Eigenbrötler oder Kumpan?

Predigt zum Fronleichnamsfest

Eigenbrötler - dieses Wort hat in unseren Ohren keinen besonders guten Klang. Eigenbrötler, da stellt man sich einen Menschen vor, dem es nur um sich, um seine Ansichten und Wehwehchen geht, der mit Scheuklappen durch die Welt geht und nur Nabelschau betreibt. Eigenbrötler zeigen wenig Interesse für andere und an anderen Menschen, ziehen sich gerne zurück und werden mit der Zeit oft sonderbar. Eigenbrötler gibt es in vielen Variationen vom „scheuen Reh“, das vor allen Menschen ausreißt, über den komischen Kauz und Sonderling bis hin zum brutalen Egoisten, der nur eines kennt: eben sich selbst.
Das Wort Eigenbrötler leitet sich in unserer Sprache von „Brot“ ab und meint einen, der sein Brot nur für sich und allein isst. Der nicht gelernt hat, sein Brot mit anderen zu teilen, Brot für andere zu verdienen oder gar Brot für andere zu sein.
Ein anderer Schlag Mensch ist der „Kumpan“, wörtlich aus dem Lateinischen übersetzt: Einer, der sein Brot mit anderen isst. Der sitzt mit anderen am Tisch, kreist nicht nur um sich selbst, hört, was andere bewegt und Sorgen macht, lacht, diskutiert, wird durch Anfragen und fremde Gedanken immer wieder angeregt.

Heute am Fronleichnamstag tragen wir eine runde Scheibe Brot in der Monstranz durch die Straßen unserer Stadt, schauen zu ihr hoch und halten sie hoch. Sie stellt uns einen vor Augen, der alles andere als ein Eigenbrötler war.
Seine Geschichten und Gleichnisse, seine Worte waren für viele Menschen wie Brot. Seine heilsamen Berührungen gaben vielen neue Kraft und Lebensmut.
Dieses Brot in der Monstranz erinnert uns an einen, der Menschen um sich sammelte, mit seinen zwölf Freunden das Brot teilte und aß, sich in die Häuser einladen ließ, sogar von verdächtigen Kumpanen, um die so mancher einen weiten Bogen machte.
Brot brechen und Brot teilen ist zu seinem Markenzeichen geworden.
Dieses Brot in der Monstranz erinnert uns an einen, dem die kleinen Wörtchen „für“ und „mit“ in Fleisch und Blut übergegangen waren. Dessen großes Ziel es war, dass er Gemeinschaft zwischen den Menschen herstellen wollte, egal wohin er kam.
Dieses Brot erinnert uns daran, dass das Brot, das wir teilen, nicht weniger wird; dass etwas wächst und aufblüht, wenn wir einander teilnehmen lassen an unseren Erfahrungen und unseren Enttäuschungen.
Dieses Brot warnt uns davor, nur für unser eigenes Brot zu sorgen, also zu „Eigenbrötlern“ zu werden.

Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir haben alle teil an dem einen Brot.“ - sagt Paulus in der heutigen Lesung.
„Ihr seid, was ihr esst - Leib Christi!“ daran erinnert Augustinus die Christen von Hippo.
Wir alle schauen heute auf dieses eine Brot - und nicht jeder rennt mit seinem eigenen Brötchen in der Tasche herum. Ist uns bewusst, was dies bedeutet?


Pfarrer Stefan Mai

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