Ein Freundschaftsnetz aus Absperrband

Predigt zum Vorstellungsgottesdienst der Kommunionkinder

Gestern vor acht Tagen waren die über 60 Kommunionkinder aus unserer Pfarreiengemeinschaft mit ihren Eltern bei uns im Pfarrer-Hersam-Haus zu einem Besinnungstag zusammen. Dieser sollte uns auf das Thema des diesjährigen Kommunionkurses „fisherman´s friend“ so richtig einstimmen. An neun verschiedenen Stationen haben wir uns über das Thema „Freundschaft“ Gedanken gemacht.
Da wurden Fische in der Küche gebacken oder aus Leder geschnitten und an einem Freundschaftsbändchen befestigt.
Wie Jesus seine Freunde suchte, wurde in einem Lied gelernt.
Wie schwierig Freundschaft auch werden kann, ist uns an David und Jonathan deutlich geworden.
Mit kleinen Spielsteinchen haben wir über unser persönliches Freundschaftsnetz nachgedacht.
Ein Tanz der Geborgenheit wollte uns das Gefühl einer tragfähigen Freundschaft spüren lassen.
Welche Ausdrucksformen Freundschaft in Afrika findet, davon hat Blaise erzählt.
Welche Burschen und unterschiedliche Typen die 12 Freunde Jesu waren, darüber haben wir einiges in der Kirche gehört.
Und wir haben ein Freundschaftsnetz geknüpft. Aber komisch, mit einem Absperrband. Jeder weiß, wo dieses rot-weiße Band aufgestellt wird, da heißt es „Betreten verboten“ - „Kein Zutritt“ - „Bleib hier draußen!“
Und gerade das finde ich toll. Ein Abgrenzungsmaterial wird benutzt, um ein Beziehungsnetz zu knüpfen, um darzustellen, wie wichtig Verbindung unter Menschen ist. Beim Knotenknüpfen habt Ihr Euch Gedanken dazu gemacht, was einen Freund ausmacht und das auch einander mitgeteilt. Hören wir einige Eurer Gedanken dazu:

Mit einem Freund kann man spielen
Ein Freund hält zu einem und hilft einem
Ein Freund stellt einen nicht bloß

Freunde vergolden einem das Herz
Freunde können weit weg wohnen und man fühlt sich doch nah
Freundschaft muss man pflegen

Einem Freund kann man vertrauen,
kann man sich anvertrauen
Ein Freund traut einem

Gute Freunde hat man ein Leben lang
Man braucht nicht viele, aber gute
Ein Freund ist besser als 500 Facebookfreunde

Mit einem Freund kann man gute Ideen haben
Mit einem Freund kann man auch mal nichts tun
Ein Freund sagt einem auch unbequeme Wahrheiten

Zu einem Freund muss man ehrlich sein
Bei einem Freund kann man übernachten
Bei einem Freund ist man willkommen, wie man ist.

Bei einem Freund kann ich auch mal keine gute Laune haben.
Ein Freund ist treu
Mit einem Freund kann man auch mal richtig doof sein

Auch wenn man sich lange nicht gesehen hat,
ist man gleich wieder vertraut
Mit einem Freund kann man sich wieder versöhnen
Ein Freund kann auch eine andere Meinung haben

Mit einem Freund kann man schweigen
Mit einem Freund kann ich über alles sprechen
Mit meiner Freundin kann ich stundenlang telefonieren
Freunde sind auch nachts oder zu unmöglichen Zeiten für einen da.


Stark in Erinnerung geblieben ist mir auch Euer Sketch, den Ihr Euch zum Thema Freundschaft ausgedacht habt. Da ist einer nicht erschienen. Mit dem Handy wird seine Nummer gewählt. „Kein Netz“ - also keine Verbindung, hieß es plötzlich. Mir ist da bewusst geworden, wie wichtig dieses elektronische Netz heute unter Freunden heute geworden ist. Wie wichtig eine Telefonnummer, eine verlässliche Adresse sein kann.

Davon erzählt eine wahre Begebenheit:

Alfons war ein Tippelbruder,
und was er hatte war nicht viel.
Um genau zu sein: Es war gar nichts.
Bis auf das, was er am Körper trug.
Der Anzug geflickt und dreckig,
das Hemd und die Schuhe - schweigen wir lieber.

Alfons war ein Tippelbruder,
und er hatte eine Zahl
auf dem linken Handrücken eintätowiert,
eine zweiteilige Zahl,
mit Schrägstrich zwischen den beiden Teilen.
Und die Null am Anfang zeigte:
Es war eine Telefonnummer.

Alfons war ein Tippelbruder.
Und wenn er mal ordentlich getankt hatte
und lag er irgendwo in der Gosse
und die Leute fischten ihn auf:
Oft konnte er nicht sprechen,
konnte nicht seinen Namen sagen.
Aber eines konnte er.
Den Leuten seine linke Hand vors Gesicht halten.

Die wählten die Nummer,
und es meldete sich ein evangelischer Pfarrer,
sein Pfarrer - Alfons hatte eine todsichere Adresse.

Alfons war ein Tippelbruder.
Und was er hatte, das war Vertrauen,
Vertrauen zu einen Menschen.
Zwanzig Mal schon war er dort
und nicht einmal wurde ihm die Tür gewiesen.

Solange diese Nummer nicht verloren geht,
ist Alfons nicht verloren.
Dieser eine Mensch bedeutet für Alfons Leben.

(Ulrich Bach)

Ja solche Nummern, solche verlässlichen Adressen sind für jeden Menschen wichtig. Die haben Menschen meistens im Kopf.

Der Kommunionkurs möchte Euch aber auch eine Adresse in Erinnerung rufen und ans Herz legen. Die brauche ich nicht am Telefon zu wählen, die muss auf keinem Handy gespeichert werden, die hat auch keine Straße und Hausnummer. Das Netz zu dieser Adresse ist ständig frei. Ich brauch nicht einmal zu reden. Ich glaube, Ihr könnt erahnen, welche Adresse ich damit meine?






Pfarrer Stefan Mai

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