Ein Schwert wird deine Seele durchdringen

Die sieben Schmerzen Mariens – meditativer Abend in der Johanneskapelle

Kanon „Im Anschauen deines Bildes“ (Schola a capella)


Einleitung
„Im Anschauen deines Bildes, im Anschauen deines Bildes, da werden wir verwandelt, da werden wir verwandelt, da werden wir verwandelt in dein Bild.“ So heißt es in einem Lied.
Ja, warum stehen Gläubige Menschen so gern in unseren Kirchen vor Bildern und Statuen? Ich glaube, es hat mit dieser Hoffnung zu tun:
Im Anschauen deines Bildes, im Anschauen deines Bildes, da werden wir verwandelt, da werden wir verwandelt, da werden wir verwandelt in dein Bild.
Wenn sich Menschen vor diese Bildzeugnisse hinstellen, dann hoffen sie, dass ihnen durch das Gebet vor den Bildern und Statuen in unseren Kirchen eine Kraft zuwächst, die der Person, vor der sie stehen, geschenkt wurde.

- Lied „Betracht...“ 1. Strophe (Kurzintonation Truhe, Schola a capella)

Erklärung zum 7 Schwerter-Bild 1726 – (Herr Vogt)

Die Altäre der schmerzhaften Mutter Gottes, der sieben Schwerter durch das Herz dringen, oder die Pieta, die Mutter Gottes mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß, sind solche Zufluchtsorte. Die vielen Kerzen, die Menschen hier anzünden, sind doch eine Landschaft flackernder, zuckender Flammen als Sinnbild für Menschen, die hoffen, die ringen und leiden, die opfern und lieben.
Seit dem 13. Jh. gibt es das Fest der „Sieben Schmerzen Mariens“, die von schweren Tagen aus dem Leben Marias erzählen. Und bis heute finden sich Menschen auch unserer Tage mit ihren Ängsten und Sorgen, in ihrem Schmerz und ihrem Kummer in diesem Bild wieder.

Erster Schmerz

Am Anfang steht die dunkle Weissagung Simeons.

Lektorin 1:
25 In Jerusalem lebte damals ein Mann namens Simeon. Er war gerecht und fromm und wartete auf die Rettung Israels, und der Heilige Geist ruhte auf ihm. 26 Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Messias des Herrn gesehen habe. 27 Jetzt wurde er vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern Jesus hereinbrachten, um zu erfüllen, was nach dem Gesetz üblich war, 28 nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten: 29 Nun läßt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. 30 Denn meine Augen haben das Heil gesehen, 31 das du vor allen Völkern bereitet hast, 32 ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel. 33 Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden. 34 Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Dieser ist dazu bestimmt, daß in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird. 35 Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen (Lk 2,25-35).

„Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen“. Nach der Freude der Geburt bringt Maria in großer Dankbarkeit ihren kleinen Jesus in den Tempel und hört, dass es dieser Jesus nicht leicht haben wird. Das gibt ihr einen Stich ins Herz.
Mit bitteren Wahrheiten werden auch heute unzählige Menschen konfrontiert. Viele Schwerter können das menschliche Herz durchstoßen: Das Schwert der Diagnose „unheilbar krank“. Der Schmerz eines Mannes oder einer Frau, die sagen: „Wir verstehen uns nicht mehr. Wir gehen auseinander“. Die Dunkelheit eines Menschen, der keine Hoffnung und keinen Sinn in seinem Leben mehr sieht.

- Lied „Betracht...“ 2. Strophe (Choral Truhe, Schola a capella)

Fürbitte (Lektorin 2)
Wir beten in Stille für alle Menschen, die ahnen, dass etwas Schlimmes auf sie zukommt und Angst haben, dem nicht gewachsen zu sein und zünden ein Licht für sie an

1. Kerze entzünden

Zweiter Schmerz

Der zweite große Schmerz im Leben Marias ist die Vertreibung und Flucht nach Ägypten.

Lektorin 1
13 Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, erschien dem Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten. 14 Da stand Josef in der Nacht auf und floh mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten. 15 Dort blieb er bis zum Tod des Herodes. Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen (Mt 2,13-15).

Der zweite große Schmerz im Leben Marias ist die Vertreibung und Flucht nach Ägypten, die Angst um die Familie, die Sorge um die Zukunft.
Den Verlust der Heimat, das erleben Vertriebene und Verfolgte weltweit. Das erleben aber auch so viele Menschen bei uns, die nicht mehr wissen, wo sie hingehören, die sich überflüssig vorkommen, die keinen Halt mehr in ihren Familien haben, die vom Freundeskreis einfach fallen gelassen werden. Welch ein Segen, dann noch einen Halt und eine Heimat im Glauben zu spüren.

- Lied „Betracht...“ 3. Strophe (Truhe S. Scheidt, Psalmus „Da Jesus an dem Kreuze stund Versus 1, Schola a capella)

Fürbitte
Wir beten für alle Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben worden sind, die auf der Flucht sind. Wir betenheute auch für die Asylsuchenden hier bei uns in Gerolzhofen und Dingolshausen und zünden ein Licht für sie an.

2. Kerze entzünden

Dritter Schmerz

Die Suche nach dem zwölfjährigen Jesus ist der dritte Schmerz Mariens.

Lektorin 1:
41 Die Eltern Jesu gingen jedes Jahr zum Paschafest nach Jerusalem. 42 Als er zwölf Jahre alt geworden war, zogen sie wieder hinauf, wie es dem Festbrauch entsprach. 43 Nachdem die Festtage zu Ende waren, machten sie sich auf den Heimweg. Der junge Jesus aber blieb in Jerusalem, ohne daß seine Eltern es merkten.
Sie meinten, er sei irgendwo in der Pilgergruppe, und reisten eine Tagesstrecke weit; dann suchten sie ihn bei den Verwandten und Bekannten. 45 Als sie ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten ihn dort. 46 Nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel; er saß mitten unter den Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen. 47 Alle, die ihn hörten, waren erstaunt über sein Verständnis und über seine Antworten. 48 Als seine Eltern ihn sahen, waren sie sehr betroffen, und seine Mutter sagte zu ihm: Kind, wie konntest du uns das antun? Dein Vater und ich haben dich voll Angst gesucht. 49 Da sagte er zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meinem Vater gehört? 50 Doch sie verstanden nicht, was er damit sagen wollte. 51 Dann kehrte er mit ihnen nach Nazaret zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen (Lk 2,41-51).
Wie viele können sich damit identifizieren. Wie viele Mütter und Väter schmerzt es, dass ihre Kinder so ganz anders sind, als sie es sich ausgemalt haben. Wie viele suchen nach verlorenen Söhnen und Töchtern. Gerade heute, wo so viele familiäre Bande abreißen. Und wie viele leiden darunter, dass ihre Kinder den Weg zu Gott nicht mehr finden.

- Lied „Betracht...“ 4. Strophe (Truhe S. Scheidt, Versus 2, Schola a capella)

Fürbitte (Lektorin 2)
Wir beten in Stille für alle Eltern, deren Kinder zu ihnen die Verbindung abgebrochen haben und für alle Kinder, denen das Betreten des Elternhauses verboten ist

3. Kerze entzünden

Vierter Schmerz

Das vierte Schwert, das Maria durch die Seele dringt, ist das Miterleben des Kreuzweges Jesu.

Lektorin 1:
26 Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie einen Mann aus Zyrene namens Simon, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage. 27 Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. 28 Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder! 29 Denn es kommen Tage, da wird man sagen: Wohl den Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben. 30 Dann wird man zu den Bergen sagen: Fallt auf uns!, und zu den Hügeln: Deckt uns zu! 31 Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden (Lk 23,26-31)?
Am Kreuzweg muss Maria den letzten, furchtbaren Gang ihres Sohnes mitanschauen.
Leid anderer, geliebter Menschen anschauen zu müssen, ohne helfen zu können, ist eine harte Prüfung. Wenn wir nichts aktiv tun können, meinen wir, es ist alles sinnlos. Ohnmächtig das Leid anderer Menschen mit aushalten kann so schwer sein wie selbst zu leiden. Aber manchmal kommt es nur aufs Aushalten, aufs „Beim-anderen-Bleiben“ an. - "Liebe zeigt sich im Bleiben" sagte einmal Joseph Kardinal Ratzinger.

- Lied „Betracht...“ 5. Strophe (Truhe S. Scheidt, Versus 3, Schola a capella)

Fürbitte (Lektorin 2)
Wir beten in Stille für alle Menschen, die ohnmächtig mitanschauen müssen, wie liebe Menschen von schwerer Krankheit oder Krisen heimgesucht werden, und nicht helfen können

4. Kerze entzünden)

Fünfter Schmerz

Das berühmte Lied „Stabat mater“ - „Christi Mutter stand mit Schmerzen“ führt uns den fünften Schmerz Marias vor Augen.

Lektorin 1:
25 Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. 26 Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! 27 Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich (Joh 19,25-27).
Ja bei einem Sterbenden stehen bleiben, selbst wenn man selbst keine Kraft mehr hat. Nicht ausreißen, wenn es hart wird, sondern stehen bleiben - das kann an den Rand der Kraft gehen. Und doch ist es für viele Menschen der größte Trost, wenn sie nach einem Sterbefall sagen können,: Ich bin nicht ausgerissen. Ich bin da geblieben und habe den Sterbenden nicht allein gelassen.

- Lied „Betracht...“ 6. Strophe (Truhe S. Scheidt, Versus 4, Schola a capella)

Fürbitte (Lektorin 2)
Wir beten für alle Menschen, die heute an Sterbebetten stehen bleiben und für alle, die vor ihnen ausreißen

5. Kerze entzünden

Sechster Schmerz

Und dann das ergreifende Bild der Pieta, der 6. Schmerz Mariens. Maria mit ihrem toten Sohn auf den Schoß.
Gerade bei diesem Bild vom Inbegriff der Schmerzen Mariens schweigt die Bibel. Aber die Volksseele hat sich mit dieser Leerstelle nicht abgefunden – und eigene Bilder gemalt. Es waren Frauenklöster des Mittelalters, die sich als erste dieses Bild: Maria mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß, vor Augen gestellt haben – und zwar zur Vesper am Abend.
Der Mutterschoß wird zur Totenbahre. Beim Tod eines Kindes kracht eine Welt zusammen. Ich werde nie die Stunden vergessen, wie sich Mütter im Krankenhaus ihre toten kleinen Kinder nochmals auf den Bauch haben legen lassen, um ihnen noch einmal die Wärme spüren zu lassen, die sie ihnen gern ins Leben mitgegeben hätten. „Das Schlimmste ist, wenn eine Mutter einem Kind ins Grab schauen muss“ - sagt der Volksmund. Und er hat Recht. Wie viele Hoffnungen werden mit einem Kind zu Grabe getragen.

- Lied „Betracht...“ 7. Strophe (Truhe S. Scheidt, Versus 5, Schola a capella)

Fürbitte (Lektorin 2)
Wir beten für alle Mütter und Väter, für die eine Welt zusammengestürzt ist, weil sie ein Kind verloren haben

6. Kerze entzünden

Siebter Schmerz

Und schließlich die Grablegung Jesu als letzter Schmerz.

Lektorin 1
42 Da es Rüsttag war, der Tag vor dem Sabbat, und es schon Abend wurde, 43 ging Josef von Arimathäa, ein vornehmer Ratsherr, der auch auf das Reich Gottes wartete, zu Pilatus und wagte es, um den Leichnam Jesu zu bitten. 44 Pilatus war überrascht, als er hörte, daß Jesus schon tot sei. Er ließ den Hauptmann kommen und fragte ihn, ob Jesus bereits gestorben sei. 45 Als der Hauptmann ihm das bestätigte, überließ er Josef den Leichnam. 46 Josef kaufte ein Leinentuch, nahm Jesus vom Kreuz, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das in einen Felsen gehauen war. Dann wälzte er einen Stein vor den Eingang des Grabes (Mk 15,42-46).

Tote bestatten, das nannten die alten ein Werk der Barmherzigkeit. Welcher Trost ist es für Angehörige, wenn Menschen echte Anteilnahme am Tod eines Angehörigen zeigen. Wie lange wird Menschen in unserer ländlichen Gegend es noch wichtig sein, den Toten aus ihren Gemeinden das letzte Ehrengeleit zu geben?

- Lied „Betracht...“ 8. Strophe (Truhe S. Scheidt, Versus 6, Schola a capella)

Fürbitte (Lektorin 2)
Wir beten für alle Menschen, die durch ihr ihr Dabeisein bei Beerdigungen ein wichtiges Zeichen gegen die fortschreitende Anonymisierung in unserer Gesellschaft setzen.

7. Kerze entzünden

Liebe Leser,
die Madonnen mit den sieben Schwertern im Herzen, die Pietas in unseren Kirchen sind Identifikationsfiguren in den vielfältigen Leid- und Schmerzsituationen, die Menschen durchmachen. Vor diesen Figuren die Not des Lebens aussprechen und um Kraft zum Bestehen bitten ist für viele Trost und Kraft zum Weitergehen, auch wenn sie oft nicht wissen, woher sie die Kraft nehmen sollen.
Da ist was dran:
„Im Anschauen deines Bildes, im Anschauen deines Bildes, da werden wir verwandelt, da werden wir verwandelt, da werden wir verwandelt in dein Bild.“

- Sequenz „Stabat mater“ im Wechsel Kantor/Schola

Jeder Teilnehmer bekommt Opferkerze in die Hand: nachdenken, welche Schmerzen ich habe (Stille)
Lichter um das Bild der 7 Schmerzen stellen

- währenddessen Lied „Ich gehe, wenn ich traurig bin“ 1+2+7 (Orgelvorspiel, Schola 2stimmig a capella)

Schlussgebet
Herr, unser Gott. Du hast uns Menschen für die Freude erschaffen, dennoch begleiten Schmerz und Trauer unser Leben. Hilf, dass wir dir glauben und auch in Stunden der Not dir vertrauen. Mach uns durch die Schmerzen reifer und hellhörig für die Not der anderen. Darum bitten... ...

Segenswunsch

- Schlusslied „Christi Mutter stand mit Schmerzen“
1. Alle GL 532 1.
2. Alle GL 532 2.
3. Schola
4. Alle GL 532 3.
5. Schola
6. Alle GL 532 4.
7. Schola
8. Schola
9. Schola
10. Alle GL 532 5.


Pfarrer Stefan Mai

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