Stichworte können weiterhelfen

Predigt zur Erstkommunion 2012 (Ps 23; Mt 28, 16-20)

Predigt

Es gibt Situationen, da sind Menschen auf ein Stichwort angewiesen. Beim Theaterspielen bleibt ein Schauspieler hängen. Er weiß plötzlich seinen Text nicht mehr. Da flüstert ihm die Souffleuse ein Stichwort zu, und schon weiß er, wie sein Text weitergeht. Das Stichwort hilft dem Schauspieler, dass er nicht steckenbleibt. Oder in einem Gespräch: da will ich schon längere Zeit etwas sagen. In dem Augenblick aber, wo ich reden darf, ist plötzlich weg, was ich sagen wollte. Da kann mir ein Stichwort, worüber wir gerade gesprochen haben, wieder auf die Sprünge helfen und den Zusammenhang wiederherstellen.

Was für das Theaterspielen und für Gespräche gilt, gilt auch für das Leben. Manchmal haben Menschen einmal ein Wort gehört, das ihnen ein Leben lang nicht aus dem Kopf geht und ihnen immer wieder weiterhilft. Vor einigen Wochen erzählte mir ein alter Mann: „Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, an dem ich als blutjunger Mensch in den Krieg musste. Beim Abschied an der Haustür sagte mein Vater zu mir: „Bub, tu deine Pflicht! Aber bleibe Mensch!“ Dieses Wort ist mir in so vielen unmenschlichen Situationen im Krieg immer wieder in den Sinn gekommen und es begleitet mich bis heute: „Tu deine Pflicht! Aber bleibe Mensch!“ Wie oft denke ich daran“, meinte er, „wenn ich durch die Haustüre gehe, wo mir mein Vater damals diese Worte mit auf den Weg gab.“ Seit Jahren pflegt dieser alte Mann seine demente Frau.

Wegbegleiter, so heißt das Thema des diesjährigen Kommunionkurses. Nicht nur Menschen, auch Worte können lebenslange Wegbegleiter sein. Nicht umsonst machen sich junge Eltern für die Taufe ihres Kindes viele Gedanken und wählen einen Taufspruch, der wie ein guter Wunsch über dem Leben des Kindes stehen soll. Eheleute suchen sich für den Tag ihrer kirchlichen Trauung einen Trautext, schreiben ihn groß auf das Liedblatt und die Traukerze und hoffen, dass dieser ihnen auch einmal hilft, wenn ihre Beziehung ins Stottern gerät.

Auch ich möchte Euch heute ein Stichwort mit auf den Weg geben. Es ist ein uraltes Wort, fast 3000 Jahre alt und stammt aus dem Psalm 23. In diesem Vertrauensgebet wird Gott im Bild des Hirten als ein guter Wegbegleiter beschrieben, der in guten und bösen Tagen, auf saftigen Wiesen und wenn es durch ein gefährliches dunkles Tal geht, dabei ist. Dieses Stichwort ist ein kurzer Satz mit nur vier Worten: Du bist bei mir.

Der große Philosoph Immanuel Kant, ein sehr kritischer Geist, hat einmal gesagt:
„Ich habe in meinem Leben viele kluge und gute Bücher gelesen. Aber ich habe in ihnen allen nichts gefunden, was mein Herz so still und froh gemacht hätte, wie die vier Worte aus dem Psalm 23: ‚Du bist bei mir’.“

Liebe Kinder,
diese vier Worte „Du bist bei mir“ möchte ich Euch heute mit auf Euren Lebensweg geben. Eltern haben sie für Euch auf ein Stoffband geschrieben. Wir werden sie an Euren Wanderstock mit dem Lebensbündel binden. Bitte lest sie manchmal und macht sie zu Eurem Vertrauensgebet: Du bist bei mir.
Ruft sie Euch ins Gedächtnis, wenn es Euch gut geht, wenn Ihr Angst habt, wenn Ihr ein schwieriges Gespräch vor Euch habt, wenn Ihr wichtige Entscheidungen treffen müsst oder neue Lebensabschnitte beginnt, wenn ihr Euch auf den Gipfeln des Erfolgs befindet oder durch das dunkle Tal der Tränen, der Enttäuschung, der Selbstzweifel und der Trauer müsst.
„Ich habe in meinem Leben viele kluge und gute Bücher gelesen. Aber ich habe in ihnen allen nichts gefunden, was mein Herz so still und froh gemacht hätte, wie die vier Worte aus dem Psalm 23: ‚Du bist bei mir’.“

Die Kraft dieses Stichworts macht mir der alte Mann, der im Sterben lag, deutlich. Wenn seine Angehörigen ins Zimmer kamen, schickte er sie fort und sagte: „Ich komme zurecht.“ Er lag immer auf der rechten Seite. Wenn man ihm anbot, ihn einmal umzudrehen, wehrte er ab und bemerkte: „Dann kann ich ihn ja nicht mehr sehen.“ Und er deutete dabei auf die gegenüberliegende Wand. An der Wand hing ein Bild aus alten Tagen, vom Tag seiner Erstkommunion. Auf dem Bild war Jesus dargestellt als der gute Hirte. Der Alte kannte auch den dazugehörigen Psalm „Der Herr ist mein Hirte“. Wie oft hat er ihn gebetet, wie oft die Worte gesprochen „Du bist bei mir“. Und er spürte: Der, dem ich diese vier Worte im Leben immer gesagt habe, er geht auch jetzt mit mir und bleibt bei mir.

Fürbitten

Pfarrer
Gott, wir glauben, dass du uns im Leben wie ein guter Hirt begleitest und alle Tage unseres Lebens bei uns bist. Wir bitten dich:

Liedruf: Geh mit uns auf unserm Weg

(1) Mutter
Wir möchten unseren Kindern Wärme und Geborgenheit im Elternhaus erleben lassen und hoffen, dass dieses Fundament sie ein Leben lang trägt. Wir bitten dich:

Liedruf: Geh mit uns auf unserm Weg

(2) Vater
Wir möchten, dass unsere Kinder in eine lebenswerte Zukunft hineinwachsen dürfen und wollen ihnen in ihrer Entwicklung eine Hilfe sein. Wir bitten dich:

Liedruf: Geh mit uns auf unserm Weg

(3) Pate
Wir möchten unseren Patenkindern gute und verlässliche Wegbegleiter sein, eine gute Beziehung zu ihnen pflegen und wünschen uns, dass auch die Kinder zu uns Vertrauen haben. Wir bitten dich:

Liedruf: Geh mit uns auf unserm Weg

(4) Geschwisterkind
Wir möchten dir danken, dass wir mit Geschwister aufwachsen dürfen und beten darum, dass die Verbindung unter den Geschwistern bleibt, auch wenn wir groß sind und nicht mehr miteinander leben. Wir bitten dich:

Liedruf: Geh mit uns auf unserm Weg

(5) Freund/Freundin
Wir möchten einander im Leben gute Freunde bleiben und hoffen, dass uns ein Leben lang gute Freunde wie Schutzengel an der Seite stehen. Wir bitten dich:

Liedruf: Geh mit uns auf unserm Weg

(6) Oma
Wir freuen uns, wenn wir unsere Enkelkinder heranwachsen sehen und möchten als Großeltern unseren Beitrag für ein gelingendes Miteinander der verschiedenen Genetationen leisten. Wir bitten dich:

Liedruf: Geh mit uns auf unserm Weg

(7) Opa
Wir möchte heute an diesem Freudentag auch unsere Verstorbenen nicht vergessen, die wichtige Wegstrecken unseres Lebensweges mitgegangen sind. Wir bitten dich:

Liedruf: Geh mit uns auf unserm Weg

Pfarrer
Herr, unser Gott, wir vertrauen auf das Wort Jesu: Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt. Erhalte uns dieses Vertrauen. Amen.

Lesung - Psalm 23

Der HERR ist mein Hirte,
nichts wird mir fehlen.

Er lässt mich lagern
auf grünen Auen
und führt mich zum Ruheplatz
am Wasser.

Er stillt mein Verlangen
und leitet mich auf rechten Pfaden
um seines Namens Willen.

Muss ich auch wandern
in finsterer Schlucht,
ich fürchte kein Unheil;
denn du bist bei mir
dein Stock und Stab
geben mir Zuversicht.

Du deckst mir den Tisch
vor den Augen meiner Feinde.

Du salbst mein Haupt mit Öl
du füllst mir reichlich den Becher.

Gutes und Barmherzigkeit
werden mir folgen mein Leben lang,
und im Hause des Herrn
darf ich wohnen immerdar.


Pfarrer Stefan Mai

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