Wenn möglich, bitte wenden!

Predigt zum Aschermittwoch 2012 (Evangelium: Mt 6,1-6.16-18)

Der Navi hat inzwischen schon fast in jedem Auto sein Platzrecht, entweder fest installiert oder als mobiles Gerät an der Scheibe. Wir geben unser Ziel ein und lassen uns von einer freundlichen Frauen- oder Männerstimme den Weg weisen. Mich macht immer die freundliche Hartnäckigkeit nachdenklich, mit der die Navidame mich wieder auf den rechten Weg bringen will, wenn ich mich verfahren habe oder eine andere Route eingeschlagen habe, wie sie eigentlich vorschlägt. Da sagt mir die freundliche Navidame immer wieder den einen Satz: „Wenn möglich, bitte wenden!“
Diese Haltung macht mich nachdenklich. Da kommt kein Herrscherton von oben herunter, keine Schimpfkanonade, kein beleidigter Tonfall, weil ich jetzt nicht gefolgt bin. Nein, immer wieder diese freundliche Hartnäckigkeit „wenn möglich, bitte wenden“, diese ständige Hilfsbereitschaft, nach neuen Wegen zu suchen und wieder den richtigen Weg zu finden, so als vertraue die Navidame auf die Selbsteinsicht: Es ist besser, jetzt kehrt zu machen als in die falsche Richtung weiterzufahren.

Mir kommt es vor: Der Aschermittwoch mit seinem Evangelium aus der Bergpredigt tut etwas ähnliches. Mit einer geduldigen Hartnäckigkeit bittet er uns Jahr für Jahr dreimal hintereinander: Wenn möglich, bitte wenden!

Wenn möglich, bitte wenden!
Hab den Mut, die Straße des nur auf dich selbst Fixiert-Seins zu verlassen und an andere Menschen zu denken, ohne Dir damit einen Namen machen zu wollen oder auf Beliebtheit zu schielen. Hab den Mut, etwas von Dir abzugeben, und hab andere im Blick. Folge der Straße „Gutes tun, ohne zu berechnen“.

Wenn möglich, bitte wenden!
Mach im Gebet eine Wendung hin zu Gott. Lass ihm einen Platz in deinem Leben, ohne frömmelnd zu werden. Stimmt es nicht, was wir singen; Wohin soll ich mich wenden, wenn Gram und Schmerz mich drücken? Wem künd’ ich mein Entzücken, wenn freudig pocht mein Herz? Wohin, wenn nicht zu IHM?
Wenn möglich, bitte wenden!
Mach eine Wende hin zu einem einfachen Lebensstil. Fasten heißt doch: Du musst im Leben nicht alles haben, und schon gar nicht alles zu jeder Zeit. Du merkst doch selber: Wir, unsere Häuser, unser Leben sind so vollgestopft mit Dingen, von denen wir meinen, dadurch wird unser Leben qualitätsvoller und leichter. Und so manches Mal spüren wir: Eigentlich ist vieles Ballast und zusätzliche Sorge. Und mehr Freude und Lebensglück strahlen wir dadurch auch nicht aus. Manchmal ist weniger mehr. Manchmal bleibt dadurch das Leben spannender.

Mit diesen drei Ratschlägen meint Jesus, fährst du im Leben besser und kommst damit auch ans Ziel.


Pfarrer Stefan Mai

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