Himmlischer Beistand

Predigt zum Pfingstmontag (Joh 14,15-16.23-26)

Einleitung
Wir sind es heute bei Prozessen gewohnt, dass es einen Verteidiger gibt, der die Interessen und Anliegen des Angeklagten ins Wort bringt. Ohne Anwalt wäre man in der Welt des Gerichts und der Justiz ziemlich verloren.
Genau mit diesem Wort „Paraklet“, „Anwalt“, erklärt Jesus im Johannesevangelium, was „Heiliger Geist“ bedeutet: der Beistand, wenn ich Hilfe brauche, auf dessen Rat und Schutz ich mich verlassen kann.

Predigt
Vor einer Woche kam ich von unserer traditionellen Pfarrwallfahrt nach Gößweinstein zurück. Das größte Erlebnis für mich war nach der Andacht zu den sieben Altären und dem Beten des Kreuzwegs, als wir uns zum Abschluss noch einmal in der Klosterkirche vor dem Marienaltar getroffen haben.
Da wurden die alten Marienlieder gesungen, die seit Generationen zu dieser Wallfahrt gehören. Und bei einem Lied spürte ich: Das spricht den Leuten aus dem Herzen. Das geht tief hinein.
Der Text ist schlicht, manchmal auch ein wenig kitschig. Aber wenn der Refrain erklingt und alle aus voller Kehle singen: „Vergiss mein nicht, das ist meine Bitt'. O Maria verlass uns nicht!“ - dann bleibt kein Auge trocken.
Oder wenn Kinder unseres Kindergartens in der Vorbereitung auf das Fronleichnamsfest in höchsten Tönen singen:
"Wege gehen, Wege gehen, wir tagaus, tagein.
Komm, Herr Jesus, geh mit uns, lass uns nicht allein.
Geh mit uns auf Schritt und Tritt und bei Tag und Nacht.
Komm, Herr Jesus, geh mit uns und gib auf uns acht."


Mich wundert es nicht, dass Menschen solche Lieder mit Inbrunst und Ergriffenheit singen: Denn da kommt eine tiefe Sehnsucht zum Ausdruck: die Sehnsucht nach einem festen Halt, die Sehnsucht, dass einer da ist, der mich nicht vergisst, der mir beisteht, der mit mir geht.

Liebe Leser,
eigentlich könnten Katholiken, egal ob gebildet oder ungebildet, sehr gut erklären, was „Heiliger Geist“ bedeutet. Und zwar so, wie Jesus im Johannesevangelium den „Heiligen Geist“ versteht: nämlich als „Beistand, der immer bei euch bleiben soll“ (Joh 14, 15). Heiliger Geist im Sinn Jesu ist genau das, was wir Katholiken in der Marienfrömmigkeit spüren und ersehnen: unter dem Schutzmantel Gottes geborgen sein, Halt im Glauben finden, einen Beistand haben, der im Leben durch alle Höhen und Tiefen mitgeht. Oder kurz: „Vergiss mein nicht, das ist meine Bitt'. O Gott, verlass uns nicht!“

Fürbitten
Christus, du stehst allen Menschen bei und bittest den Vater um den anderen Beistand, den Heiligen Geist. Wir bitten dich:

A: ...und bleibe bei ihnen im Heiligen Geist

Steh bei unserem Papst, den Bischöfen und allen, die in der Kirche große Verantwortung tragen ...

Steh bei den Politikern und allen, die sich in der Gesellschaft engagieren ...

Steh bei den Menschen in unserer Welt, die in großer materieller Not leben ...

Steh bei den Gläubigen unserer Gemeinden und allen, die sich um die Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation bemühen ...

Steh bei den Menschen, die uns am Herzen liegen und denen unsere besondere Sorge gilt ...


Pfarrer Stefan Mai

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