Drei Viertel sind Looser!

Predigt zu Mt 13,3-9 (A/15)

Einleitung
In der Landwirtschaft sind die Böden nach Bonitäten eingeteilt. Die Böden mit guten Zahlen haben natürlich eine viel bessere Voraussetzung für eine gute Ernte als die minderwertigen. Ein himmelweiter Unterschied der Bodenqualitäten zwischen der Magdeburger Förde und dem roten, steinigen Boden im Spessart. Ein himmelweiter Unterschied zwischen den Böden des Ochsenfurter Gau und den kargen Böden der Rhön. Und doch wird auf jeden Boden gesät, in der Hoffnung auf Frucht. Die Hoffnung auf Frucht ist auch das Motiv unseres Sämanns im heutigen Gleichnis.

Predigt
Bei drei Vierteln kommt nichts raus. Bei drei Vierteln ist alles umsonst. So erzählt es das Gleichnis vom Sämann. Nur ein Viertel bringt Frucht. Bei denen, die auf guten Boden gesät sind. Da kommt etwas raus. Da rentiert sich der Einsatz. Da kann man Früchte ernten: 30fach, 60fach, 100fach. Das sind die Tüchtigen. Die sich anstrengen. Auf die ist Verlass. Da geht auf, was man an Mühe hineingesteckt hat.
Aber die anderen drei Viertel: das sind die Looser. Da kommt nichts raus. Einfach umsonst gesät. Umsonst bemüht. Ergebnis gleich Null. Die kann man glatt vergessen – denkt man.
Aber wer beim Gleichnis genau hingehört hat, dem ist vielleicht aufgefallen: Bei dem tüchtigen Viertel, da wird einfach gesagt: Und sie brachten Frucht. Einfach so. Scheinbar ist es ihnen in den Schoß gelegt. Sie stehen auf gutem Boden: Haben gute Anlagen, sind gescheit und haben eine robuste Gesundheit und ein gutes Nervenkostüm, ein gutes Elternhaus, haben einfach günstige Lebensbedingungen. Ihnen ist es sozusagen in die Wiege gelegt, dass sie Frucht bringen. Fast ein Automatismus. Unser Gleichnis hält den Erfolg fest, aber hält sich mit den Tüchtigen gar nicht lange auf.
Ganz anders mit den Loosern. Besonders bei denen, die auf felsigen Boden und unter die Dornen gesät sind. Unser Erzähler scheint fast mit ihnen zu leiden. Er schildert in allen Einzelheiten die schlechten Voraussetzungen und die ungeheuren Widerstände, mit denen der Same zu kämpfen hat – und bei aller Anstrengung am Ende doch nichts zu Wege bringt.
Bei den auf Felsen Gesäten: da ist kaum Erde da. Und deshalb geht der Same auch sofort auf, kann aber keine starken Wurzeln ziehen. Und dann kommt die Sonne – und brennt unerbittlich. Die jungen Triebe werden verbrannt – und verdorren.
Nicht anders ergeht es dem Samen, der unter die Dornen gesät ist. Der Same möchte wachsen, ringt um Luft und Sonne. Die Dornen wachsen aber einfach schneller – und ersticken die jungen Triebe.
Drei Viertel des Gesäten bringen keine Frucht. Ja, das stimmt. Drei Viertel sind Looser. Aber wer sieht eigentlich ihre Bemühungen und Anstrengungen? Wer berücksichtigt, dass die Voraussetzungen fürs Fruchtbringen katastrophal waren? Dass die widrigen Umstände einfach zu stark waren und die Gegenkräfte mit den zarten Pflänzchen ein leichtes Spiel hatten?
Die Geschichte vom Sämann ist ein Gleichnis. Es fragt mich: Glaubst du nicht, dass es bei den Menschen ganz ähnlich ist? Wieviele haben dieses Gefühl: So viel vorgenommen. Nichts hinbekommen. So viele Gedanken gemacht, gut gemeint, bemüht. Aber was war der Erfolg? Am Ende bleibt das bittere Gefühl: Ich gehöre zu den Loosern.
Ich hoffe, dass der göttliche Sämann bessere Augen hat als wir, dass es bei ihm nicht nur ein Schulterklopfen für die gibt, die eine stolze Ernte einfahren, sondern auch einen verständnisvollen Blick und ein tröstendes Wort für die, die es scheinbar im Leben zu nichts gebracht haben. Ich hoffe und glaube daran, dass bei ihm nur eines zählt, ob ein Mensch sagen kann: „Ich habe mich bemüht!“

Fürbitten
Auf unserer Welt gibt es unterschiedliche Bedingungen und Voraussetzungen, unter denen Menschen ihr Leben gestalten dürfen oder müssen. Gott, wir bitten dich:

Wir beten für alle Menschen, die unter guten wirtschaftlichen Verhältnissen und in einem guten familiären Umfeld ihr Leben gestalten dürfen: um Dankbarkeit

Wir beten für alle, die begabt sind, dauernde Ausbildungschancen hatten und jetzt in Führungspositionen stehen: um ein großes Verantwortungsgefühl

Wir beten für alle Frauen und Männer in der Politik: um ein feines Gespür und um Einsatz für soziale Gerechtigkeit

Wir beten für alle Menschen, denen das Nötigste zum Leben fehlt, während andere im Überfluss prassen: um die Kraft, nicht zu verzweifeln

Wir beten für alle, die in schwierigen Familienverhältnissen und einem schwierigen sozialen Umfeld aufwachsen müssen: um gute Begegnungen mit Menschen, die sie im Leben fördern und ihnen neue Chancen eröffnen

Wir beten für unsere Toten. In diesem Gottesdienst denken wir an...........................................................: um dein befreiendes Wort

Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn.


Pfarrer Stefan Mai

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