Welch eine Überraschung

Predigt zum 3. Sonntag im Jahreskreis

Einleitung

Gerne machen wir Pläne und hoffen, dass unser Leben dann danach abläuft. Das gibt Sicherheit. Wir bedenken und berechnen und hoffen, dass dann unsere Rechnung aufgeht. Aber unser Leben zeigt uns immer wieder, dass es oft anders kommt als man es sich vorstellt. Da gibt es böse und gute Überraschungen.
„Stets findet Überraschung statt, da wo man´s nicht erwartet hat“, meint Wilhelm Busch in einem Vers.
Man sollte es nicht für möglich halten. In der heutigen Lesung aus dem Buch Jona wird sogar Gott überrascht.


Predigt

Kinder sind ganz wild auf Überraschungseier. Wenn es mit der Mama zum Zahlen an die Kasse geht, dann geht es immer an diesen rot-weißen Eiern vorbei. Hinter dem rot-weißen Stanniolpapier ist ein Ei aus Kinderschokolade und ein Geheimnis versteckt: die Überraschung, irgendein kleines Spielzeug. Was da wohl drin sein wird?

Überraschungen lieben nicht nur die Kleinen. Für Erwachsene gibt es die süßen Überraschungen. In Restaurants gibt es Überraschungspizzas und 5-Gänge-Menüs mit dem Titel „Lassen Sie sich überraschen!“ Und sogar das „Gerolzhöfer Moisle“ macht in seiner Zeitungskolumne vom vergangenen Donnerstag den sonst so phantasielosen Männern einen Überraschungsvorschlag, der angeblich die sonst nicht verwöhnten Frauen völlig überrascht und in helle Entzückung versetzt: „Im Bett bleiben und die Liebste kulinarisch verwöhnen“. Ob diese gestartete Aktion inzwischen in Gerolzhofen Erfolg gezeigt hat, ist meiner Kenntnis entzogen.

Überraschungen im Gottesdienst oder in der Bibel erwarten die meisten nicht. Vieles ist gewohnt und scheinbar altbekannt. Aber eigentlich ist das Büchlein Jona, aus dem wir heute die Lesung gehört haben, ein Büchlein voller Überraschungen:

Überraschung 1
Gott gibt einem Propheten einen Auftrag. Überraschung: Der Prophet folgt nicht. Er handelt ganz anders: Anstatt nach Osten Richtung Ninive besteigt er ein Schiff nach Tarschisch genau in die andere Richtung gen Westen.

Überraschung 2
Der Prophet will sich wegstehlen und verstecken. Doch das macht ihn depressiv. Ein Bild dafür: Jona versteckt sich im Rumpf des Schiffes. Und erst als er als der Grund für den furchtbaren Seesturm ausgemacht wird und Jona ins Meer geschmissen wird, kehrt Ruhe ein.

Überraschung 3
Sonderbare Rettungsaktion. Ein Wal verschluckt ihn und spuckt den ungehorsamen Propheten direkt vor den Toren Ninives aus. Und Jona bekommt erneut den Auftrag: Mach dich auf den Weg und geh nach Ninive, in die große Stadt und drohe ihr all das an, was ich dir sagen werde.

Überraschung 4
Lustlos und missmutig geht der Prophet in die Stadt und verkündet Umkehr. Und völlig unerwartet die Reaktion: Alle, vom König angefangen über groß und klein, sogar bis zum Hund ziehen Bußgewänder an und kehren um.

Überraschung 5
Gott selbst ist so angerührt, so überrascht von der Umkehr der Bewohner von Ninive, dass er seine Meinung ändert und die Drohung nicht ausführt.

Liebe Leser,eigentlich lieben wir Überraschungen, aber oft sind wir so gefühlsstumpf, dass wir gar nicht mehr merken: Dies und jenes ist doch ganz anders ausgegangen als befürchtet oder erwartet. Eigentlich ist der Ausgang völlig überraschend.
Das Büchlein Jona will uns wieder einmal darauf aufmerksam machen: Das Leben bietet viele Überraschungen und Überraschungen im Leben sind ein Einfallstor Gottes in unser Leben. Und mir kommt wieder der Aufruf des großen Theologen Johann Baptist Metz in den Sinn: „Werdet nicht überraschungsfest!“


Fürbitten

Herr, unser Gott, Überraschungen im Leben zeigen uns, dass für dich nichts unmöglich ist. Wir bitten dich:

Oft sagen wir: Aussichtslos, der oder die wird sich nie mehr ändern. Und doch können Menschen sich ändern und ganz anders entwickeln als wir glauben. Lass uns an dein Wirken glauben.

Oft sagen wir: Da lässt sich nichts mehr ändern. Und doch treten oft Ereignisse ein, die plötzlich eine Wendung bringen, die Menschen nicht für möglich gehalten hätten. Lass uns an dein Wirken glauben.

Oft sagen wir: Die Botschaft des Evangelium, die Worte der Kirche kommen bei den heutigen Menschen nicht mehr an. Und doch leben täglich Menschen davon. Lass uns an dein Wirken glauben.

Oft sagen wir: Im Leben immer wieder die gleiche Leier. Nichts Neues unter der Sonne. Und doch gibt es immer wieder Überraschungen, die eine neue Perspektive ins Leben bringen. Lass uns an dein Wirken glauben.

Oft fragen wir, was wohl nach dem Tod kommt. Und du sagst: Diese Überraschung behalte ich mir vor. Wir beten in diesem Gottesdienst für.......

Darum bitten wir durch Christus unsern Herrn


Pfarrer Stefan Mai

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