... steht auch mir zur Seite
Christmette 2009
Einleitung
Bei jedem christlichen Fest gibt es einen großen theologischen Inhalt. Gott sei Dank, jeder Kirchgänger weiß noch, was der große theologische Inhalt des Weihnachtsfestes ist: Gott ist Mensch geworden. Aber wirkliche Bedeutung bekommt dieser Inhalt erst, wenn er in die Gefühlswelt des Alltags heruntergebrochen wird. Und manchmal sind es ganz einfache Menschen, die dafür das richtige Wort finden, das ohne Erklärung zu Herzen geht. Im Vorfeld dieses Weihnachtsfestes ist mir so eine Alltagsübersetzung von Weihnachten zu Ohren gekommen. Die möchte ich heute Nacht weitergeben.
Predigt
Sie ist schon über 80 Jahre alt. Ihr Mann ist schon einige Jahre tot. Sie lebt allein in ihrem Häuschen. Weihnachten ist für sie immer ein besonderes Fest. Ein Fest der Erinnerung. Denn das Christkind, das in ihrer Krippe liegt, hat eine ganz besondere Geschichte. Sie stammt aus Pfraunberg im Egerland. Dort stand eine deutsche Fliegerabwehr. Beim Beschuss durch amerikanische Tiefflieger wurde ihr Elternhaus gegen Kriegsende in Schutt und Asche gelegt. Zum Glück konnte sich die Familie rechtzeitig vor dem Bombenangriff noch in den Wald retten. Nach einigen Wochen in einer Notunterkunft wollte der Vater über den Ruinen ein Notdach bauen. Er durchwühlte den Schutt nach den letzten Habseligkeiten und fand dabei das Porzellanchristkind aus der Weihnachtskrippe – völlig unversehrt. Als die Familie wenig später aus der Heimat vertrieben wurde, war dieses Christkind der kostbarste Schatz im Gepäck. Viele Jahre später schrieb die Frau im Frankenland ihre Erinnerungen an dieses Christkind in Gedichtform auf. Sie hat es überschrieben mit:
Mein Christkindlein
Ein Stückchen Heimat weilt bei mir in dieser heiligen Weihnachtszeit. Es klopft an meines Herzens Tür, spricht leis’ zu mir: Mach dich bereit!
Es ist ein kleines Christkindlein, ein Abbild unsres höchsten Herrn. Es mag schon hundert Jahr alt sein, und deshalb grad hab ich es gern.
Daheim schon in der Kripp’ es lag, in meiner lieben Eltern Haus, wo die Familie manchen Tag dort im Gebet ließ klingen aus.
Es half in Not und in Gefahr wenn man nur gläubig zu ihm bat. Man wurde seiner Hilf gewahr, wenn man es nicht vergessen hat.
Es hat erlebt dies Christklindlein zum Kriegsschluss allerhand und ist im Phosphorfeuerschein zum Glück uns nicht verbrannt.
In Schutt und Trümmern lag das Haus. Was half da alles Klagen? Wir kamen doch lebendig raus. Der Herrgott half es tragen.
Und als man dann nach ein’ger Zeit ein Dach wollt’ wieder haben, was glaubt ihr, was zu unsrer Freud mein Vater ausgegraben?
Aus aller Asche und Gestein nach Müh’ und vielen Sorgen hat er das kleine Christkindlein ganz unversehrt geborgen.
Die Überraschung war gar groß, das könnt ihr euch wohl denken, weil dieses Kindlein nackt und bloß aufs Neu sich uns wollt’ schenken.
Wir nahmen es gar freudig auf. Es stärkte uns’ren Glauben, auch wenn man kurz darauf die Heimat uns tat rauben.
So kamen wir vom Egerland mit Gottes Hilf nach Franken. Es hat von uns sich nicht gewandt. Drum mussten wir ihm danken.
Fürs Kindlein war’s die zweite Flucht, wenn auch nicht nach Ägypten. Wir haben nun mit ihm gesucht ein Heim für die Betrübten.
Wir fanden Arbeit, fanden Brot, und überm Kopf ein Dach. Es hat geholfen aus der Not in allem Weh und Ach.
So hoff’ ich, dass das Christkindlein mich einst am Lebensende zu meinen Lieben führet heim und ew’ge Heimat schenke.
Liebe Leser, die Frau, die dieses Gedicht geschrieben hat, lebt seit vielen Jahren allein. Sie kann nicht mehr aus dem Haus. Aber sie kann von Herzen lachen und sie wirkt sehr zufrieden. Ich bin sicher: Das hat mit diesem Christkindlein zu tun. Sie hat es auch nach der Weihnachtszeit Tag für Tag vor Augen: in der Glasvitrine ihres Wohnzimmerschranks. Sie lässt sich von diesem Christkindlein sagen, was sie ein Leben lang erlebt hat: Es steht dir zur Seite.
– kurze Stille, dann wird vorgesungen: –
Alle Jahre wieder, kommt das Christuskind auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind. (2) Kehrt mit seinem Segen ein in jedes Haus. geht auf allen Wegen mit uns ein und aus. (3) Ist auch mir zur Seite still und unerkannt, daß es treu mich leite an der lieben Hand. Wilhelm Hey (1789-1854) Weise: Friedrich Silcher (1789-1860)
Fürbitten
An Weihnachten möchten wir glauben, dass du, Gott, uns zur Seite stehst in allen Lagen des Lebens. Höre unser Rufen: V: Steh auch mir zur Seite! A: Steh auch mir zur Seite!
… in schweren Entscheidungen … in Sorgen und Ängsten … in aussichtslosen Lagen … im Alleinsein … in Trauer und Trostlosigkeit … in Unzufriedenheit und Langeweile … in innerer Zerrissenheit … in Entehrung und Verletzung … in Sackgassen des Lebens … in meinem Sterben
Einleitung Einzug GL 143 Zur Einstimmung in diese Nacht gibt es etwas zu hören und etwas zu sehen. Da braucht es nicht viele Worte. Licht aus – alle setzen sich – Orgel intoniert „Ich bete an“ – aus der Sakristei kommt eine Familie (Vater und Mutter tragen eine Kerze, das Kind das Jesuskind) – sie gehen durch den Mittelgang und kommen wieder zurück zur Krippe, die vor dem Altar aufgestellt ist – das Kind legt das Jesuskind in die Krippe – alle drei knien sich seitlich – währenddessen singt eine Frauenstimme das Lied „Ich bete an die Macht der Liebe“ Wir beten an in dieser Nacht die Macht der Liebe, den großen Gott in der Ohnmacht eines kleinen Kindes
Gloria GL 134,1-4
Fürbitten
An Weihnachten möchten wir glauben, dass du, Gott, uns zur Seite stehst in allen Lagen des Lebens. Höre unser Rufen: V: Steh auch mir zur Seite! A: Steh auch mir zur Seite!
… in schweren Entscheidungen … in Sorgen und Ängsten … in aussichtslosen Lagen … im Alleinsein … in Trauer und Trostlosigkeit … in Unzufriedenheit und Langeweile … in innerer Zerrissenheit … in Entehrung und Verletzung … in Sackgassen des Lebens … in meinem Sterben
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