Tankstelle sein

Predigt zum 60-jährigen Priesterjubiläum von Paul Schneider

Predigt
Ein paar Tage vor Pfingsten. Ich komme zu einem kurzen Besuch bei Paul Schneider in der Kolpingstraße vorbei, klingle, Paul Schneider kommt die Treppe herunter, öffnet die Tür und steht mit hochrotem Kopf vor mir. Ich frage ihn: „Na was machst denn du?“ „Ich bereite gerade meine Pfingstpredigt vor“, erzählt er mir, während wir die Treppe hochgehen. In der Küche liegt auf dem Tisch der biblische Text für den Pfingstsonntag und Notizpapier. „Ist dir was G‘scheits eingefallen?“, frage ich. Paul Schneider: „Ich versuche einfach Menschen nahe zu bringen, wie Gottes Geist auch heute noch im Leben von Menschen wirken kann. Und da erzähle ich ein paar Erlebnisse aus meinem Leben und aus dem Leben von Menschen, die ich gut kenne.“
Ich war voller Staunen: Da steht ein fast 85-jähriger Priester nach so vielen Dienstjahren vor mir und ich spüre, wie es ihn immer noch umtreibt und wie er mit hochrotem Kopf und Herzblut darum ringt, die richtigen Worte zu finden, um Menschen erahnen zu lassen, dass Gott auch in ihrem Leben mit dabei ist und auch heute noch in ihr Leben eingreift.

Und mein Blick fällt hinaus auf die Straßenseite gegenüber. Seit dem Jahr 2000 wohnt Paul Schneider direkt gegenüber der Tankstelle.
Die Tankstelle, Paul, ob das nicht ein treffendes Bild für deinen sechs Jahrzehnte dauernden Dienst ist? Ob du das nicht ein Leben lang für Menschen sein wolltest in deinen früheren Pfarreien Kollenberg und Fechenbach, Margetshöchheim und Erlabrunn und als dritte Pfarrersstation Heidenfeld mit Hirschfeld? Ob du das nicht auch seit deiner Pensionierung sein wolltest für Menschen im Wohnstift, bei vielen Fahrten und Seniorenfreizeiten, die du begleitet hast? Tankstelle sein, wenn du mit Menschen auf dem Weg ins Wohnstift oder in die Stadt in deiner für dich typisch ruhigen Gangart ins Gespräch kommst, wohlwollend und aufmerksam ihre Sorgen und Nöte hörst und mit deiner ruhigen Art und bisweilen schelmischen Humor und Witz einfach eine wohltuende Wirkung hast?
Eine Tankstelle für Menschen sein wollen, das umschreiben auch deine Worte, mit denen du selbst umreißt, was dir für deinen Dienst als Priester wichtig war und ist.
Du fasst es so zusammen: „Ich habe mich bemüht, das Wort Gottes zu verkünden, auf die Menschen zuzugehen, sie zu erreichen durch das Lebenszeugnis, sie im Glauben zu stärken. Ich wollte Christus und seiner Kirche dienen als Diener der Einheit, Helfer der Freude am Glauben und Zeuge der Hoffnung.“
Und zugleich machst du mit deinen Worten „Dazu gab mir der Herr die Kraft, war Weg und Orientierung“ eines klar: Tankstelle für Menschen kann nur der sein, der selbst in seinem Leben Tankstellen hat, die seinen Lebensmotor am Laufen halten.

Der liebe Gott hat dir deinen Lebenstank mit einer guten Gesundheit ausgestattet. Du durftest viele Menschen erleben, die dich mit ihrem Lebensbeispiel und ihrer Lebensart reich beschenkt haben. Ob dies dein Elternhaus war oder dein Großvater in Arnstein, der dich bei seinem Läutdienst als kleiner Bub schon immer mitgenommen hat und an dem du gespürt hast, welche Kraft der Glaube Menschen in der Nazizeit gegeben hat. Es war dein Heimatpfarrer Wehner, der deine Fähigkeiten entdeckt und dich gefördert hat.
Eine Tankstelle war für dich ein Leben lang das Buch der Bibel, über das du so oft in deinem Leben gebrütet hast - und vor allem dein Primizspruch aus dem 2. Brief deines Namenspatrons Paulus an die Korinther: „Wir wollen nicht Herren eures Glaubens, sondern Diener eurer Freude sein“. Ein Leitspruch, der dir Kraft gab und dem du gerecht werden wolltest.
Bis heute sind es die Begegnungen mit Menschen, die dein Leben im Alter bereichern und Menschen, die dich im Alter begleiten, unterstützen und Heimat geben.
Ja, eine Tankstelle kann ein Priester nur sein, wenn er selbst auch Tankstellen hat. Er kann nur weitergeben, wenn er auch empfangen darf. Auf das heutige Evangelium gewendet: Er kann auf Dauer nur Martha sein, wenn ihm auch zugleich Maria geschenkt wird.

Lieber Paul, ich darf heute im Namen vieler Menschen sprechen: Wir danken Gott, dass er dir ein gutes Herz geschenkt hat und wir danken dir, dass du es so vielen Menschen gezeigt hast.

Fürbitten
Herr, unser Gott wir feiern heute mit dankbarem Herzen diesen Gottesdienst und danken dir für das lange Wirken unseres Priesters Paul Schneider in deinem Dienst. Wir bitten dich nun:

Segne unseren Papst Franziskus auf seiner Reise zum Weltjugendtag und schenke ihm Worte, die die Herzen der jungen Menschen berühren

Schenke unserem Jubilar Paul Schneider ein gesegnetes Alter und lass ihn auch weiterhin spüren, dass Menschen ihm für seinen Dienst dankbar sind

Lass die Sehnsucht so vieler Menschen, in den Tagen des Urlaubs echte Entspannung und erhebende Momente für die Seele zu finden, in Erfüllung gehen

Schenke allen, die sich in unserer Pfarrei und im Wohnstift ehrenamtlich engagieren, das Gefühl: mein Dienst wird gebraucht und kommt Menschen zugute

Stärke alle, die in ihrem Glauben schwankend und in ihrer Berufung müde geworden sind

Wir beten für unsere Verstorbenen. Stellvertretend für alle denken wir in diesem Gottesdienst an..................................
Zeige unseren Verstorbenen den Reichtum deiner Liebe und des wahren Lichts bei dir

Darum bitten wir dich heute durch Christus, unsern Herrn


Pfarrer Stefan Mai

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