Tut keine Buße!

Predigt zum Aschermittwoch 2014

Einleitung
Was löst das Wort „Buße“ bei Ihnen aus? Welche Gefühle kommen hoch? Wird es Ihnen mulmig – oder hat es für Sie einen guten Klang?
Woran denken Sie beim Wort „Buße“ zuerst? An Verzicht, Beichte, Nicht-Naschen, keinen Alkohol trinken?
Von der Herkunft des Wortes hat „Buße“ keinen negativen Klang. Denn das deutsche Wort „Buße“ kommt von „bessern“. Und darauf kommt es an.

Predigt
Ein Wort von Kurt Tucholsky lautet: „Macht einen Anfang, geht in euch! Tut keine Buße! Aber beginnt wieder zu leben!“
Da klingelt es in unseren christlichen Ohren: „Tut keine Buße!“ Das ist doch gerade das Gegenteil von dem, was wir als Ruf für die Fastenzeit hören: „Tut Buße!“ Da nimmt einer die kirchliche Botschaft aufs Korn und sagt: „Tut keine Buße!“
Der Rat Tucholskys will provozieren. Aber ich meine, gerade durch diese Provokation bahnt er den Weg zu einem richtigen Bußverständnis.
„Tut keine Buße!“ Tucholsky meint: Es ist nicht gut, wenn wir uns zerfleischen mit Selbstvorwürfen wegen eines vergangenen Verhaltens. Dies lässt sich oft nicht mehr rückgängig machen, auch nicht, wenn man sich noch so quält. Stattdessen ruft er uns zu: Macht einen neuen Anfang. Geht in euch und beginnt wieder zu leben!
So wie im Frühling die Natur wieder zu neuem Leben erwacht, so sollte – im Bild gesprochen - der Mensch aus Erstarrung, Selbstmitleid und Trägheit wieder zu neuen Kräften kommen, neu auf das Leben mit seinen Herausforderungen und Chancen zugehen.
Der Weg dazu ist der Rat: „Geht in euch!“ Denn im menschlichen Herzen ist die Sehnsucht verborgen, sich zu wandeln als Knospe, die aufgehen möchte.
Tucholsky meint, wir sollten in uns gehen und unser Herz fragen, was wir zutiefst wollen, was uns gut, richtig und wichtig erscheint.
Was für eine wohltuende Aufforderung, nicht Selbstzermürbung, sondern Freisetzen von Kräften, die in unseren Herzen schlummern und neu eingesetzt werden wollen.
Wenn jetzt die ersten Frühlingsboten vorsichtig aus dem Boden spitzen, Leben wieder neu erwacht – ob das nicht eine Einladung sein könnte, in mich zu gehen, neu zu entdecken, was ich selbst tief im Herzen möchte, welche Kräfte in mir sich neu entfalten möchten.
„Macht einen Anfang, geht in euch! Tut keine Buße! Aber beginnt wieder zu leben!“


Pfarrer Stefan Mai

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