Farbe im Gottesdienst

Predigt zum Tag des offenen Denkmals 2014 (Thema Farbe) in Oberschwarzach

Einleitung
Farbe, so heißt das Motto des diesjährigen Tags des offenen Denkmals, den wir für den Landkreis Schweinfurt gestern feierlich in unserem Schloss eröffnet haben.
Farben haben immer eine besondere Ausstrahlung. Sie machen etwas mit uns. Farben lösen in uns Gefühle aus. Sie können beruhigen, reizen, wohltuend wirken. Sie können Atmosphäre schaffen, aber auch einem auf die Nerven gehen. Sie bestimmen Flair und Charakter eines Gebäudes. Und sie spielen auch eine wichtige Rolle in unseren Gottesdiensten.

Ein evangelisches Mädchen, das bei ihrer katholischen Oma auf Ferien war und immer mit in den Gottesdienst ging, meinte: „Oma, weißt du, was mir bei euch in der Kirche am besten gefällt? Der Pfarrer und die Ministranten verkleiden sich immer so schön bunt!“ Da musste die Oma schmunzeln.

Ja, die Farben spielen in unseren Gottesdiensten eine große Rolle. Heute möchte ich mit Ihnen einmal darüber nachdenken, was sie bedeuten.

Predigt
Wissen Sie, was eine rote Musik ist? Eine schwarze, eine orange? Die Kinder eines Kindergartens wussten es, als sie sich viele Gedanken über die verschiedenen Farben machten:

Die rote Musik, sagten sie,
ist lustig,
ist fröhlich,
sie lächelt,
da kann man tanzen,
ist laut und schnell,
ist schön,
ist ganz, ganz voller Liebe, dass man fast weinen muss.

Die schwarze Musik, sagten sie,
ist böse
ist frech und macht laut „bäh, bäh“
ist traurig
und manchmal kann sie gar nicht reden.

Und bei der Musik in orange fielen ihnen die Lieder ein
Wie schön, dass du geboren bist
Happy birthday to you
Laudato si

Und bei der blauen Musik, meinten sie, da wird man ruhig, kann nachdenken und manchmal wird man dabei auch ein wenig traurig.


Die liturgischen Farben

Farben spielen bei uns in der katholischen Liturgie eine große Rolle. Wir kennen sie, die Farben Grün, Rot, Violett, Schwarz, Gold oder Weiß. Wir sehen sie in unseren Gottesdiensten. Aber haben wir schon einmal darüber nachgedacht, was sie bedeuten?
Lassen Sie nun einmal bewusst diese Farben auf sich wirken:

Die liturgischen Farben werden durch Ministranten nach vorn getragen – sie stellen sich nebeneinander auf und zeigen das Messgewand den Mitfeiernden

Ein rotes Messgewand wird nach vorn getragen
Orgelmusik feurig, inspirierend

Ein violettes Messgewand
Orgelmusik getragen und besinnlich

Ein grünes Messgewand
Orgelmusik mit einer gewissen Monotonie, aber doch freundlich

Ein schwarzes Messgewand
Orgelmusik trostvoll

Ein weißes Messgewand
Orgelmusik majestätisch, glänzend


Ja der Gottesdienst will ein Ort sein, in dem man sein Leben in den Höhen und Tiefen, in den Freuden und Sorgen restlos unterbringen kann.
Wir alle kommen mit einer gewissen Grundstimmung in den Gottesdienst. Im Steigerwalddom in Gerolzhofen beeindruckt mich es immer: Auf dem linken Seitenaltar ist ein Bild von der Himmelfahrt zu sehen, auf dem rechten ein Bild von der Kreuzabnahme Jesu. Jedes Mal machen mir diese beiden Bilder bewusst: Zwischen diesen beiden Polen liegen in jedem Gottesdienst die Stimmungslagen der Mitfeiernden, zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt:

Goldene Stimmung – Tage , an denen ich freudige Ereignisse feiere und ich spüre: Das Leben ist wunderbar: Hochzeit, Taufe, die großen Festtage, die über die Größe und Schönheit Gottes staunen und vom Glanz leben – da wird Weiß oder Gold getragen!

Es gibt die schwarzen Tage. Tiefpunkte im Leben. Ich muss liebe Menschen hergeben. Welch ein Trost, wenn mir dann die schwarze Farbe der Liturgie sagt: Du kannst dich in deiner Trauer fallen lassen, du kommst aber aus schwarzen Loch wieder raus.
Es gibt violette Zeiten, wo ich besinnlich werde und mich nach Ruhe und Besinnung sehne. Tage, an denen ich mich über mich nachdenke. In der Liturgie sind dies vor allem die Advents- und Fastenzeit.

Es gibt die roten Zeiten, wo ich aufgekratzt bin, wo ich einen Anspruch an mich fühle, mich herausgefordert sehe, wo ich auf etwas brenne, Feuer in mir habe. Nicht umsonst wir Rot an Pfingsten und den Märtyrerfesten getragen.

Es gibt die Alltäglichkeit, die es zu bestehen gibt. Aber das Grün, das an den meisten Sonntagen im Kirchenjahr und in den Werktagsgottesdiensten getragen wird, drückt aus: Das Leben wächst vor allem im Alltag. Du entwickelst dich ständig und es wächst etwas, auch wenn du es gar nicht spürst

Man kann sich von den Farben der Liturgie in den verschiedenen Lebenslagen und –stimmungen gut verstanden fühlen. Ich kann in diesen Farben mein Lebensgefühl und meine Stimmung ausgedrückt sehen.

Die liturgischen Farben müssen aber nicht die gleiche Farbe haben, wie ich mein Leben empfinde, was ich fühle, wie ich denke, wovor ich Angst habe oder wonach ich mich sehne. Die liturgischen Farben können auch wie Komplementärfarben oder Kontrastfarben zum Leben sein. Sie können wie Bilder sein, die ich vor mir sehe, vor denen ich zum Träumen komme oder von denen ich mich in den Bann schlagen lasse. Sie können mir ein Land vor Augen malen, in dem ich zur Zeit nicht bin, nach dem ich mich aber sehne und nach dem ich mich ausstrecke.

Nein, die Farben in unseren Gottesdiensten wollen mehr sein als bunte Verkleidungsspiele, so wie es das Mädchen ausgedrückt hat. Sie wollen Identifikationsrahmen oder Sehnsuchtsrahmen für uns sein und etwas vom Festgeheimnis des Gottesdienstes in Farbe malen. Und sie sagen mir: Das Leben ist bunt!

Fürbitten

Herr, unser Gott, du hast uns das Leben geschenkt mit seinen vielen Farben und Schattierungen. Wir bitten dich:

Wir beten für alle Menschen, die für eine Sache brennen und Herzblut in ihre Aufgaben investieren. Lass sie auch Erfolg und Dankbarkeit erleben

Wir beten für Menschen, die zweifeln, ob ihr Leben einen Sinn hat, die im Dunkeln tappen und keinen Grund mehr unter den Füßen fühlen. Lass sie neuen Halt finden

Wir beten für alle Kinder, die das Leben vor sich haben. lass sie aufwachsen dürfen in Sicherheit und Geborgenheit und ihre Begabungen entfalten

Wir beten für alle Menschen, die nicht mehr zur Besinnung kommen. Lass sie erfahren, dass nicht nur leistung und Erfolgsbilanzen im Leben zählen

Wir beten für alle, die Gottesdienste vorbereiten und ihnen vorstehen. Schenke ihnen die Fähigkeit, die Farben des Lebens auch in die Gottesdienste zur Sprache kommen zu lassen

Wir beten für unsere Toten. In diesem Gottesdienst denken wir an................ Führe sie aus dem Dunkel des Todes in dein Licht

Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn. Amen


Pfarrer Stefan Mai

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