Ein Mensch möcht‘ ich bleiben

2. Sonntag nach Weihnachten 2014 (Joh 1)

Einleitung
Im Studium hat uns immer beeindruckt, wenn der Professor Rombach im Toscanasaal der Residenz über die Entwicklungsstufen des Menschen philosophiert hat. Seine große These war, der homo sapiens, der vernunftbegabte, weise Mensch, zu dem wir uns selbst rechnen, ist noch nicht das Ziel der Menschheitsgeschichte. Das Ziel wird erst dann erreicht sein, wenn dieser homo sapiens zum homo humanus, zum „menschlichen Menschen“ geworden ist.
Auch im heutigen Evangelium werden wir die Stimme eines Philosophen hören. Er denkt darüber nach, was es bedeutet: „Und das Wort ist Mensch geworden.“

Predigt
Ein Spruch des emeritierten Limburger Bischofs Franz Kamphaus hat Geschichte gemacht. Es ist ein Satz aus einer Weihnachtspredigt: „Mach’s wie Gott, werde Mensch!“ Mit diesem Slogan hat Kamphaus den tausendmal an Weihnachten gepredigten Satz „Und heute wurde Gott Mensch“ genial umgedreht – und damit den tiefen Sinn des Festes ins Heute übersetzt.
Der österreichische Liedermacher Wolfgang Ambros schlägt in die gleiche Kerbe mit seinem Lied:

Ein Mensch möcht‘ ich bleibn.

A Mensch möcht' i bleib'n
Und net zur Numma möchte i werd'n
Und Menschen möcht' i seh'n
Wö i bin sehr dageg'n
Dass ma unsere Häusa nur mehr für Robota baun
Die deppat, nur im Fernseha schaun.

A Mensch möcht' i bleib'n
A klan's Geheimnis möcht i hob'n
Kugaln möchte i scheib'n
Und schöne Stana möchte i grob'n
I möcht' singen und lach'n und überhaupt tun was I wü'
Aber i glaub' da verlang' i schon z'vü.

A Mensch möchte' i bleib'n
Und i wü net verkauft werd'n
Wie irgend a Stückl Woar
Net alles was an Wert hat
Muß a an Preis hob'n
Aber mach des amoi wem klar!

A Mensch möcht' i bleib'n
Net als Leich' möcht' i sterb'n
Weil es ist zum Speib'n
Es ist zum Kotzen und zum Rearn
Wenn ma siacht was die Leut' alles aufführ'n für Das deppate Göd
Es ist doch ganz was anda's was zählt.

A Mensch möcht' i bleib'n
Und i wü net verkauft werd'n
Wie irgend a Stückl Woar
Net alles was an Wert hat
Muß a an Preis hob'n
Aber mach des amoi wem klar!

A Mensch möcht' i bleib'n
Und mein Leb'n möcht' i leb'n
A Mensch möcht' i bleib'n
Und i werd' alles dafür geb'n
Das i des morg'n erreicht hab von dem i heute no Tram
I wü net das i irgendwas versäum'.


Auch wenn dieser Song im österreichischen Dialekt gesungen ist, wir haben’s verstanden, was Ambros will: Mensch bleiben, keine Nummer werden, nicht ferngesteuert durch Medien und Geld. Kapieren: Nicht alles, was einen teuren Preis hat, hat auch einen hohen Wert. Mensch bleiben: seine eigene spielerische Seite nicht verlieren, Träume und Geheimnisse haben.

Liebe Leser,
der Liedermachertext hat keine fromme Sprache. Und trotzdem ist er für mich ein Weihnachtstext, der weiterdenkt, was wir heute im Prolog des Johannesevangeliums gehört haben: „Und das göttliche Wort ist Fleisch geworden.“ Gott heiligt das vergängliche Menschsein. Und Ambros sagt: Lasst euch diese Würde des Menschseins nicht austreiben.

Fürbitten - 2. Weihnachtssonntag
Gott, der Mensch wird als Krönung deiner Schöpfung, bezeichnet.
- Für unser Leben: A: Gott, wir danken dir
- Für unsere Gefühle …
- Für unsere Phantasie
- Für unsere Denkkraft
- Für unsere Schaffenskraft
- Für unsere Gesundheit
- Für unsere Begabungen
- Für unsere Fähigkeiten
- Für gute Menschen
- Für unseren Arbeitsplatz
- Für unser gutes Zuhause
- Für spielerische Stunden
- Für Momente der Entspannung
- Für den gesegneten Schlaf



Pfarrer Stefan Mai

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