Andacht am Fest Mariä Himmelfahrt auf dem „Hörnle“ in Oberschwarzach

Lied: Es blüht der Blumen eine/ 1+2

Dieses emotionale Marienlied spricht in einer romantischen Sprache von einer besonderen Blume, die in ein dunkles Herz hineinscheint, von einer Blume, von deren Duft Menschen gesunden. Und nennt den Namen dieser Blume: Maria.

Am Fest Mariä Himmelfahrt werden verschiedene Kräuter und Blumen in den Würzweihbüschel hineingebunden, die aus Jahrhunderte langer Erfahrung - und auch durch neueste Forschung belegt - Heilkräfte in sich tragen.
Die Naturheilkunde ist seit längerer Zeit wieder in. Eine Zeit lang vergessen, erlebte sie in den letzten Jahrzehnten einen ungeheueren Aufwind. Viele beginnen wieder, Tees und Heilkräuter zu sammeln. Alte Naturheilkunderezepte werden wieder studiert. Die Wirkung von Heilkräutern ist wieder anerkannt.
Eines der berühmtesten Werke der Naturheilkunde ist das Buch „Heilkunde“ der Nonne Hildegard von Bingen. Es stammt aus dem 12. Jahrhundert. Es ist interessant, wie dieses Buch beginnt: Mit der Schöpfungsgeschichte. Hildegard stimmt zu: Gegen den Tod ist kein Kraut gewachsen, aber sie ist überzeugt: Gott legt Heilkräfte in die Natur, die auch Menschen in ihren Krankheiten Hilfe bringen.

Solche heilenden Kräfte liegen in den Kräutern des Würzweihbüschels. Stark symbolisch sind die Zahl der Kräuter, die je nach Region in den Strauß gebunden werden: 7, 9, 12, 14, 24, 72, oder gar 99.
So erinnert die Zahl sieben an die 7 Schöpfungstage
9 = 3x3 - und erinnert an die Dreifaltigkeit oder die 9 Chöre der Engel
12 ruft die Erinnerung an die 12 Apostel und 14 an die 14 Nothelfer wach, 24 an die zwölf Stämme Israels und die 12 Apostel.
In dieser Andacht möchte ich wieder einmal 7 Heilkräuter vorstellen und zu uns sprechen lassen oder besser gesagt in ihrer spezifischen Eigenart zu Gott beten lassen.

Lied: Es blüht der Blumen eine/ 3

1 - Das Johanniskraut betet

Gott, von dir heißt es: Du zerbrichst nicht das geknickte Rohr und löschst den klimmenden Docht nicht aus. Du siehst doch die Not und das Elend der Menschen, die in die Depression gefallen sind und durch dunkle Schluchten gehen müssen.
Deswegen hast du alle Energie des Sommers in meine Blüten und Blätter gelegt. Viele gute, menschenfreundliche Eigenschaften. Denn ich löse die Ängste, helle die Stimmung auf, mache dein Licht in ihrem Dunkel sichtbar. Ein Wissenschaftler hat das Entscheidende getroffen, als er feststellte, dass durch mich die innere Aufnahme des Sonnenlichtes verstärkt wird. Das ist besonders für die depressive Zeit zwischen November und März so wichtig.
Johannes der Täufer hat mir seinen Namen geliehen, denn um seinen Tag herum blühe ich am intensivsten. Ich nehme an diesen längsten Tagen des Jahres die Sonnenkraft auf, um sie an Menschen weiterzugeben.
Ich hoffe, dass niedergedrückte Menschen mit meiner Hilfe bald wieder frohgemut beten können: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil. Vor wem sollte mir bangen? Du hast mir Raum geschaffen, als mir angst und bang war!“

Wir beten ein Gegrüßet seist du, Maria mit dem Zusatz:
- der Menschen in ihren Ängsten zur Seite stand

Lied: Es blüht der Blumen eine/ 4

2 - Der Beifuß betet

Du Gott des Weges,
Mugwurz, Machtwurz haben mich die alten Germanen genannt und als Zeichen seiner Kraft trug der Donnergott Thorwur einen Gürtel aus meinen Blättern. Heute nennen mich die Menschen „Beifuß“. Dieser Name ist mir viel lieber und passt auch besser zu mir. Denn ganz unscheinbar stehe ich oft an den Rändern von staubigen Straßen. Schon die alten Römer legten sich meine Blätter in die Sandalen, um ihre Füße vor Übermüdung zu schützen - eine Vermutung, die sich auch in dem deutschen Namen "Beifuß" widerspiegelt. Früher kannte man noch nicht die teuren Schuhsohlen und behalf sich so auf "natürliche" Weise - deshalb nannte man mich auch die "Kraftpflanze der Wanderer". Aus meinen frischen Blättern kann man sich heute noch nach langen Wanderungen ein wohltuendes Fußbad gegen geschwollene Füße machen.
Gott du weißt doch selber am besten, welch staubige, steinreiche und bucklige Wege die Menschen in ihrem Leben oft zu gehen haben. Oft wissen sie nicht, wie alles weitergehen soll und ob sie die Kraft dazu haben. Du bist doch ein Gott des Weges, der das Volk Israel den gefährlichen Weg durch die Wüste geführt hast. Du gehst auch heute alle Wege mit. Begleite die Menschen auf ihrem Weg. Sei du im Dunkeln ihr Licht, in der Ermüdung ihre Rast und alle Tage ihr Ziel, in dem sie das Glück und den Frieden finden.

Gegrüßet seist du, Maria mit dem Zusatz:
- der auf den staubigen Straßen seiner Heimat unterwegs war

Lied: 897/ 1

3 - Die Schafgarbe betet

Ich weiß nun wirklich nicht, wie ich zu meinem Namen gekommen bin. Eines ist sicher: Auch von einem dummen Schaf lässt sich lernen. Dumme Schafe gibt es nicht. Sie fressen mich nicht nur, weil ich ihnen schmecke. Sie suchen meine Hilfe, wenn sie gebläht sind oder Durchfall haben.
Ich habe es amtlich: Ich wirke blutreinigend, wundheilend, entzündungshemmend. Der griechische Held Achilles stampfte meine Blätter zu einem Brei, um damit die Wunden eines Königs zu heilen.
Ein Sprachwissenschaftler hat mich aufgeklärt, was es mit „garb“ auf sich hat. Es ist das althochdeutsche Wort für heilen. Ich könnte auch Schafsheilkraut heißen. Aber wie gesagt bin ich nicht nur für Schafe nützlich.
Gott du kennst doch die vielen Verwundungen, unter denen Menschen leiden. Die Wunden, die nicht heilen wollen oder immer wieder aufbrechen. Wenn meine Kraft nicht mehr reicht, dann sei du wenigstens Balsam für Körper und Seele.

Gegrüßet seist du, Maria mit dem Zusatz:
- dessen Worte und Ausstrahlung Menschen gut taten

Lied: 897/2

4 - Der Salbei betet

Schon Karl der Große hat mich sehr geschätzt. An meinem Platz im reichhaltigen Kräutergarten der Mönche gab es eine Inschrift: Warum stirbt ein Mensch, wenn doch Salbei im Garten wächst? Das ist der alte Traum des Menschen vom ewigen Leben.
Salvia heißt mein Name auf lateinisch. Ich bin so etwas wie die heilsame Ratgeberin der Natur und eine Art Lebenselexier. Ich bin Gut für Tees und Pastillen, die den Husten stillen. Und Salbeikartoffeln? Ich höre Genießer mit der Zunge schnalzen.
Ich habe es zwar schon immer geahnt, aber auf diese Entdeckung bin ich mächtig stolz: Wissenschaftler sind drauf und dran, aus meinen Wirkstoffen ein Mittel gegen Gedächtnisschwund und Altersdemenz zu entwickeln. Vielleicht werde ich dann auch von den Jungen wieder entdeckt, die Gefahr laufen, dich zu vergessen, Gott. Ich werde mir diese Hoffnung hinter die Blätter schreiben.

Gegrüßet seist du, Maria mit dem Zusatz:
- der Menschen Gott dauernd in Erinnerung brachte

Lied: 897/5

5 - Der Sauerampfer betet

„Sauer macht lustig“ an dieser Volksweisheit ist etwas dran. Wie gerne würde ich traurige Verstimmungen lösen und Menschen in fröhlicher Runde zusammenführen.
Ich eigne mich nicht nur als Salatgewürz; eine Suppe aus meinen Frühjahresblättern schmeckt vorzüglich und regt den Appetit an, ganz zu schweigen von der Blutreinigungskur, die sich damit verbinden lässt. Manche meiner Liebhaber haben mich längst in ihren Garten geholt.
Gott, du kennst doch die gehärmten Gesichter von frommen Menschen, die dir den ganzen Tag vorjammern, wie schlecht die Welt doch ist. Wie gut würde es ihnen tun, wenn ihre Frömmigkeit ein wenig heiterer und freundlicher wäre. Gerne würde ich mich mit einer Sauerampferkompresse dafür anbieten.
Wie oft wird behauptet: In der Bibel wird niemals erzählt, dass Jesus gelacht hat. Es wird nur erzählt, dass er geweint hat. Ich bin mir doch sicher, dass sein Lachen auf Hochzeiten, Besuchen und Mählern so selbstverständlich war, dass es gar nicht eigens erzählt werden muss. Ach lieber Gott, schenke doch deinen Frommen mehr Freundlichkeit, Wärme und Gelassenheit.

Gegrüßet seist du, Maria mit dem Zusatz:
- der gerne mit Menschen gefeiert hat

Lied: 897/6

6 - Die Kamille betet

Ich will ja nicht angeben, lieber Gott, aber unter deinen Heilpflanzen bin ich ein wahrer Tausendsassa. Deswegen bin ich seit alters her bei den Menschen so beliebt: Als Tee zum Trinken gegen Magenschmerzen und zum Gurgeln bei Mandelentzündungen, als heilendes Sitzbad für Wunden. Ich wirke krampflösend und beruhigend. Deswegen werde ich auch als wahres Wunderkraut bei Nervosität und Magenschmerzen empfohlen.
Lieber Gott, verzeih mir bitte meinen Stolz. Du weißt doch, dass ich sonst sehr anspruchslos bin , auf ganz mageren Böden wachse und sogar auf den Schutthalden. Ob ich vielleicht gerade heutigen Menschen mit meiner Anspruchslosigkeit so gut tue, die häufig überhöhte Ansprüche an sich selbst, an ihre Mitmenschen und überhaupt an das Leben stellen und deswegen immer nervöser werden und mehr und mehr unter Schlaflosigkeit leiden. Lass doch Menschen wieder mehr dieses einfache Heilmittel schätzen: Einfachheit und Bescheidenheit.

Gegrüßet seist du, Maria mit dem Zusatz:
- der Menschen dienlich sein wollte

Lied:896/1

7 - Die Königskerze betet

Als Königskerze darf ich immer in der Mitte des Würzweihbüschels stehen. Deswegen haben mich die Alten auch Marienkerze genannt. Bis zu 2 m bin ich ja groß und stehe majestätisch aufrecht wie eine Kerze.
Früher hat man mich mit Teer und Pech bestrichen und wurde als brennende Fackel verwendet und sollte Gewitter und Blitzschlag abwehren. Der große Arzt der Antike, Hippokrates, setzte mich schon in der Wundbehandlung ein. Heute bin ich geschätzt als wohltuend bei Heiserkeit, als Schutz und Reizmilderung für die Bronchien, bei Husten, Mandel- und Kehlkopfentzündungen. Schleimlösend wirken meine Kräfte bei hartnäckigen Erkältungen.
Gott, du spürst doch selbst, wie laut unsere Zeit geworden ist. Wenn Politiker Reden halten, reden sie meist nicht im normalen Sprechton. Sie meinen oft, mit lautem Schreien die Wichtigkeit ihrer Worte unterstreichen zu müssen. Ebenso stelle ich diese Krankheit bei vielen Kirchenmännern fest. Wie gern würde ich da meine Heilkräfte anbieten. Ebenso, wenn es um viele Menschen herum kalt geworden ist und sie daran seelisch krank werden.
Ich bitte dich, lass doch Menschen neu begreifen, dass sie nicht mit Lautstärke und eiskalten Wirtschaftsdenken die Welt menschlicher und wärmer machen. Ich stehe aufrecht und blühe. Lass Menschen neu begreifen, dass die Welt menschlich wird, wenn Menschen versuchen aufrichtig vor dir, vor sich selbst und vor ihren Mitmenschen zu leben.

Gegrüßet seist du, Maria mit dem Zusatz:
- der immer wieder Menschen aufgerichtet hat

Lied: 896/2

Gebet: Du Schwester aller

Segen - Choral

Für die Idee danke ich Roland Breitenbach, Mir ist danach zumute...Gebete der Pflanzen das Jahr hindurch.


Pfarrer Stefan Mai

© Stefan Mai 2001 - 2024
Alle Rechte vorbehalten.
Vervielfältigung nur mit Genehmigung von Pfarrer Stefan Mai.

www.stefanmai.de