Ins kalte Wasser geschmissen

Predigt zum 14. S. i.J. (Lk 10,1-12.17-20) – Kilianisonntag

Einleitung

In Schweinfurter Raum ist Schwester Iduberga vom Theresienheim ein Begriff. Jahrzehntelang hat sie in ihrer Nähstube jungen Frauen schneiderische Fähigkeiten beigebracht und war gleichzeitig eine Anlaufstelle für viele, die ihr Herz ausschütten wollten oder einen Rat suchten.

Als nach einem Schlaganfall ihre Kräfte abnahmen, musste sie ihre geliebte Arbeit und Umgebung hinter sich lassen und kam nach Heidenfeld ins Schwesternaltenheim. Im letzten Jahr traf ich sie wieder einmal und fragte sie, wie sie denn diese Umstellung verkraftet hat. Da gab sie mir prompt zur Antwort: „Bua, des west de doch a, me nimmt sich überall selber mit!“
Dieser Satz baut mir heute eine Brücke zu Kiliani und zum heutigen Evangelium.

Predigt

Man muss es sich ganz konkret vorstellen: Eines Abends wurden sie abkommandiert und am nächsten Morgen ging’s los. Sie wurden in Boote aus Tierhäuten gesetzt und ins Meer gestoßen. Dort, wo sie an Land gespült werden, dort sollten sie den christlichen Glauben predigen und Menschen für den Glauben gewinnen.

Man muss es sich ganz konkret vorstellen: Mit nichts in der Hand. Nicht einmal der Sprache mächtig. Keine Empfehlungsschreiben. Keine Vorbereitung. Keine Strategie. Keine Hilfsmittel. Einfach dort beginnen, wo sie wieder Boden unter die Füße bekamen.

Das war der Anfang der Frankenmission. Kilian und seine Gefährten wurden buchstäblich ins kalte Wasser geschmissen. Zappel oder stirb! Einfach verrückt? Nein! Hinter dieser unprofessionellen Mission der iroschottischen Mönche stand eine klare Handlungsanweisung. Wir haben sie gerade im Evangelium gehört. Es ist die Aussendungsrede Jesu:

Geht und nehmt nichts mit auf den Weg. Keinen Geldbeutel. Keine Vorratstasche. Keine Schuhe.

Was in aller Welt sollen sie dann mitnehmen, wenn sie alles zurücklassen sollen? Nichts als sich selbst. Das genügt.

Das ist die eigentliche Strategie Jesu: keine Tricks, keine besondere Ausstaffierung, keine Pastoralpläne, keine Programme, keine Patentrezepte – nur die Überzeugung: Du bist die Botschaft. Auf dich als Mensch kommt es an. Auf deine Gaben, für die es keine Vorrasttasche braucht. Auf deine Freundlichkeit, auf dein Einfühlungsvermögen, auf deine Zähigkeit, auf deine Begeisterung für die Sache.

Liebe Leser, die Mission Frankens verdankt sich dieser Strategie, die alles auf die Person setzt. Das ist der große Reichtum, was ich in mir an Begeisterung, an Feuer, an Ideen mit mir trage. Und je mehr ich an äußerlichen Reichtümern mitnehme, desto mehr gerät dieser persönliche Reichtum ins Hintertreffen.

Ich glaube, das ist die entscheidende Lektion für unsere Kirche heute. Was schleppen wir alles an äußerlichen Reichtümern mit: an Immobilien, Stiftungen und Pfründen. Was schleppen wir alles an Ausstattungen mit, an raffiniertester Kommunikationstechnik, an Programmen für Berufungs-, Alten und Jugendpastoral. Und wenn wir ehrlich sind: Was hat das alles gebracht?

Ich glaube, es wäre höchste Zeit, die Lektion der Frankenapostel wieder neu zu lernen, die diese wiederum von Jesus gelernt haben. Die Lektion ist einfach: Nimm nur dich selbst mit! Deine Gaben und deine Begeisterung, das ist es, was ansteckt – sonst nichts!


Pfarrer Stefan Mai

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