Klappern für einen guten Zweck?

Predigt zum 13. Sonntag i.J. (2 Kor 8,7.9.13-15)

Einleitung

„Sie klappern zu wenig!“, sagte vor einiger Zeit ein Mann aus unserer Gemeinde zu mir. Und er meinte damit: Sie müssen einfach besser die Werbetrommel für Spenden rühren, öfter darauf hinweisen, dass wir für das Pfarrer-Hersam-Haus Geld brauchen. Je häufiger man das in Erinnerung ruft, desto mehr Geld kommt herein.
Da scheint sich heute der Pfarrer bekehrt zu haben, könnten Sie sich denken, wenn Sie dann die Lesung hören. Denn da geht es ausdrücklich um das Spendensammeln. Der Apostel Paulus ruft die Korinther auf, eifrig für die Gemeinde in Jerusalem zu spenden.
Aber das ist reiner Zufall, wenn auch ein schöner, dass heute am Tag, an dem wir unser Pfarrheim segnen wollen, der Apostel Paulus für mich den Spendeaufruf übernimmt.

Predigt

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern. Die Schere reich – arm geht immer weiter auseinander. Sie geht im Nord-Süd-Gefälle der Länder auseinander und sie geht innerhalb der großen, reichen Nationen immer weiter auseinander. Die Reichen werden immer reicher. Die Millionäre und Milliardäre nehmen immer mehr zu, und diejenigen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, genauso.
Aber wie einen Ausgleich schaffen. Wir erleben, wie schwierig das ist: Das beginnt beim Länder-Finanzausgleich, wenn Bayern als reiches Land ein Zahlmeister sein soll, und das endet bei der Frage: Sollen Griechenland und Spanien von Europa gehalten werden oder nicht? Und mit wie viel Prozent vom Bruttosozialprodukt soll Entwicklungshilfe geleistet werden?
Ich werde nie vergessen, wie ich einmal den Bauern eines kleinen Dorfes gefragt habe: Wie kommt es, dass bei euch 200 Katholiken bei Adveniat mit 5.000 DM genauso viel spenden wie große Gemeinden, die einen solchen Betrag kaum zusammenbringen? Und der Bauer gab mir eine knappe Antwort: Wir haben beigebracht bekommen: „Wer Almosen spendet darbet nie.“
Da war ich platt. Eine ganz einfach Philosophie: Wer selber gibt, wenn er hat, der geht selbst nie leer aus, wenn er etwas braucht. Diese Philosophie ist von der Argumentation des Paulus abgeschaut. Seine Spendenphilosophie lautet: Es geht nicht darum, dass ihr in Not geratet, indem ihr anderen helft. Es geht um einen Ausgleich. Im Augenblick soll euer Überfluss ihrem Mangel abhelfen, damit auch ihr Überfluss einmal eurem Mangel abhilft.
Und auch Paulus hat diese Philosophie nicht erfunden. Er spielt in seinem Brief auf eine biblische Geschichte an, wenn er schreibt: So soll es ein Ausgleich entstehen, wie es in der Schrift heißt: Wer viel gesammelt hatte, hatte nicht zu viel, und wer wenig, hatte nicht zu wenig.
Gemeint ist die Erzählung vom Manna-Sammeln. Die Israeliten sind auf dem Zug von Ägypten ins Gelobte Land und haben in der Wüste nichts zu essen. Da lässt Gott Manna vom Himmel regnen. An jedem Morgen können es die Israeliten aufsammeln. Die einen sammeln viel, die anderen wenig. Aber siehe da: Als sie wieder in ihren Zelten ankommen, ist in jedem Eimer genau so viel, wie er für seine Familie braucht. Jeder bekommt gleich viel zu essen.
Und diejenigen, die meinen, sie könnten heimlich für den nächsten Tag etwas aufheben, denen verfault es über Nacht.
Das ist die Wirtschaftslektion, die Gott den Israeliten beibringen will: Sorgt dafür, dass jeder Mensch gut leben kann. Lasst euch nicht von eurer eigenen Gier überwältigen.
Und nur, wer diese Option kapiert, schafft eine Grundlage für eine gerechtere Welt.
Schade, dass die vielen überflüssigen Milliarden, die Menschen für sich horten, ohne für andere zu sorgen, schade, dass sie nicht verfaulen. Mit einem Schlag sähe unsere Welt anders aus.





Pfarrer Stefan Mai

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