Es geht aufwärts...

Predigt zum Fest Mariä Himmelfahrt 2010

Im Jahr 2007 fand in Waldkirchen im Bayerischen Wald eine regionale Gartenschau statt. Sie hatte ein besonderes Motto: „Aufwärts, himmelwärts...und alles zaubert sich nach oben“. Dieses Motto wurde sprachspielerisch von den besonderen Naturprojekten dieser Gartenschau her entwickelt. Da ging der Weg vom Stadtpark über die „Augenweide“ durch den „Zauberwald“ aufwärts zur barocken Karoli-Kapelle. Diese liegt hoch oben auf 700 m Höhe und zu ihr führt am Schluss eine Lindenallee mit uralten Lindenbäumen durch das Areal des „grünen Himmels“. Dieser „grüne Himmel“ lädt die Besucher zu einem weiten Blick in die Umgebung ein und ist ein Ort der Ruhe und der Besinnung.

„Aufwärts“, das ist nicht nur ein Motto für eine Gartenschau. „Aufwärts“, das ist eine Ursehnsucht, die wie ein roter Faden das ganze Leben durchzieht:
Hoffentlich geht es bald wieder aufwärts, sagen Kranke.
Hoffentlich geht es bald wieder aufwärts, denkt der Schüler nach schlechten Noten.
Hoffentlich geht es bald wieder aufwärts, hören wir von Vertretern der Wirtschaft in Zeiten der Flaute und des Rückgangs.
Hoffentlich geht es bald wieder aufwärts, wünschen sich Sportler und Sportfunktionäre nach Misserfolgen und Niederlagen. Hoffentlich geht es bald wieder aufwärts, bangen die Börsianer bei sinkenden Kursen und Verlusten.
Hoffentlich geht es bald wieder aufwärts! Hoffentlich geht es aufwärts! Darin drückt sich Hoffnung aus. Darin spiegelt sich das ganze Leben des Menschen: Hoffentlich geht es aufwärts!

Das Fest Mariä Himmelfahrt malt uns diese menschliche Ursehnsucht „Es geht aufwärts“ vor Augen. In wie vielen bayerischen Kirchen wird unser Blick emporgehoben zum Deckenfresko oder zum Altarbild der aufwärts, himmelwärts steigenden Mutter Gottes. Vor allem die Barockkirchen haben dieses Motiv sehr geliebt. Mit ausgestreckten Armen strebt Maria himmelwärts oder wird von Engeln in die Herrlichkeit Gottes aufwärts empor getragen. Diese Bilder von Mariä Himmelfahrt wurden oft in Zeiten bitterster Not gemalt. Für mich ist die aufwärts, himmelwärts steigende oder getragene Maria ein mutmachendes Bild. Da heißt es nicht einfach „Kopf hoch - es wird scho’ wieder!“ Nein! Da werde ich eingeladen, mich in dieses Bild hineinnehmen zu lassen und auch für mich zu glauben und zu hoffen, was an dieser Maria dargestellt wird.
Ich kann nur erahnen, welcher Segen diese Bilder in unseren Kirchen für Menschen in den Niederlagen des Lebens waren und sind: in Situationen, wo sie spürten, es geht bergab und gerade beim Blick in die Tiefe des Grabes. Ich kann nur erahnen, welche stummen Impulse von diesem optimistischen Marienbild im Lauf der Jahrhunderte ausgegangen sind und welche Lebensbejahung und welchen Lebenszuspruch diese Bilder „aufwärts-himmelwärts“ in Menschen wieder neu geweckt haben - ohne groß Worte zu machen.


Pfarrer Stefan Mai

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