Das Leben Georg Häfners vor Augen

Bußgottesdienst in der Fastenzeit 2011 in der Pfarreiengemeinschaft St Franziskus am Steigerwald

Lied: GL 919/1-3 Selig sind...

Einstimmung

Wenn wir das Wort „heilig“ oder „selig“ hören, dann klingt das in unseren Ohren wie nach „ein Mensch von einem anderen Stern“, ja fast nach fehlerfrei, herausgehoben aus den vielen Menschen. Diese Vorstellung führt uns aber nicht den richtigen Weg des Verständnisses zu unseren Seligen und Heiligen. Auch sie hatten Ecken und Kanten, komische Angewohnheiten und Fehler. Aber sie lebten in ihrer Zeit, unter ganz konkreten Umständen überzeugt ihr Christsein und werden deshalb von der Kirche als Zeugen vorbildhaften Christseins verehrt.
So manche Menschen haben den neuen Seligen unserer Diözese Pfarrer Georg Häfner noch direkt erlebt. Vieles wird über ihn noch erzählt. Wir wissen: Er war ein Mensch mit Fehlern und Schwächen. Aber er hat an einem bestimmten Punkt sein Christsein konsequent und beispielhaft gelebt.
Der polnische Priesterdichter Jan Twardowski schreibt sehr lebensnah, was Heilige und Selige für ihn sind. Sein Gedicht lautet:

Die Heiligen sind ebenfalls Menschen und keine Wundertiere,
sie wachsen gerade, nicht krumm wie die Gurken,
kommen zu rechten Zeit, nicht zu früh und nicht zu spät.
Manchmal schlafen sie nur mit einem Auge,
sie wollen lieber vor Gott knien als sich vor Menschen in den Staub werfen.
Heilige sind sie, weil sie sich nicht wie Heilige gebärden,
und sie treten von einem Fuß auf den anderen, wenn sie frieren an den Haltestellen.
Sie haben nichts und verschenken darum.
Manchmal können sie nicht mehr beten, beten aber immer.
Sie sind so gegenwärtig, dass man sie nicht bemerkt,
fürchten die neuen Zeiten nicht, die alles auf den Kopf stellen.
Sie sind so schwach, dass sie Berge versetzen.

Kyrie: Gl 523


Gebet

Herr, unser Gott! Öffne unsere Ohren und unser Herz, dass wir uns dir zuwenden, auf dein Wort hören und dir in den Mitmenschen dienen. Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn. Amen

Lesung: Weisheit 2,12-23 - Lasst uns dem Gerechten auflauern

Zwischengesang: GL 910/8 - Selig die Verfolgung tragen

Evangelium: Joh 15,18-16,4a - Wenn sie mich verfolgen...


Besinnung

Nach seinem Tod am 20. August 1942 in Dachau wurde Pfarrer Georg Häfner im Krematorium des KZ eingeäschert. Wie man ihm als Häftling im Konzentrationslager Dachau die Nr. 28 876 gab, so hatte auch seine Urne eine Verbrennungsnummer, die Nr. 4950. Feierlich wurde sie am 9. Dezember 1982 in der Neumünstergruft, am Martyriumsort der Frankenapostel beigesetzt, um deutlich zu machen, dass der Oberschwarzacher Pfarrer für seinen Glauben in Dachau Zeugnis ablegte wie damals die Frankenapostel.
Im heutigen Bußgottesdienst am Aschermittwoch wollen wir uns die Gestalt von Pfarrer Georg Häfner bewusst vor Augen halten, seinem Lebensbeispiel ins Auge schauen und uns von ihm fragen lassen.

In der Beliebtheitsskala stand Pfarrer Häfner bei der Bevölkerung nicht besonders hoch:
Er war in sich gekehrt, zurückgezogen, ging wenig auf Menschen zu. Auf Kinder und Jugendliche wirkte er sehr streng. Aber er stand zu seinen Prinzipien, egal ob sie ankamen oder nicht und hängte sein Mäntelchen nicht nach dem Wind.

- Stehe ich zu dem, was ich bin?

- Oder schiele ich zu sehr auf Beliebtheit und traue mich gar nicht, vor anderen zu dem zu stehen, was ich denke und fühle?

- Bin ich zu Menschen echt, oder spiele ich einen anderen vor, der ich gar nicht bin?

- Was macht die menschliche Sehnsucht, beliebt zu sein, mit mir?


Pfarrer Georg Häfner hatte seine Ecken und Kanten und stieß sicherlich Menschen vor den Kopf

- Was sind meine Ecken und Kanten?

- Mit welchen Eigenschaften von mir tun sich Menschen schwer?

- Welche Menschen habe in letzter Zeit verletzt?

Meditative Orgelmusik


Die Pfarrerszeit von Georg Häfner in Oberschwarzach war die Zeit des Nationalsozialismus. Die Hälfte der Bevölkerung von Oberschwarzach hat braun gewählt. Er erkannte den Nationalsozialismus als große Gefahr, machte daraus keinen Hehl und verweigerte den Hitlergruß. Seine Einstellung war: Und wenn alle mitmachen, ich nicht!

- Habe ich feste Grundsätze, an denen ich nicht rütteln lasse?

- Bin ich ein Mensch mit festem Rückgrat oder eher eine Fahne im Wind?

- Wie gehe ich mit Menschen um, die gerade heraus sind?

- Wie verhalte ich mich, wenn Grundsätze von mir angegriffen werden?

- Wo bin ich feige?


Obwohl Georg Häfner ein Innenstadtkind von Würzburg war, ging er gern nach Himmelspforten zu den Karmelitinnen. Hier war er Ministrant, gehörte dem 3. Orden des Karmel an und feierte auch in Himmelspforten seine Primiz. Von Kindheit an war er von der Karmelspiritualität geprägt. Er liebte die Stille, die Betrachtung, die tägliche „Besuchung“ des Allerheiligsten. Vor Gott stehen - dieser Grundpfeiler der Karmelspiritualität begleitete ihn ein Leben lang. Die Karmel-Spiritualität prägte ihn und gab ihm auch Halt in den schrecklichen Monaten des Konzentrationslagers.

- Was prägt besonders meine Spiritualität, mein Glaubensleben?

- Gibt es Sätze aus dem Evangelium, Lieder, Gebete, die mich tragen können, wenn es im Leben schwer wird?

- Mache ich mir manchmal bewusst, dass ich immer vor Gottes Angesicht stehe, egal was ich rede oder tue?

Meditative Orgelmusik


Aus dem Gestapogefängnis und dem Konzentrationslager schreibt Georg Häfner seine Briefe an die Menschen, die ihm im Leben viel bedeuten und ihm auch Halt geben: An seine Eltern, an Kuni und Amalie, seine Haushälterinnen, an den Kaplan, an seinen Freund.

- Wer gehört zu meinem engsten Beziehungsnetz? Auf wen kann ich mich absolut verlassen?

- Wo finde ich letzten Halt, was und wer sind meine rettende Ankerplätze?

- Wer kann sich auf mich absolut verlassen?


Besonders beeindruckend an Georg Häfner ist seine Einstellung gegenüber den Menschen, die ihn ins Konzentrationslager gebracht haben. Immer wieder greift er in seinen Briefen dieses Thema auf.
Da sind die Sätze zu lesen:

„Seid recht gut zu den Leuten, ob Freund oder Feind.“
„Keinem Menschen wollen wir fluchen, keinem etwas nachtragen, mit allen wollen wir gut sein.“
„Für mich gibt es keine Feinde in der Pfarrei.“

- Wie verhalte ich mich gegenüber Menschen, die mich nicht mögen und mit denen ich mir schwer tue?

- Wie gehe ich mit Menschen um, die mir Böses angetan haben?

- Wie verhalte ich mich zu Menschen, gegenüber denen ich schuldig geworden bin? Gibt es Vergebungsbereitschaft?

- Gibt es das Wort „Hass“ in meinem Leben? Wen oder was hasse ich?


Aufgrund seines Glaubenszeugnisses und seines Martyriums in der Hölle des Konzentrationslagers von Dachau wird Pfarrer Georg Häfner am 15. Mai 2011 selig gesprochen und als Glaubens- und Lebensvorbild vor Augen gestellt

- Wo können sich Menschen schon heute an mir ein Beispiel nehmen?

Meditative Orgelmusik

Aschenkreuz als Zeichen der Umkehrbereitschaft


Bußlitanei

Heiliger und barmherziger Gott, wir bekennen dir, einander und der ganzen Gemeinschaft der Heiligen im Himmel und auf Erden, dass wir gesündigt haben durch unsere Schuld, weil wir Gutes unterlassen und Unrecht getan haben.

Wir haben dich nicht mit unserem ganzen Herzen, unserer ganzen Seele und unserer Kraft geliebt. Wir haben unseren Nächsten nicht wie uns selbst geliebt. Wir haben anderen nicht vergeben, wie uns selber vergeben worden ist.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig

Wir sind taub gewesen, für den Ruf zu dienen, wie Christus uns gedient hat. Wir haben nicht die Gesinnung Christi in uns gehabt. Wir haben uns deinem Heiligen Geist nicht geöffnet.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig

Wir bekennen dir, Gott, all unsere Untreue: den Stolz, die Heuchelei, die Ungeduld in unserm Leben.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig

Wir bekennen dir unsere Selbstsucht, unser Leben auf Kosten der Mitmenschen.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig

Wir bekenn dir den Zorn über unsere Frustrationen, unseren Neid auf alle, die scheinbar mehr Glück haben als wir.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig

Wir bekenn dir unsere ungeordnete Liebe zu den Gütern dieser Welt und zur Bequemlichkeit, unsere Unehrlichkeit in unserem täglichen Leben und in unserer Arbeit.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig

Wir bekennen dir unsere Nachlässigkeit im Gebet und Gottesdienst und unser mangelndes Vertrauen auf dich.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig

Nimm an unsere reue über unsere Blindheit für menschliche Not und alles Leid in der Schöpfung, über unsere Gleichgültigkeit gegenüber Ungerechtigkeit und Grausamkeit.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig.

Nimm an unsere Reue über alle falschen Urteile, über lieblose Gedanken an unsere Nächsten, über unsere Vorurteile und die Geringschätzung jener, die anders sind als wir.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig.

Nimm an unsere Reue über unsere Verschwendung, die deine Schöpfung zerstört, über unsere mangelnde Sorge für die kommenden Generationen.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig

Richte uns wieder auf, du Gott der Barmherzigkeit.
Gott, sei uns Sündern gnädig.
A. Gott, sei uns Sündern gnädig

Gebet über die Asche

Gott, Vater unseres Herrn Jesus Christus,
du bist den Demütigen nahe
und freust dich über alle, die umkehren.
Neige dein Ohr unseren Bitten und segne alle,
die sich mit dieser Asche bezeichnen lassen.
Hilf uns, die vierzig Tage der Buße
in rechter Gesinnung zu begehen.
Verzeih uns unsere Sünden
und erneuere uns nach dem Bild deines Sohnes.
Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn. Amen

Beim Austeilen der Asche wird gesungen: GL 160 - 165

Fürbitten

Herr, unser Gott. Du schreibst deine Geschichte im Leben der Menschen weiter. Im Blick auf das Leben von Georg Häfner bitten wir dich:

Georg Häfner wurde am 19. Oktober 1900 in einer einfachen Mietswohnung in der Unteren Bockgasse in Würzburg geboren.
Wir bitten für alle Kinder, die in einfachen Verhältnissen aufwachsen: um das Geschenk der Geborgenheit in ihren Familien.

Zu Hause wurde Georg Häfner am 28. Oktober 1900 getauft.
Wir bitten für alle Kinder, die in unseren Kirchen getauft werden: um gute Lebens- und Glaubensbegleiter, die ihnen helfen, an die Güte und das treue Weggeleit Gottes glauben zu können.

Von seinen Eltern wurde Georg Häfner der Glaube als großer Schatz und innerer Halt mit auf den Lebensweg gegeben.
Wir bitten für alle Eltern, die ganz bewusst den Glauben in ihren Kindern entfachen und nähren möchten: um eine tiefe Verbindung zu dir.

In der Kirche der Karmelitinnen in Himmelspforten war Georg Häfner mit Begeisterung Ministrant.
Wir bitten für alle Ministrantinnen und Ministranten in unserer Diözese: um Freude bei ihrem Dienst, um gute Erfahrungen in der Liturgie und eine gute Gemeinschaft untereinander.

Der Primizspruch von Georg Häfner lautete: „Mache meinen Wandel standhaft auf deinen Wegen, o Herr, dass meine Tritte nicht wanken“ (Ps 16,5).
Wir bitten für uns selbst: um einen Glauben, der festen Halt und Orientierung im Leben gibt und uns auch in schweren Tagen trägt.

Georg Häfner war von 1928 - 1934 Kaplan in Goldbach, Mürsbach und Altglashütten und von 1934 -1941 Pfarrer von Oberschwarzach.
Wir bitten für alle Priester und alle Frauen und Männer, die sich in der Pfarrseelsorge abmühen: um die Fähigkeit, Menschen durch ihr Wort und Tun anzusprechen, und um das Geschenk, sich in den Gemeinden wohlfühlen zu dürfen.

Am 30. Oktober 1941 wurde Georg Häfner von der Gestapo verhaftet und am 12. Dezember ins Konzentrationslager nach Dachau gebracht. Dort starb er völlig entkräftet am 20.August 1942.
Wir bitten für alle, die verdächtigt, verleumdet und ungerecht verurteilt werden: um innere Stärke und letzten Halt in dir.

Am 15. Mai 2011 wird Pfarrer Georg Häfner selig gesprochen.
Wir bitten für die Gläubigen der Diözese Würzburg: um die Stärkung des Glaubens durch das Zeugnis eines einfachen, gläubigen und konsequenten Lebens unseres Seligen.

Herr, unser Gott, du stärkst unseren Glauben durch dein Wort, du stärkst uns durch die Feier der Sakramente und durch das Vorbild unserer Glaubenszeugen. Dafür danken wir dir durch Christus, unsern Herrn.

Lied: 993/1+2

Gemeinsam beten wir das Vorbereitungsgebet auf die Seligsprechung von Georg Häfner (Gebetsblatt)

Segen

Schlusslied: GL 616/1+2


Pfarrer Stefan Mai

© Stefan Mai 2001 - 2024
Alle Rechte vorbehalten.
Vervielfältigung nur mit Genehmigung von Pfarrer Stefan Mai.

www.stefanmai.de