Eine Herausforderung im Rücken

Predigt zum 17. Sonntag im Jahreskreis (Joh 6,1-13)

Predigt

In der Pax-Christi-Kirche in Krefeld befindet sich an der Rückwand des Kirchenraumes ein modernes Bild eines Abendmahls. Auf einem großen schwarz-weißen Photoplakat sieht man ein festlich zubereitetes kaltes Buffet: Die Tische quellen über mit edelsten Speisen, alles ist prunkvoll hergerichtet. Die festlich gekleideten Männer bedienen sich und lassen es sich schmecken. Der gedeckte Tisch dieser feinen Gesellschaft wirkt, als würde er dem Betrachter entgegenkommen, so übervoll ist er. Vor diesem Photo steht real im Kirchenraum ein schlichter länglicher Holztisch, darauf dreizehn Pappteller, die mit Steinen gefüllt sind. An jedem Teller steht eine Tischkarte mit den Namen der ärmsten Länder unserer Erde.

Menschen, die sich in dieser Kirche versammeln, haben den Altar vor sich und den krassen Gegensatz zwischen dem opulenten Buffet und dem Tisch der Armen im Rücken. Eine echte Herausforderung für jeden, der in dieser Pax-Christi-Kirche Eucharistie feiert.

Jeder Gottesdienstteilnehmer fühlt direkt körperlich: Die Glaubwürdigkeit unseres Mahles, das wir am Altar feiern, hängt auch daran, ob es eine soziale Dimension hat, ob es sich auswirkt in unserer Lebenshaltung, ob der Platz an den opulenten Tischen unserer Wohlstandsgesellschaft noch einen Blick zulässt für die, die am Tisch der Armen sitzen.

Eine Herausforderung der besonderen Art steckt hinter dem heutigen Evangelium. Ist es in der Krefelder Kirche der Kontrast der unterschiedlich üppig gedeckten Tische, der die Feiernden herausfordert, so im Evangelium der Kontrast zwischen Jesus und seinen Jüngern. Auf die gleiche Situation reagieren sie ganz unterschiedlich: Die Jünger skeptisch, Jesus optimistisch. Die Jünger tun nichts, Jesus packt die Sache an.

Die Situation: Da sind viele Menschen um Jesus versammelt. Jesus möchte, dass alle zu essen bekommen.

Die Reaktion: Die Jünger sind skeptisch. Brot für 200 Denare würde nicht für alle, auch nicht für ein noch so spartanisches Mahl reichen. Und die 5 Brote und die 2 Fische – was ist das für so viele? Kurz gesagt: Da ist einfach nichts zu machen. Wir möchten ja helfen, aber die Mittel reichen nicht aus. Tut uns leid!

Und Jesus? Er lässt die Leute sich setzen. Er nimmt, was da ist und teilt aus. Und anschließend lässt er die skeptischen Jünger die Brocken zusammenlesen, die übriggeblieben sind.

Diese Lektion sitzt. Die skeptischen Jünger bekommen handgreiflich zu spüren: Natürlich lässt sich was machen. Man muss nur teilen, was man hat – und kräftig austeilen. Alles andere macht Gott. Dann werden alle satt – und es bleibt übrig.

Mahatma Gandhi hat die Sache von der psychologischen Seite her beleuchtet und die prägnante Sentenz geprägt: „Die Erde hat genug für die Bedürfnisse eines jeden Menschen, aber nicht für seine Gier!“

Fürbitten

Wir beten für alle, die viel haben – und doch nicht glücklich sind …

Wir beten für alle, die nichts haben – und zu stolz sind, zu bitten …

Wir beten für alle, die keinen Elan haben – und unzufrieden sind …

Wir beten für alle, denen keinen Mut zur Veränderung haben – und denen niemand einen Anstoß gibt …

Wir beten für alle, die Verantwortung haben für andere – und damit leichtfertig umgehen …

Wir beten für alle, die Verantwortung ergreifen könnten – und es nicht tun …


Pfarrer Stefan Mai

© Stefan Mai 2001 - 2024
Alle Rechte vorbehalten.
Vervielfältigung nur mit Genehmigung von Pfarrer Stefan Mai.

www.stefanmai.de