Weißt du wie´s im Himmel ist?

Predigt zum 32. Sonntag im Jahreskreis (Lk 20,27-38)

Wer von uns hätte nicht schon einmal gern gewusst, wie es im Himmel aussieht. In fränkischen und bayerischen Barockkirchen haben Maler ihre Vorstellungen hoch in die Kuppeln gemalt: Da schwirrt es von Engeln und Heiligen. Ein buntes Festtreiben um den lieben Gott herum. Alles in strahlendes Licht getaucht. Der Betrachter schaut staunend in die Höhe. In wie vielen Menschen weckten diese Himmelsgemälde die Sehnsucht: Ja hoffentlich bin ich da auch einmal dabei.

Ja, wer von uns wüsste es nicht gern, wie es im Himmel aussieht und zugeht? Mit dieser Frage beschäftigen sich auch zwei Gestalten der bayerischen Volksliteratur.

Am Allerheiligenabend war er - wie fast jedes Jahr - wieder zu sehen im Bayerischen Fernsehen: der Brandner Kasper. Weil er so an seinem Leben und an seiner Heimat hängt, schlägt er dem Tod ein Schnippchen, beschwipst ihn und bescheißt ihn beim Kartenspiel mit Erfolg: Bis zum 90. Geburtstag darf er auf der Erde bleiben. Vom Himmel schwer gerügt und durch das Schlitzohr gebrannt, traut der Boandlkramer diesem gewieften Brandner Kasper auch beim 90. Geburtstag nicht mehr über den Weg und vereinbart mit ihm erst ein Probeschauen im Himmel. Anrührend die Szene wie der alte Brandner Kasper einen Blick in den Himmel werfen darf. Das Gefühl von Glückseligkeit umgibt ihn, wie ihm der Pförtner Petrus das Paradies zeigt.
Und dieses Paradies ist ein richtiger bayerischer Himmel - mit hohen Bergen, grünen Almen, rauschenden Bächen und natürlich mit all den lieben Menschen, die schon gestorben sind und auf den Brandner Kasper warten, der ja auf der Erde überfällig ist und schon längst im Himmel sein sollte.
Und wie sollte es sein: Der Brandner Kasper ist von diesem bayerischen Himmelsparadies so begeistert, dass er sofort in seinem heimatlichen Himmel bleibt und dann von Petrus, Michael, seinen Angehörigen und allen Heiligen durch die goldene Pforte vor den Allerhöchsten geführt wird. Ganz so wie daheim darf er sich im Himmel fühlen.

Anders ergeht es dem Dienstmann Alois von Ludwig Thoma als „Münchner im Himmel“. Auch er möchte im Himmel seine geliebten Münchner Gewohnheiten finden. Doch da gibt es auf einmal nichts davon, was auf Erden ein Stück Glückseligkeit war. Das Münchner Hofbräuhaus und eine Maß Bier fehlt. Als Engel Aloisius ist der Münchner im Himmel gar nicht einverstanden, wie das Paradies ausschauen soll. Er bringt die Engel schier zur Verzweiflung, weil er dagegen rebelliert, was er dort als Engel tun soll: auf einer Wolke sitzen und den ganzen Tag Halleluja singen. Und das bei Manna anstatt Bier.

Zwei lustige Volksstücke. Aber hinter ihnen steht die ernste und große Frage: Wie soll ich mir den Himmel vorstellen? So wie der Brandner Kasper? Gibt es in der anderen Welt einfach eine Fortsetzung von dem, was mir hier auf Erden lieb und teuer war? Werden nach dem Tod einfach die Pferde gewechselt und es geht weiter wie bisher mit irdisch glücklichen Momenten. Der Himmel als Fortsetzung des irdischen Glücks?
Oder wird es einmal heißen - wie es dem Dienstmann Alois klar gemacht wurde: Eine Fortsetzung findet nicht statt. Im Himmel wird es einmal völlig neue Kategorien geben. Unsere menschlichen Vorstellungen von einem Himmel, wie wir uns ihn ausmalen, werden einmal kräftig durchkreuzt?

Im heutigen Evangelium konstruieren die Sadduzäer einen kniffligen Fall. Eine Frau hat sieben Männer überlebt. Mit der hämischen Frage: Na Jesus, wenn diese Frau in den Himmel kommt, wem wird sie dann einmal gehören?, wollen sie ihn lächerlich machen und in die Enge treiben. Jesus gibt eine rätselhafte Antwort: „Nur in dieser Welt heiraten die Menschen. Die aber, die Gott für würdig hält, an jener Welt und an der Auferstehung der Toten teilzuhaben, werden nicht mehr heiraten. Sie können auch nicht mehr sterben, weil sie Engeln gleich und durch die Auferstehung zu Söhnen Gottes geworden sind.“

Was soll diese Antwort bedeuten? Sie bedeutet auf jeden Fall: Es wird nach Jesu Meinung nach nicht die Wiederkehr des ewig Alten, des ewig Gleichen geben. Es werden nicht einfach die Pferde gewechselt und es geht weiter wie immer. Der Himmel ist nicht einfach eine Fortsetzungsfolge des Erdenspiels. Da wird es völlig neue Kategorien geben. „Den Engeln gleich“, d.h. für mich: Menschen werden auf einmal auf Gott hin transparent und durchsichtig. Und zu „Söhnen Gottes werden“, das deutet für mich eine neue Beziehungsqualität zu Gott an. Mehr sagt Jesus nicht, keine Himmelsdetails, keine Bilder vom Himmel werden hier transportiert. Nur der feste Glaube: Gott ist ein Gott des Lebens!

Sind Sie von der Antwort Jesu im Evangelium enttäuscht?
Egal, wie die Antwort lautet: Der Himmel wird für uns alle einmal die größte Überraschung sein. Wie sie ausschaut, das behält sich der Gott des Lebens vor!


Pfarrer Stefan Mai

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