Manchmal muss ich mich suchen gehen
Dreikönig 2014
Einleitung So mancher Schlamper, wenn er einmal wieder gar nicht weiß, wo er seine Sachen hingelegt hat, bekommt schmunzelnd zu hören: Wer sucht, der findet. Jeder, der schon einmal verzweifelt nach seinem Schlüsselbund gesucht hat, weiß um das Gefühl des glücklichen Finders. Im heutigen Evangelium ist auch vom Suchen und Finden die Rede. Aber in einer ganz anderen Dimension.
Predigt Wenn ich auf die Schnelle ein Gedicht oder ein Zitat finden will und nur ein paar Stichwörter im Kopf habe, dann gebe ich sie in Google ein und in Windeseile spuckt mir der Computer das gewünschte Gedicht aus. Gut, dass es solche Suchmaschinen gibt, die einem helfen, schnell zu finden, was man sucht. Im Leben ist das nicht so leicht. Das machen uns die Weisen aus dem Morgenland vor. Sie sind fasziniert von dem neu aufgegangenen Stern. Der zieht sie wie ein Magnet an. Aus ihrem Traditionswissen ist ihnen klar: Da muss ein neuer König geboren sein. Und sie begeben sich auf die Suche. Sie fragen sich durch, geraten an die falsche Adresse, geben aber nicht auf und wissen sich vor der Falle zu hüten, die Herodes ihnen gestellt hat. Nachdem sie gefunden haben, was sie suchten, gehen sie als andere und zufrieden ihren Weg zurück in die Heimat. Suchen ist nie leicht. Und schon gar nicht die Suche nach sich selbst. Man kann sich nämlich auch selbst verlieren in den vielen Anforderungen, die Tag für Tag auf einen hereinprasseln; in den vielen Wünschen und Sehnsüchten, die man selbst hat. Sinn im Leben und Zufriedenheit stellt sich erst dann ein, wenn Menschen sich wie die Weisen auf ihrer Suche nicht aufhalten lassen, sich nicht irritieren und sich auch nicht verführen lassen. Wie ein Leitfaden für diese Suchbewegung nach mir selber kommt mir vor, was Hanni Neubauer in ihrem Gedicht in folgende Worte fasst:
Manchmal muss ich mich suchen gehen, damit ich nicht ersticke im Berg der Arbeit.
Manchmal muss ich mich suchen gehen, damit ich mich nicht verliere im Irrgarten der Gedanken.
Manchmal muss ich mich suchen gehen, damit ich wieder glauben kann in den Zweifeln meiner Nächte.
Manchmal muss ich mich suchen gehen, damit ich wieder sehe in dem Nebel meiner Wünsche.
Manchmal muss ich mich suchen gehen, damit ich mich wieder höre in der Wirrnis der Stimmen.
Manchmal muss ich mich suchen gehen, damit ich mich wieder öffne für die Welt für den anderen, für Gott.
Manchmal muss ich mich suchen gehen, damit ich wieder ich selber bin und nicht nur ein Schatten.
Fürbitten Dreikönig Herr, unser Gott, suchende Menschen stehen uns in den Weisen aus dem Morgenland vor Augen. Wir bitten dich:
L1 Suchende sind wir, Herr, nach einem Sinn. L2 Lass uns finden hinter den Worten: dein Wort.
L1 Tastende sind wir, Herr, nach einem Grund. L2 Lass uns begreifen hinter den Sätzen: dein Geheimnis.
L1 Hoffende sind wir, Herr, auf ein Zeichen. L2 Lass uns lesen zwischen den Zeilen: dein Antlitz.
L1 Wartende sind wir, Herr, auf ein Echo. L2 Lass uns hören zwischen den Pausen: dein Atmen.
L1 Sehnende sind wir, Herr, Tag für Tag. L2 Lass uns spüren in unserer Sehnsucht: deine Liebe.
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