne deine Gläubigen, Herr, unser Gott,
stärke sie im Glauben,
hilf ihnen, deinen Willen zu tun,
und bewahre sie in deiner Gnade,
damit sie sich immer deiner Huld erfreuen.
Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn.

Und der Segen des allmächtigen Gottes,
des Vaters und des Sohnes
+ und des heiligen Geistes,
komme auch euch herab und bleibe bei euch allezeit. Amen

Lied: Gl 270/1-3


Pfarrer Stefan Mai

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