Predigt 400. Kinderkirche in Gerolzhofen

Schon vor vielen Jahren schrieb der in Kirchenkreisen bekannte Liedermacher Siegfried Fietz ein Lied, das sich mit dem Thema befasst: Wer gibt den Glauben einmal an die Kinder weiter? Das Lied heißt:

Sag mir wer, wer, wer glaubt heute mit den Kindern?
Sag mir wer, wer, wer hilft ihnen dabei,
Gott zu suchen und zu finden,
zu spürn, dass es ihn gibt,
seine Liebe zu empfinden,
weil er hier und heute in unserem Herzen lebt?

Bereits zum 400. Mal leistet das Kinderkirchenteam diesen Dienst an jungen Familien, den Glauben mit Kindern zu feiern, den Glauben an Kinder weiterzugeben.
400 Mal, das ist 10x40. das ist eine Zahl der Fülle.
40 Jahre, das wissen wir, dauerte der Zug des Volkes Israels ins gelobte Land, 40 Jahre dauerte es, bis Israel wieder aus dem Exil in Babylon in die Heimat zurückkehren durfte.
Wie viel Kraft, Energie, Überlegung und Zeit stehen hinter dieser Zahl 10x40.
Aber - das wissen die Verantwortlichen der Kinderkirche nur allzu gut: Das gelobte Land, das heißt, dass das Ziel der Glaubensvermittlung an Kinder von heute erreicht ist, davon können wir schon seit längerer Zeit nicht mehr reden. Und mit der Rückkehr aus dem Exil einer Glaubensfremde in die Heimat des Glaubens, da stehen wir erst ganz am Anfang. Auch auf dem Bereich der Kinderkirche macht sich in den letzten Jahren die Erosion der Bindung an Kirche und Glaubenstradition bemerkbar.

Sag mir wer, wer, wer glaubt heute mit den Kindern?
Sag mir wer, wer, wer hilft ihnen dabei,
Gott zu suchen und zu finden,
zu spür´n, dass es ihn gibt,
seine Liebe zu empfinden,
weil er hier und heute in unserem Herzen lebt?

Wir spüren auch hier: Trotz kindgemäßer Vermittlung, trotz ständigem Überlegen, wie können wir Kindern heute den Schatz des Glaubens als etwas Liebenswertes, als Hilfe zum Leben weitergeben? da stehen wir vor vielen Fragen.

Die Kinderkirchenleute - so denke ich - kommen sich auch manchmal ähnlich vor, wie der Turm, der sich in der Geschichte aufmacht, um bei den Menschen neu nach einem Haus zu suchen, in dem Gott wohnen kann. Wieder neu mit der jungen Generation Kirche zu bilden, an ihr weiter zu bauen, sie attraktiv zu finden.

So einfach wie in der Geschichte vom suchenden Turm ist es heute meiner Meinung nach allerdings nicht mehr, dass Kinder bereitwillig und voller Freude sagen: Wir sind dein Haus, deine Kirche. Jetzt hast du sogar ein lebendiges Haus, eine lebendige Kirche.

Auch eine Kinderkirche kann nicht im luftleeren Raum existieren. Auch eine Kinderkirche braucht als Fundament eine Erzählkultur von Märchen und biblischen Geschichten, das Einüben von Gebet, von religiösen Riten in den Familien, worauf sie aufbauen kann.

Auch eine Kinderkirche kann nicht alle Defizite in der Glaubensvermittlung ausgleichen und aufarbeiten. Auch heute bleibt die religiöse Aufgeschlossenheit, der Versuch, Glaubensformen in den Familien zu finden, der Nährboden für eine gesunde Glaubensentwicklung der Kinder und das Fundament für das Bemühen der Kinderkirche.

Ein Patentrezept, wie in Familien die Freude am Glauben geweckt werden kann, gibt es nicht. Da braucht es viel Experimentiergeist und Interesse. Erst vor kurzem erzählte mir eine Mutter wie sie es mit ihren beiden Söhnen versucht hat:
Sie überlegte ständig, wie sie ihren Kindern das Gefühl mit auf den Lebensweg geben könnte: Gott begleitet dich auf deinem Weg, er lässt dich nicht hängen und will dir im Leben nahe sein.
Und sie hängte ihren Buben ein schönes kleines Kreuzchen über den Schreibtisch, nahm es jeden Morgen und hängte es ihnen um den Hals und sagte ihnen: wenn du an Gott denkst, dann greif manchmal hin, wenn du etwas schönes erlebst, greif hin und sei dankbar, wenn du etwas schweres vor dir hast oder traurig bist, greif hin und bitte ihn: Bleib bei mir! Und sie erzählte, welche Freude es für sie war, wie langsam ihre Buben ganz bewusst selbst am Morgen das Kreuzchen unter ihr Hemd steckten und ohne es nicht außer Haus gingen.
Und das Bewegendste für sie war: Als ihre zwei Buben nach dem Ingenieurstudium von daheim weggingen, da schenkten sie ihrer Mama das gleiche Kreuzchen und meinten: Mama, wir gehen jetzt von daheim weg. Mach du mit dem Kreuzchen das Gleiche, was du uns beigebracht hast.

Daran glaube ich, wo junge Familien sich in ähnlicher Form um eine Glaubensvermittlung bemühen, das bleibt nicht ohne Spuren. Wo junge Familien ein solches Fundament legen wollen, da fällt auch heute der Same, den die Kinderkirche ausstreut auf fruchtbaren Boden.


Pfarrer Stefan Mai

© Stefan Mai 2001 - 2024
Alle Rechte vorbehalten.
Vervielfältigung nur mit Genehmigung von Pfarrer Stefan Mai.

www.stefanmai.de