Das schönste Wort auf der Welt

Predigt zum 2. Adventssonntag (Mt 3,1-12)

Einleitung

Wenn ich die Lesungen und Evangelien in diesem Advent betrachte, fällt mir auf: Sie stehen unter einem bestimmten Thema. Am ersten Advent war es das Thema: Aufwachen - Wachsamkeit. Am nächsten Sonntag, am Gaudete-Sonntag ist es die Freude. Versuchen Sie einmal heute in die Schrifttexte genau hineinzuhören! Versuchen Sie einmal das Thema herauszuhören. Es ist ein wichtiges Wort für unser Leben.

Predigt

Wenn es auf der Welt anders werden soll, braucht es Menschen, die sich begeistern können und die neugierig sind. So könnte man einen Kerngedanken des bekannten Hirnforscher Gerald Hüther zusammenfassen. Die Veränderung der Welt fängt in den Gehirnen an: durch ein verändertes Denken. Alle Vorstellungen und Überzeugungen, so der Göttinger Neurobiologe, sind eng mit den emotionalen Zentren im Gehirn verbunden. Wenn wir uns für etwas begeistern können, senden diese Zentren die sogenannten neuroplastischen Botenstoffe aus, die wie ein Dünger wirken für die Bereiche im Gehirn, die man im Zustand der Begeisterung nutzt. Dort entstehen dann neue Fortsätze an den Neuronen und neue Kontakte zwischen den Nervenzellen. Es entwickeln sich neue Muster der Vernetzung. Wir können neu denken (aus CiG 49, S. 553)

Ohne Begeisterung keine Veränderung! Ein schönes biblische Bild dafür ist das Feuer des göttlichen Geistes, das Menschen ergreift und verwandelt. Im Matthäusevangelium sagt Johannes der Täufer: „Ich taufe euch nur mit Wasser zum Zeichen der Umkehr. Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich. Er wir euch mit Heiligem Geist und mit Feuer taufen.“ Das heißt: Ich vollziehe an Euch einen alten Ritus unserer Religion. Dieser Jesus aber wird mit seinen Ideen etwas Neues entzünden. Dieser Jesus wird mit seinen Worten eine lodernde Energie in die Welt setzen, die Menschen ergreifen und durchglühen will, die sich ausbreiten und andere anstecken will.

Was ist das schönste Wort auf dieser Erde?, fragte einmal der Dichter Christian Morgenstern und gab auch gleich seine Antwort: „Enthusiasmus ist das schönste Wort auf der Erde“, Begeisterung von etwas und für etwas, das merken wir doch so oft im Leben. Dort, wo wir unsere Arbeit und Aufgaben in Routine tun, erfüllen wir zwar in Treue unsere Pflicht, aber die Arbeit gewinnt eine ganz neue Qualität, wo wir mit Feuer und Eifer bei der Sache sind, wo wir vor Begeisterung brennen. Durch Enthusiamus wird das Leben spannend, erfüllt einen innerlich und gibt dem Leben eine ganz andere Qualität. Ohne Enthusiamus hätten Forscher nie große Entdeckungen gemacht; hätten ein Johann Sebastian Bach und ein Wolfgang Amadeus Mozart nie ihre Musik komponiert; ohne diese innere Leidenschaft und dieses innere Feuer wären nie die großen Werke der Malerei auf die Leinwand gekommen.

Es macht mich nachdenklich: Das Wort Enthusiasmus kommt aus dem Griechischen, von „en theos“. Und das heißt wortwörtlich „in Gott“. Ist das nicht ein schöner Gedanke:
Wenn ich wieder einmal in mir das Feuer der Begeisterung spüre, für eine Sache wirklich brenne; mich ein Gedanke, eine Melodie im Innersten packt - dann kann ich mir sagen: Du, das hat mit Gott zu tun, das kommt von Gott, diese Begeisterung ist ein Geschenk aus seinen Händen!


Fürbitten

Das schönste Wort auf dieser Erde ist das Wort Enthusiasmus - Begeisterung. Gott, wir bitten dich um deinen Geist, der frischen Wind in unser Leben bringt und Welt verändern kann:

A: Sende aus deinen Geist

Um den Geist der Weisheit für alle, die in Kirche, Politik und Wirtschaft Verantwortung tragen

Um den Geist der Einsicht für alle, die die Zeichen der Zeit im Glauben deuten

Um den Geist des Rates für alle, die sich in Friedensverhandlungen engagieren

Um den Geist der Stärke für alle, die in Hilfsorganisationen tätig sind

Um den Geist der Erkenntnis für alle, die unsere Kinder und Jugendlichen erziehen

Um den Geist der Gottesfurcht für uns, die wir in so viele weltliche Aufgaben eingespannt sind

Um den Geist des Lebens für unsere Toten

Ja, Herr, sende aus deinen Geist und das Antlitz der Erde wird neu.


Pfarrer Stefan Mai

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