Reliquie oder Aktion?

Predigt zum Fronleichnamstag 2013

Einleitung
Zu den beliebtesten Sakramentsliedern am Fronleichnamstag gehört das Lied „Deinem Heiland, deinem Lehrer“. Da heißt es in der zweiten Strophe;
„Dieses Brot sollst du erheben, welches lebt und gibt das Leben, das man heut den Christen weist...“ Wie verstehen Sie diesen großen Satz des berühmten mittelalterlichen Theologen Thomas von Aquin? „Dieses Brot sollst du erheben, welches lebt und gibt das Leben?“

Predigt
Im Juni 2011 wurde in einem Auktionshaus in Beverly Hills das weiße Kleid versteigert, das Marilyn Monroe im Billy-Wilder-Film „Das verflixte siebte Jahr“ trug und das in einer weltberühmten Szene von einem vorbeifahrenden U-Bahn Zug hoch geweht wird. Das Kleid erzielte den Rekordpreis von 5,52 Mio Dollar. Ein Kleid trägt die Gerüche, den Schweiß eines Menschen, lässt ihn hautnah spüren, ist direkt von ihm imprägniert. Lässt ihn direkt vor Augen stehen.

Ein solches Gewand hätten viele Christen von Jesus gern. Was würde der Vatikan und so mancher Bischof dafür geben, ein echtes Jesusgewand sein eigen zu nennen. Welche dicken Tresore würde es dafür geben und welches Spektakel wäre es jedes Mal, wenn dieses Gewand öffentlich gezeigt würde. Ein Millionen-Publikum wäre garantiert. Aber trotz Turiner Leichentuch, trotz des heiligen Rocks in Trier, trotz der Windeln Jesu in Aachen - wir können kein Gewand Jesu vorzeigen.
Eines ist klar: Jesus hat keine Schrift, keine Gesetzestafeln hinterlassen. Er hat keinen Mantel wie der Profet Elja vom Himmel geworfen, den einer seiner Schüler übernimmt. Es gibt keinen Stuhl, auf dem er gesessen und gelehrt hat, keinen Tisch, an dem er gefeiert hat, keinen Teller, aus dem er gegessen und keinen Becher, aus dem er getrunken hat. Nein! Da ist bei unserem Herrn und Meister absolut Fehlanzeige. Obwohl es sogenannte Jesusreliquien gibt, wie die hl. Lanze, Dornenkrone, den heiligen Rock, die Krippe, Kreuzessplitter. Ganz abgesehen von ihrer historischen Echtheit: All dies sind Ausdruck unserer menschlichen Sehnsucht nach Berührbarkeit, Sehnsucht, dass von ihnen von der Person Jesu auf uns etwas ausstrahlt.
Von Jesus gibt es keine berührbaren Reliquien. Was wir von Jesus haben ist etwas ganz anderes: sein Worte, sein Lebensbeispiel - und eine Aktion. In der Lesung wurde sie uns wieder vor Augen gestellt:

Jesu, der Herr nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis!
Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!


Eine Aktion ist immer etwas Lebendiges, nichts Museales, Nichts was in Sicherheitstresore eingesperrt und manchmal hinter Sicherheitsglas ausgestellt wird. Eine Aktion ist etwas, was Zuschauer zu Beteiligten machen will. Etwas, das Beteiligte verändern will.
Jesus hinterlässt keine Reliquie, sondern eine Vorbildaktion. Er möchte, dass im Zeichen des gebrochenen und geteilten Brotes seine Lebenshaltung im Kreis von Menschen präsent wird.

Ein offener Tisch:
Bei mir darf jeder mitfeiern, da wird nicht auf Rang und Namen geschaut.
Wer am Tisch sitzt, wird in seiner Lebenslage ernst genommen
Ein geteiltes Brot:
Das Leben wird nicht reich, wenn man alles für sich behält, geben ist seliger als nehmen
Ein einfaches Brot:
Meine Worte sind wie ein Stück Brot. Manchmal hast du daran schwer zu kauen, aber es will durch dich hindurch und will dir auch Kraft geben.


Liebe Leser, wenn wir heute wieder an Fronleichnam dieses
einfache weiße Scheibchen Brot in die Monstranz stellen und aussetzen, so ist dies keine Reliquie. Wir halten uns dieses Stückchen Brot als Ansporn zu einer Aktion vor Augen:
Tut dies zu meinem Gedächtnis.
Tut dies immer wieder neu.
Macht euren Tisch offen.
Kaut ein Leben lang an meinen Worten.
Stellt Gemeinschaft her.
Vertraut auf den Kreislauf von Geben und Nehmen!
Wer gibt, zu dem kommt etwas zurück.



Eucharistische Aussetzung
am Fronleichnamstag 2013 in der Kirche


Zur Aussetzung: 872/1+4+5+6 (Blaskapelle)

Erzieherteam und Kinder stehen mit den 4 Figuren und „Weg“ mit Fußabdrücken unter dem „Himmel“


Pfarrer:

Erzieherinnen in St. Martin haben mit einigen Kindern einen Altar am Kindergarten vorbereitet und sich Gedanken gemacht, was das Fronleichnamsfest bedeutet. Wir wollen diese Gedanken heute vor dem Allerheiligsten in Bild und Sprache bringen und uns vor Augen führen und darum beten, dass Jesus die Wege unseres Lebens mit uns geht.

Kinder und Erzieherinnen singen das Lied „Wege gehen...“ und ziehen mit Weg und 4 Figuren bis zur Kommunionbank und legen dort das Tuch im Gang ab

Pfarrer:
Herr, Jesus Christus, wir Menschen leben in verschiedenen Lebensaltern, werden als Säugling geboren, wachsen als Kind daheim, im Kindergarten und in der Schule heran. Wir unternehmen als Jugendliche langsam Schritte in die Selbstständigkeit, träumen von einem lebenswerten Leben, planen unser Leben, wir träumen von einem Beruf, der uns ausfüllt, von Partnerschaft und Familie, gründen als Erwachsene Familien und sorgen für sie. Und wenn es uns gegönnt ist, dürfen wir alt werden. Wir glauben, du bist in jeder Lebensphase dabei.
Wir beten heute für die Menschen aller Lebensalter, für alle, die jung oder alt - zusammengehören und miteinander durchs Leben gehen, und auch für alle, die allein im Leben stehen.

Wir bitten dich für die Kinder um eine glückliche Kindheit, um Geborgenheit, um gute Menschen, die sie begleiten. Dass ihnen nichts Böses zustößt, dass sie nicht verbildet werden, dass sie die Fähigkeiten, die in ihnen stecken auch entfalten können...

Erzieherin mit dem Plakat Kind geht mit einigen Kindern zum Altar hoch - alle singen dabei: Wege gehen...

Wir bitten dich für alle Schulkinder und Jugendlichen, die noch so viel im Leben vor sich haben. Lass sie Selbstvertrauen entwickeln dürfen und durch Lebensträume beflügelt werden. Lass sie offen ihrer Zukunft entgegengehen, mit Unsicherheiten zu leben wagen und auch den Enttäuschungen gewachsen sein

Erzieherin mit dem Plakat Schulkind geht mit einigen Kindern zum Altar hoch - alle singen dabei: Wege gehen...

Wir bitten dich für alle, die mitten im Leben stehen und große Verantwortung für Kinder und die ältere Generation tragen, die gefordert sind in ihrem Beruf. Schenke ihnen Kraft und die Einstellung, nicht nur sich selbst zu suchen, sondern das Wohl der anderen in ihr Lebenskonzept mit einzuschließen

Erzieherin mit dem Plakat Erwachsener geht mit einigen Kindern zum Altar hoch - alle singen dabei: Wege gehen...

Wir beten vor dem Allerheiligsten auch für alle alten Menschen, dass ihr Herz jung bleibt, dass sie mit ihrer Lebenserfahrung vielen anderen beistehen können, dass auch sie nicht nur sich selbst sehen, sondern die Sorgen und Nöte anderer verstehen. Schenke ihnen in Krankheit und Gebrechlichkeit den Halt des Glaubens.

Erzieherin mit dem Plakat alter Mensch geht mit einigen Kindern zum Altar hoch - alle singen dabei: Wege gehen...

Pfarrer:

Herr Jesus Christus, wir tragen dich im Zeichen des Brotes nun durch die Gänge unserer Kirche, in der Kinder, Jugendliche, Erwachsene und alte Menschen sich versammelt haben. Segne sie, beschütze sie, schenke ihnen ein lebenswertes Leben und sei bei allen in allen Lebenslagen, die wir erleben dürfen oder zu bestehen haben. Darum bitten wir dich, Christus, unsern Herrn.

Der Pfarrer geht mit den Ministranten und der Monstranz voran. Kinder und Erzieherinnen singen dabei das Lied „Wege gehen...“ und ziehen mit Weg und 4 Figuren durch den Seitengang über den Hauptgang wieder bis zur Kommunionbank und bleiben hier mit Figuren und Wegtuch ordentlich aufgestellt stehen.

Der Pfarrer geht mit Ministranten zum Hochaltar und stellt die Monstranz in den Tabernakel.


Tantum ergo : Blaskapelle

Segen

Dank

Schlusslied: 257/1+2 Blaskapelle

Auszug: Choral Blaskapelle


















































































































Pfarrer Stefan Mai

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