„Der Papa wird’s schon richten“

Predigt zum 2. Sonntag im Jahreskreis (Joh 2,1-12)

Ich denke, Sie haben das Lied vom braven Papa schon alle mal gehört oder gesungen:

Das hier ist die Geschichte, von einem braven Mann.
Wann immer Not am Mann ist, na da muss der Arme ran.
Denn wenn das Klo verstopft ist, die Badewanne leckt,
wenn die Familie bis zum Hals in Schwierigkeiten steckt,
dann heißt es "Papa vor!" Da rufen sie im Chor:

Der Papa wirds schon richten, der Papa macht´s schon gut.
Der Papa macht sonst alles ,was sonst keiner gerne tut.
Der Papa wird´s schon richten, wir haben ja zum Glück
den guten alten Papa, unser bestes Stück...


Ja, der Papa wird´s schon richten - so manches Mal wird dieser alte Song an Fasching wieder ertönen. Der Papa wird´s schon richten. Irgendwie, glaube ich, ist diese Auffassung auch eine häufig anzutreffende Glaubenshaltung. Wenn Menschen in Schwierigkeiten stecken, wann immer Not am Mann ist, da muss der liebe Gott ran. Wir kennen die Verlegenheiten des Alltags, die Situationen, wo wir nicht weiterwissen und weiterkommen, die kleinen und großen Katastrophen.
Wie oft sehnen wir uns dann in solchen Situationen danach, dass einer da ist, der alles wieder richten wird und der das Heft in der Hand hat. Wie gerne würden wir da Gott einspannen, dass da Abhilfe geschieht. Wie oft fragen wir uns in solchen Situationen:
Kümmert es ihn denn nicht, dass Menschen freudlos werden? Kümmert es ihn nicht, dass ein blindes Schicksal unerbittlich zuschlägt, dass Menschen direkt vom Leid überrollt werden oder sich gegenseitig das Leben zur Hölle machen. Und wir verstehen oft nicht, dass trotz so flehentlicher Bitten von Menschen Gott sich nicht hineinziehen lässt in die Not dieser Welt, das ganze wieder richtet oder wenigstens ein Machtwort spricht.

Im heutigen Evangelium wird uns diese Sehnsucht nach einem, der alles richten wird, im Bild vor Augen geführt. Auf der Hochzeitsfeier in Kana bahnt sich eine kleine Katastrophe an. Sie haben keinen Wein mehr. Das Fest, die Lebensfreude würde in sich zusammensacken. Maria merkt dies und ist in Sorge. Sie will Jesus einspannen. Er soll es wieder richten. „Sie haben keinen Wein mehr“, flüstert sie ihm zu und hofft, dass er auf diese Notlage reagiert. Doch da kommt es barsch von ihm zurück: „Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen!“ Von wegen, der Papa wird´s schon richten.
Die Reaktion von Maria erstaunt mich. Sie ist nicht enttäuscht und fängt mit Jesus nicht zu diskutieren an. Sondern sagt nur zu den Dienern: „Was er euch sagt, das tut!“ Wie soll man das alles deuten? Die Frage ist: Wann ist dann seine Stunde?

Wir müssen vom Anfang des Johannesevangeliums weiterlesen bis zum 13. Kapitel, bis zum Beginn der Abendmahlserzählung. Da heißt es: „Es war vor dem Paschafest. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, aus dieser Welt zum Vater zu gehen“. Als besonderes Zeichen seiner Liebe setzt Jesus in dieser Stunde eine außerordentliche Geste: Er steht vom Mahl auf und wäscht jedem einzelnen seiner Schüler die Füße – wie ein Sklave. Und auf die Verwunderung der Schüler hin, legt er ihnen die Worte ans Herz: Wenn ich, der Meister und Herr, euch die Füße gewaschen habe, müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit auch ihr tut, wie ich an euch getan habe“ (Joh 13,14f.).

Wie ein feierliches Testament vertraut Jesus seinen Jüngern in dieser Abschiedsstunde seine Worte vom gegenseitigen die Füße Waschen an. Er bittet sie förmlich um die Haltung, als Menschen einander dienlich sein.

Was uns als so brüsk und kaltschnäuzig in der Erzählung von Kana erscheint: „Frau, was willst du von mir, meine Stunde ist noch nicht gekommen“, gewinnt in diesem Zusammenhang ein ganz andere Note. Denn dann heißt dies: Wenn Menschen zu einer solchen Lebenshaltung des einander Dienens, des aufeinander Aufmerksam-Werdens und der echten Hilfsbereitschaft fähig sind, dann brauchen sie nicht gleich alles auf den Papa, der alles schon irgendwie wieder richten wird, abzuwälzen. Dann geschieht das Wunder gleichsam unbemerkt. Und trotzdem braucht keiner Unmögliches zu tun. Jesus weiß, wir alle kochen nur mit Wasser. Und deshalb brauchen wir im Leben auch nur unser banales Wasser in die Krüge des Gemeinwohls zu füllen. Allein diese Haltung würde eine Gesellschaft verwandeln.


Pfarrer Stefan Mai

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