Santa Claus und Rudolph, das rotnasige Rentier

Ansprache zur Nikolausfeier im Wohnstift Steigerwald

In Amerika wird der Nikolaus „Santa Claus“ genannt. Die amerikanischen Kinder glauben fest, Santa Claus lebt in einem riesigen Land, wo es fast nichts als Spielzeuge und Rentiere gibt. Dieses Land liegt am Nordpol. Die Kinder sind sicher, dass Santa Claus Besitzer einer großen Fabrik ist, in der alle Spiele hergestellt werden, die es auf der Welt gibt. Die Mitarbeiter des Santa Claus sind eine Schar von Engeln, die ihm dabei helfen, die Spielzeuge an die Kinder zu verteilen. Außerdem leben in dem Land von Santa Claus die Rentiere, die er zur Weihnachtszeit vor seinen Schlitten spannt und dann mit ihm zu den Kindern fliegt, die Geschenke zu überbringen. Ganz vorneweg zieht ein besonderes Rentier die Schlitten von Santa Claus, es ist Rudolph, das rotnasige Rentier.
Robert May, ein Angestellter einer Kaufhauskette, erfand Rudolph, das rotnasige Rentier, 1939 als Weihnachtswerbefigur.
Rudolph, das Rentier, lebte in der Umgebung des Santa Claus, der Chef einer großen Spielzeugfabrik war, die all die Spielzeuge, die es auf dieser Welt gab, herstellte. In der Weihnachtszeit dann verteilte er sie an die Kinder.
Um die Fabrik herum lebten die Herden der Rentiere, aus deren Mitte immer zur Weihnachtszeit einige ausgewählt wurden, um den Schlitten von Santa Claus zu der Welt der Kinder zu ziehen.
Unter den vielen Rentieren gab es eines, der hieß „Rudolph“. Er war in seiner Gestalt etwas kleiner und auch weniger stark als jedes andere Rentier. Zudem war noch nicht einmal das Geweih von Rudolph so prächtig wie das der anderen Rentiere, und was das aller, allerschlimmste war: Rudolph, das Rentier, hatte eine knallrote Nase - die war so rot, dass sie sogar im Dunkeln leuchtete.
Von Rentierkindesbeinen an hänselten die Rentiere Rudolph - wo er auch hinkam, er wurde verlacht und verulkt. Rudolph konnte nicht anders, als von sich zu denken, er sei zu gar nichts nütze – er sei gar nichts wert.
Es war wieder einmal soweit, dass Santa Claus sich auf die lange Reise begeben wollte, um die vielen Geschenke an die Kinder zu verteilen. Wie jedes Jahr kam dieser eine besondere Tag, an dem Santa Claus wieder die stärksten und schönsten Rentiere aussuchte, die seinen Schlitten ziehen sollten. Es gab viel Bewerber, die in langen Schlangen vor den Toren der Fabrik standen, denn es war natürlich eine große Ehre vor den Schlitten des Santa Claus gespannt zu werden. Auch Rudolph, das Rentier, war vor die Fabrik gezogen und schaute mit seinen traurigen Augen auf die vielen Rentiere, die alle größer und stärker waren, wie er selbst.
Als Santa Claus seine Wahl getroffen hatte, wurden acht stattliche Rentiere vor seinen Schlitten gespannt und es war auch höchste Zeit, denn die Reise sollte schon in Kürze starten. Doch da zog ein derart dichter Nebel auf, wie ihn Rudolph, der immer noch gebannt den Schlitten bestaunte, in seinem Leben noch nie gesehen hatte. Und er hörte die Stimme von Santa Claus, der in großer Verzweiflung rief, unter diesen Bedingungen könne er nicht starten, weil er weder den Weg noch den Zettel erkennen konnte, auf dem all die Geschenke vermerkt waren, die für die verschiedenen Kinder gedacht waren.
Rudolph, der auch den Schlitten schon nicht mehr sehen konnte, trat näher an die Stelle heran, aus der die Stimme zu vernehmen war. Plötzlich hörte er ein erstauntes Rufen des Santa Claus: „Ich kann sehen. Ich erkenne sogar, was auf meinem Zettel steht, wo kommt dieses rote Licht nur her.“
Und kleinlaut sagte da Rudolph, das Rentier: „Das rote Licht ist meine Nase - meine rote Nase.“
„Aber das ist ja großartig,“ rief da der Santa Claus, „dann ist ja doch nicht alles verloren. Komm sei Du mein Leitrentier, dann werden wir den Weg schon finden.“
Rudolph, der ja gewohnt war, dass jeder über ihn spottete, konnte es gar nicht glauben, aber er wusste eines mehr als alles andere: Santa Claus würde nicht über ihn spotten. Er sagte immer was wahr und richtig war; und so hüpfte das Herz von Rudolph im gleichen Moment in großer Freude. Rasch eilte er an den anderen Rentieren vorbei in die vorderste Reihe und wurde dort in Windeseile vor den Schlitten gespannt. Die anderen Rentiere sahen dies ohne Neid, denn auch sie dachten an ihren Auftrag und wussten ihn ohne die Hilfe von Rudolph nicht auszuführen.
Seitdem wird der Schlitten von Santa Claus von neun Rentieren gezogen und wann immer in der Weihnachtszeit ein rotes Licht am Himmel erscheint wissen die Kinder, dass Rudolph, das Rentier, wieder mit Santa Claus unterwegs ist.
Liebe Seniorinnen und Senioren,
bis zum Überdruss wird das Lied von „Rudolph, the red nosed rendeer“ in der Adventszeit in den Kaufhäusern als Ohrwurm gespielt. Aber wenn man weiß, dass der Erfinder dieser Geschichte, Robert May, selbst das Schicksal des aus körperlichen Gründen Zurückgesetzten als Kind am eigenen Leib erfahren hat, und somit mit dieser Geschichte eigentlich eine Geschichte geschrieben hat, die in der Weihnachtszeit für eine Sensibilität für Menschen mit Behinderung, für Menschen, die übersehen oder an den Rand gedrängt werden, werben will, dann steckt doch hinter dieser amerikanischen Santa Claus Werbe-Geschichte für mich ein tiefer christlicher Kern. Letzten Endes weist sie doch verdeckt auf das Kind in der Krippe hin, das sich zu einem Mann entwickeln wird, der sich gerade der Gebeugten, der Verlachten und derer, die meinen, sie gelten nichts und sind überflüssig auf dieser Welt, besonderes Augenmerk schenkt.
Ich denke, gerade das ist auch für alte, gebrechliche und behinderte Menschen der große Trost von Weihnachten: In Seinen Augen zähle ich etwas.


Pfarrer Stefan Mai

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