Fischerboot und Kirchenschiff

Reimpredigt zu Lk 5,1-11 (C/5)

„An der Nordseeküste, am plattdeutschen Strand,
sind die Fische im Wasser und selten am Land.“


Vor Jahren war dieser Friesensong ein Faschingslieblingslied.
Nicht nur an der Nordseeküste, sondern auch am Rhein/Main
sang man die Melodie kräftig mit.

Fische sind im Wasser, na ja, das ist jedem Dummen klar,
trotzdem bleibt das Fischen eine große Kunst, fürwahr!

Das war auch Petrus und seinen Mannen bekannt.
Die Fische sind im Wasser – und selten am Land.

Die kannten sich am See Genesareth wie in ihrer Westentasche aus,
fuhren sie doch täglich auf ihn zum Fischen hinaus.

Sie wussten, wann und wo die Fische am besten zu finden sind,
beherrschten ihr Handwerk blind und geschwind.

Sie wussten, an welchen Orten, in welcher Tiefe bei Nacht die Fischschwärme streifen,
sie wussten auch: Für die verschiedenen Fischarten müssen wir zu verschiedenen eng- oder weitmaschigen Netzen greifen.

Ja, das Fischerhandwerk war Petrus bestens bekannt.
Und doch, so das Evangelium, fuhr er manchmal mit einem leeren Boot ans Land.

Auf dem Kirchenschiff kennen wir dieses Gefühl inzwischen gut.
Wir wissen, wie weh dauernde Erfolglosigkeit tut.

Wir schauen auf dem Kirchenschiff oft ganz beklommen,
welche Konkurrenz das Schifflein Petri hat bekommen.

Viele Konkurrenten fischen die Flüsse und Meere ab.
Das macht uns Angst, lähmt uns – bringt uns aber nicht auf Trab.

Wir schauen ohnmächtig zu, wie ganze Fangflotten Shopping und
Wellness und Fun anpreisen
und viele Menschen lieber auf Kreuzfahrten und Dreamliner mitreisen.

Am Morgen wachst Du auf und hast auf dem Herzen die eine Bitt:
Dass irgendein Kirchenschiffkommandant nicht schon wieder in ein Fettnäpfchen tritt.

Dass nicht irgendein Skandal noch mehr Vertrauen raubt
und jählings zerstört, was Millionen von Menschen haben treu und ehrlich aufgebaut.

Ja, das Kirchenschiff hat heute seine liebe Müh und Not.
Ich glaube, noch viel mehr als damals Petri Fischerboot.

Ich frage mich, wie kommen wir raus aus dieser Misere,
vielleicht kann uns geben das heutige Evangelium eine Lehre:

Jesus hat die Fischer berufen in seinem Freundeskreis,
weil er den Menschen kennt und ganz genau weiß:

Ich brauche Menschenfischer, die mit mir und für mich zu den Menschen geh’n
und nicht nur wartend und fromm in der Kirche steh’n.

Ich brauche Menschenfischer, die spüren,
welche Sehnsucht und Sorgen heute die Menschen bewegen.
Menschenfischer, die nah am Leben dran sind, welch ein Segen!

Ich brauche Menschenfischer, die trotz Gegenwind, Erfolglosigkeit und hohen Wellen
nicht beleidigt sich zurückzieh’n oder aggressiv wie Hunde bellen.

Ich brauche Menschenfischer, die spüren, was Menschen an der Kirche vermissen
und trotz aller Schwächen der Schiffsmannschaft um den Reichtum und Erfahrungsschatz der Kirche wissen.

Ich glaube: Wir brauchen Menschen, die nicht wissend andere nur belehren wollen,
sondern bewusst den Worten ihres Meisters wieder neu Achtung zollen.

Und wir brauchen das Bewusstsein: Ich bin gefragt und ich mach mich an die Arbeit ran,
aber wisse zugleich: Auf dich kommt es am Ende gar nicht an.

Denn das Boot Jesu findet allein seinen Weg zu Menschen von heute.
Und das glaubt mir, ihr lieben Leute:

Vielleicht ist sein Boot schon heut bei Menschen angekommen,
von denen ich gar nicht glauben kann, dass sie seine Botschaft haben angenommen.


Pfarrer Stefan Mai

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