Wert und teuer – was ist das?

Predigt zur Eröffnung der Ausstellung „unbezahlbar“ am 1. Fastensonntag in Gerolzhofen

Einleitung
Ein zehn Meter langer Tisch mitten in unserer Kirche, weiß gedeckt. Darauf in Papier eingehüllte Teller, Besteck daneben. Teller und Papier sind beschriftet. Darauf steht z.B. ….................................
Was soll das?

Predigt
Es ist lange her, dass man Briefe begonnen hat mit: „Werter Herr …, Teure Mutter!“ Solche Anreden grenzen für uns an Kitsch und Gefühlsduselei. Bei „wert“ und „teuer“ denken wir an Geld: „Wie viel ist das Auto noch wert?“ „Wie teuer war das Geschenk?“ Ich kenne Leute: Wenn die ein Geschenk bekommen haben, dann googlen sie im Internet danach, wie teuer es war. Und daraus leiten sie ab, was sie selbst dem anderen „wert“ waren.

Unsere Ausstellung „Unbezahlbar“, die wir heute eröffnen, greift ganz bewusst den alten Sinn von „wert“ und „teuer“ auf. Es geht um all das, was man mit Geld nicht aufwiegen kann. Es geht um die Frage nach dem, was für uns im Leben von unbezahlbarem Wert ist. Das haben Menschen aus Gerolzhofen im Juni vergangenen Jahres beim Alleefest auf in Papier gewickelte Teller geschrieben, wie sie bei der Ausstellung „unbezahlbar“ in der Johanniskapelle zu sehen sein werden. Die Teller, die heute auf den Tischen im Mittelgang der Stadtpfarrkirche liegen, sind von Schülern aus der Mittel- und Realschule beschriftet. Die Papiertüten mit den Zeichnungen, die an der Wäscheleine an den Seiten unserer Kirche hängen, haben Kinder aus dem Hort und unserem Kindergarten bemalt. Immer geht es um das Gleiche: Es geht um die Frage, was im Leben von unbezahlbarem Wert ist.
In einer Welt, die nur noch nach Geldwert tickt, möchte unsere Ausstellung „unbezahlbar“ in Erinnerung rufen und neu zum Nachdenken anregen, wovon wir eigentlich leben. Wunderbar bündelt das die Geschichte von der „leeren Schachtel“:

Ein Mann hatte ein fünf Jahre altes Mädchen.
Zum Spielen hatte es sich eine kostbare
Rolle Goldpapier genommen.

Das Geld war knapp in der Familie.
So ärgerte sich der Vater, als er feststellte,
dass seine Tochter das Goldpapier benutzte,
um einen Karton damit einzuwickeln.

Obwohl er mit ihr geschimpft hatte,
überreichte das Mädchen ihrem Vater das
Päckchen am Weihnachtsabend.

Sie sagte: „Das ist für dich, Papa.“
Der Vater war beschämt.

Doch er ärgerte sich erneut, als er entdeckte,
dass die Schachtel leer war.
„Weißt du nicht, meine Tochter,
wenn du jemandem ein Geschenk überreichst,
sollte auch etwas in dem Päckchen drin liegen.“

Das Mädchen schaute ihn mit großen Augen an.
Langsam füllten sie sich mit Tränen.
Sie antwortete: „Oh Papa, die Schachtel ist nicht leer.
Ich habe viele Küsse in sie hineingepustet,
bis sie voll war“.

Der Vater war zutiefst getroffen.
Er kniete sich hin, legte die Arme um sein kleines Mädchen
und bat es, ihm seinen Ärger zu verzeihen.

Kurze Zeit später starb das Mädchen bei einem Unfall.

Noch heute erzählt man sich, dass ihr Vater
bis zu seinem Tod die Schachtel neben seinem Bett aufbewahrte.

Und immer, wenn er in schwierigen Situationen war,
entmutigt oder traurig, öffnete er das Päckchen.
Er entnahm ihm einen Kuss und erinnerte sich an die Liebe,
die sein Töchterchen „hineingepustet“ hatte.

Liebe Leser,
es ist so, oft weiß man es gar nicht zu schätzen,
was einem im Leben gegeben wird!!!!


Fürbitten
Gott, unser Leben und deine Schöpfung sind uns Menschen als das große Geschenk anvertraut. Wir bitten dich:

A: Lass uns ein Segen sein

Guter Gott, du hast uns mit unserem Leben und deiner Schöpfung reich beschenkt

Aufmerksamkeit präge unser Leben, denn die Welt ist vielfältig und schön

Achtsamkeit bestimme unser Handeln, denn unsere Welt und ihre Menschen sind verletzlich und zerbrechlich

Dankbarkeit für alles Gute und Schöne, das wir erleben dürfen, sei für uns eine Lebensquelle

Achtung vor allem Leben sei unsere Haltung, denn jedes Geschöpf hat seine Würde

Dankbarkeit für alles, was unsere Verstorbenen in ihrem Leben für uns getan haben, sei in unseren Herzen. In diesem Gottesdienst nennen wir stellvertretend für alle die Namen von.....


Pfarrer Stefan Mai

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