Gott ist groß!

Predigt zum Michaelstag 2013 in Schönaich

Einleitung
Manchmal habe ich den Eindruck, dass eine Frage weiterbringen kann als Behauptungen. Wie oft geschieht es, dass eine Frage erst einmal stocken lässt, nachdenklich macht, neu Antworten herausfordert und auf neue Gedanken bringt. Unser Kirchenpatron hat einen besonderen Namen. Sein Name ist nämlich eine Frage. Wissen Sie, wie diese heißt?

Predigt
„Allahu akbar - Gott ist groß!“
Wenn in einer gläubigen muslimischen Familie ein Kind geboren wird, dann beugt sich der Vater über das Kind und als erste Worte flüstert er dem Kind diese Worte ins Ohr: Allahu akbar.
Fünf Mal am Tag ertönt dieser Ruf vom Minarett. Fünf Mal am Tag ruft der Muezin mit „Allahu akbar“ die Größe Gottes ins Land . Gott ist groß! So unvorstellbar groß, dass man sich kein Bild von ihm machen kann, dass kein Bild ihn fassen kann.
Wenn ein Moslem stirbt, dann werden ihm noch einmal und zum letzten Mal diese Worte ins Ohr gesagt.

„Groß ist der Herr und hoch zu loben, seine Größe ist unerforschlich!“ So besingt Psalm 145 die Größe Gottes.
Gott ist groß und der Mensch kann nie groß genug von ihm denken. Deus semper maior - Gott ist immer noch größer! Das ist ein alter Satz in der Theologie.
Das Staunen vor der unendlichen Größe Gottes, vor seiner Unbegreiflichkeit gehört zum Kern jeder Religion. Die Größe Gottes ist etwas Erhabenes. Bewahrt ihn vor jeder Vereinnahmung und Simplifizierung. Und verwehrt sich, aus Gott einen billigen Handlanger menschlicher Wünsche zu machen. „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege“ - so lesen wir beim Profeten Jesaja.

Wenn ich die Kirche in Schönaich betrete, dann fällt der Blick immer auf den großen handgewebten Wandteppich, der unseren Kirchenpatron, den Erzengel Michael darstellt. Überdimensional steht er in der kleinen Kirche vor uns mit Waage und Schwert. Mir scheint die Größe dieses Bildes unterstreicht meisterhaft die Bedeutung seines Namens. Michael - keine Aussage, sondern eine große Frage. Mikael - Wer ist wie Gott?

Mikael - wer ist wie Gott? Diese Frage schleudert uns der Michael unseres Wandbildes entgegen.
Wer ist wie Gott? fragt er uns, wenn wir einmal wieder unser Geld auf den Bankkonten nachzählen.
Wer ist wie Gott? fragt er uns, wenn wir uns beim Kauf eines neuen Autos tagelang Gedanken machen über den Schnick-Schnack einer Innenausstattung.
Wer ist wie Gott? fragt er uns, wenn die Superstars in den Fußballarenen und Show-Bühnen wie Herrgötter angehimmelt werden.
Wer ist wie Gott? fragt er uns, wenn wir wieder einmal perfekt sein möchten und meinen, allein mit unserer Kraft, Intelligenz und Tüchtigkeit erfolgreich sein zu müssen.
Wer ist wie Gott? Dieser Gedanke schießt mir auch durch den Kopf, wenn ich in der Kirche eine Kniebeuge mache und mir meine eigene Kleinheit eingestehe.
Wer ist wie Gott? frage ich mich, wenn ich mich über die Schönheit der Natur, über den Kreislauf des Wachsens und Reifens freue.

Wer ist wie Gott? Diese Frage versucht uns davor zu bewahren, uns selbst zu überschätzen, größer zu tun und sein zu wollen als wir sind. Neue Götter zu erfinden und sie an die Stelle des Unbegreiflichen Gottes zu setzen und sie als Ersatzgötter anbeten.
Wer ist wie Gott? Diese Frage möchte uns begreifen lassen: Wenn wir Gott anbeten, macht es uns nicht klein. Im Gegenteil: Wir werden wahrhaft Menschen sein, werden fähig sein, menschlich miteinander zu leben.


Fürbitten
Wir feiern heute in Schönaich unser Patrozinium St. Michael. Wir bitten Gott:

Um einen Engel, der uns den Weg des Lebens zeigt und mit uns geht

Um einen Engel für unsere Kinder, der sie unbesorgt gehen und ohne Angst einschlafen lässt

Um einen Engel für die Heranwachsenden, der sie wieder in Alltäglichkeiten noch in Süchten untergehen lässt

Um einen Engel für uns alle, der uns zeigt, dass wir für andere selber gute Engel sein können

Um einen Engel, der uns an die Größe Gottes erinnert

Um einen Engel, der unsere Sterbenden durch das Tor des Todes in das neue Leben begleitet

Um dein Erbarmen für unsere Toten. In diesem Gottesdienst denken wir an.........................und beten für sie

Darum bitten wir durch Christus unsern Herrn


Pfarrer Stefan Mai

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