Einleitung Palmprozession

Einleitung Passionsgeschichte

Einleitung zur Palmprozession

Vor zwei Jahren war ich am 1. Advent in Brünnau beim Adventskonzert in der evangelischen Kirche, um als Vertreter der katholischen Kirche ein paar Gedanken zum Advent zu sagen.

Der Kirchenchor sang, und dann hieß es: Wir hören das Festevangelium zum heutigen 1. Adventssonntag. Und ich staunte. In der evangelischen Kirche wird immer zum ersten Advent das Evangelium vom Einzug in Jerusalem gelesen. Im ersten Moment stutzte ich, weil es für mich ungewohnt war. Doch beim Nachdenken wurde mir sofort klar, welchen tiefen Sinn diese evangelische Tradition hat. Wie damals die Menschen für Jesus Tür und Tor in Jerusalem geöffnet haben, so werden auch wir gebeten, ihm die Türen des Herzens zu öffnen, ihm in unserem Leben einen Empfang zu bereiten.

Wenn ich Sie nun einlade, heute am Palmsonntag das bekannte Adventslied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ zu singen, dann werden Sie schnell merken: Da haben der Barraud und der Mai nicht die Kirchenjahreszeiten verwechselt, sondern dieses Lied lädt uns ein auf dem Hintergrund der Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem, es den Menschen von damals nachzumachen: Für ihn aufmerksam zu sein. Unsere Lebens- und Herzenstür diesem Friedenskönig Jesus zu öffnen.

Einleitung zur Passionsgeschichte nach Lukas

Haben Sie heute beim Palmsonntagsevangelium genau hingehört?
Wenn ich Sie fragen würde: Wie hat denn der Ruf geheißen, mit dem Jesus in Jerusalem empfangen wurde? Die Bibelfesten unter Ihnen würden wahrscheinlich antworten: Ist doch ganz klar „Hosanna dem Sohne Davids, der da kommt im Namen des Herrn“. Wenn wir jetzt noch einmal aufmerksam den Einzug Jesu in Jerusalem hören würden, so wie es der Evangelist Lukas erzählt hat - und von ihm haben wir im Spitalgarten das Palmsonntagevangelium in diesem Jahr gehört - müsste es uns aufhorchen lassen. Ausgerechnet der Evangelist Lukas vermeidet diesen Ruf: „Hosanna dem Sohne Davids, der da kommt im Namen des Herrn“, den die anderen Evangelisten erzählen. Im Lukasevangelium begrüßen ihn die Jünger mit den Worten: „Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Herrlichkeit in der Höhe.“

Da klingeln die Ohren: Jesus wird in Jerusalem nicht mit dem Ruf: „Hosanna dem Sohne Davids“ , der stark nationalistisch angehaucht ist, begrüßt. Dafür hören wir Worte aus dem Gesang der Engel aus der Weihnachtserzählung: „Im Himmel Friede und Herrlichkeit in der Höhe“. Der Evangelist Lukas will jeden nationalistisch stark angehauchten Ton vermeiden und stattdessen Jesus als Mann des Friedens zeichnen. Freilich, den zweiten Teil des Engelsruf streicht er: „Friede auf der Erde“. Denn was jetzt in der Passion folgen wird, ist alles andere als „Friede auf der Erde“

Wie in einer Ouvertüre in der Musik die Themen, die später ausgefaltet werden, schon angedeutet werden, so wird auch jetzt in der Passion breits ein zweites Thema ausgefaltet, was schon der greise Simeon in der Kindheitsgeschichte angedeutet hat. Dort sagt er zu Maria: „Dieser Jesus wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird...Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen!“

Ob es nicht auch oft im Leben von uns Menschen so ist. Themen aus der Kindheit werden später zu wichtigen Lebensthemen oder holen einen wieder ein?


Pfarrer Stefan Mai

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