Es ist wie ein Tanz

Predigt zum Valentinstag

- Verliebtes Paar tanzt langsam eng umschlungen bei träumerischer Melodie in die Kirche -

Predigt

Verliebte träumen davon: Bei einer Melodie, die zu Herzen geht, von Gefühlen fast überschäumen, eng umschlungen langsam durch den Saal tanzen, alles um sich herum vergessen, intensive Blicke, ein paar liebe Worte, einfach Geborgenheit und Nähe pur spüren, einfach ein Stück Seligkeit erleben.
Verliebte träumen davon, dass sie dieses Gefühl nicht nur beim Tanz, sondern während ihrer ganzen Partnerschaft begleitet.
Halten diese Träume aber der Realität eines Lebens stand?

Anne Morrow Lindhbergh malt in ihrem Buch „Muscheln in meiner Hand“ ein anderes Bild von Liebe und einer gelungenen Partnerschaft. Sie meint:

Wenn man jemanden liebt, so liebt man ihn nicht die ganze Zeit, nicht Stunde um Stunde auf die ganz gleiche Weise. Das ist unmöglich. Es wäre sogar eine Lüge, wollte man diesen Eindruck erwecken. Und doch ist es genau das, was die meisten fordern. Wir haben so wenig Vertrauen in die Gezeiten des Lebens, der Liebe, der Beziehungen. Wir jubeln der steigenden Flut entgegen und wehren uns erschrocken gegen die Ebbe. Wir haben Angst, die Flut würde nie zurückkehren. Wir verlangen Beständigkeit, Haltbarkeit und Fortdauer; und die einzig mögliche Fortdauer des Lebens wie der Liebe liegt im Wachstum, im täglichen Auf und Ab - in der Freiheit; einer Freiheit im Sinne von Tänzern, die sich kaum berühren und doch Partner in der gleichen Bewegung sind.

- Von hinten herein tanzt ein Paar einen Tango -


Ich glaube wir spüren: Der Realität von Liebe und gelebter Partnerschaft kommt der Tango viel näher als das Schmuselied, das geradezu von Sehnsucht trieft. Auch der Tango ist aus der Sehnsucht nach Leben geboren. Auch bei diesem Tanz sind die Partner in dichter Nähe. Aber er lebt vom Ringen von Nähe und Auseinendergehen. Er lebt von der Dramatik einander tief in die Augen schauen und von einem plötzlichen Abwenden. Er lebt vom Kontrast ganz eng miteinander verbunden sein zu einem fast Auseinandertriften. Er lebt von einem ungeheuren Schwung, mit dem die Tänzer fast wie im Rausch über die Tanzfläche gleiten und zugleich vom Kontrast, dass sie plötzlich stocken, sich sammeln und wieder miteinander ihren Weg fortsetzen. In diesem Tanz kleben die Tanzpartner nicht ständig aneinander, der Tango lebt von der Spannung von Weggehen und einander sehnsüchtig Suchen. Die Tänzer des Tangos müssen feinfühlig auf die Signale des anderen hören, um die Verbindung zueinander nicht reißen zu lassen und den Druck vom anderen feinfühlig spüren. Höchste Konzentration und Kreativität ist gefordert, um neue Figuren zu erschaffen und sich nicht im immer gleichen Trott zu langweilen. Und am Ende ist eines die absolute Grundvoraussetzung, seinen Partner gut verstehen und sich auf ihn einlassen und auch verlassen können.
Wie es eine Kunst ist, Tango zu tanzen, ist es eine Kunst, zu lieben.

Hören wir noch einmal Anne Morrow Lindhbergh:
Wenn man jemanden liebt, so liebt man ihn nicht die ganze Zeit, nicht Stunde um Stunde auf die ganz gleiche Weise. Das ist unmöglich. Es wäre sogar eine Lüge, wollte man diesen Eindruck erwecken. Und doch ist es genau das, was die meisten fordern. Wir haben so wenig Vertrauen in die Gezeiten des Lebens, der Liebe, der Beziehungen. Wir jubeln der steigenden Flut entgegen und wehren uns erschrocken gegen die Ebbe. Wir haben Angst, die Flut würde nie zurückkehren. Wir verlangen Beständigkeit, Haltbarkeit und Fortdauer; und die einzig mögliche Fortdauer des Lebens wie der Liebe liegt im Wachstum, im täglichen Auf und Ab - in der Freiheit; einer Freiheit im Sinne von Tänzern, die sich kaum berühren und doch Partner in der gleichen Bewegung sind.

Bitten wir heute zur Feier des Valentintages Gott um dieses Vertrauen in die Gezeiten des Lebens, der Liebe und der Beziehungen.

Gebet

Guter Vater im Himmel,
Schöpfer des Lebens und der Liebe zwischen den Menschen,
heute haben sich hier Menschen versammelt,
denen das Thema „Liebe“ und „Partnerschaft“ wichtig ist.
Mancher kommt mit einem Hochgefühl
und mancher auch mit Zweifeln und Enttäuschungen.
In allen Menschen lebt der Glaube an dauerhafte und beständige Liebe und Treue.
Dieser Glaube lässt die Menschen auch nach Enttäuschung wieder beginnen.
Und das ist gut so!
Wir danken dir heute besonders für die menschliche Fähigkeit, lieben zu können
und auf den Mitmenschen zuzugehen.
Im Schöpfungsbericht wird dein Wort überliefert:
„Es ist nicht gut, wenn der Mensch allein ist.“
Wir bitten dich für alle,
die partnerschaftlich unterwegs sind,
verheiratet oder unverheiratet,
jung oder alt:
Stärke sie im guten Willen, füreinander da zu sein.
Richte alle Enttäuschten auf
und schenke die nötige Kraft zur Versöhnung und zum Neuanfang.
Dich wollen wir in deinen Werken loben,
deine Nähe suchen
und dich in der Schöpfung erspüren.
Dich, den dreifaltigen Gott loben wir,
der uns als gute und bleibende Gemeinschaft begegnet,
als Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Dir danken wir für die Kraft der Liebe alle Tage bis in Ewigkeit.
Amen.


Pfarrer Stefan Mai

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