Das war so – alles klar?

Predigt zum 4. Adventssonntag 2010 (Mt 1,18-25)

„Mit der Geburt Jesu Christi war es so...“ Irgendwie blieben meine Gedanken beim Lesen des heutigen Evangeliums bei diesem Einleitungssätzchen hängen.
„Mit der Geburt Jesu Christi war es so...“ Das klingt so klar, so geregelt, so selbstverständlich. So, als hat es einfach so kommen müssen, als hätte es gar nicht anders sein können.
„Mit der Geburt Jesu Christi war es so...aber dann geht es gar nicht so klar weiter. Es wird geschildert, dass es ganz anders hätte kommen können. Es wird erzählt, dass es gar nicht so klar war mit Josef und Maria. Von Trennungsabsichten ist sogar zu hören. Von Gewissenszweifeln und großen Fragen, von Ängsten, von hin- und herüberlegen. Da wäre Josef fast nicht mehr rausgekommen - ohne diesem himmlischen Stups.
Wie gerne hätte auch ich Klarheit, was wichtig und richtig ist. Welcher Schritt eindeutig der richtige ist, wenn schwere Entscheidungen anstehen. Wie gerne hätte ich es eindeutig, wenn ich nicht mehr weiß, welchem Gefühl ich trauen soll. Wie gerne hätte ich absolute Sicherheit, wenn ich auf etwas Neues zugehe, und glasklar den richtigen Weg vor Augen, wenn ich nicht weiter weiß.
Ja, das wäre schön: Keine offenen Baustellen mehr, keine offenen Fragen, keine Unwägbarkeiten. Kein „Aber“, kein „Wenn“, kein „Vielleicht doch“, kein „Hätte ich“.
Ja, das wäre schön: Die Dinge glasklar, das Leben überschaubar und berechenbar. Ja, wie schön wäre das, was würde ich dafür geben.

Die verwickelte Geschichte die hinter dem glasklaren Satz „Mit der Geburt Jesu Christi war es so...“ folgt, macht mir aber wieder einmal klar. Mit dem Leben ist es aber nun einfach einmal so:

nie abgeschlossen
ergebnisoffen,
nicht wiederholbar,
immer wieder neu,
Spannung vorprogrammiert.


Pfarrer Stefan Mai

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