Glaube tut gut!

Predigt zum 20. Sonntag im Jahreskreis (Spr 9,1-6)

Unser Lehrer in der Pastoraltheologie, Prof. Rolf Zerfass, hat uns in der Vorlesung einmal zwei Hinweisschilder an den Eingangstüren von Kirchen analysiert. Er erzählte von einem Faltblatt am Eingang der St. Peter Church in der City von New York. Auf diesem war zu lesen:
Dies ist Gottes Haus. Komm herein, mach es zu deinem. Die Leute von St. Peter laden dich herzlich ein, hier zu verweilen, zu beten und nachzudenken. Du bist auf der Suche nach einem erfüllteren Leben. Verbünde deinen Glauben mit dem unseren.
Und er fuhr fort: Beim Betreten der Marienkapelle in der City von Würzburg war zum gleichen Zeitpunkt zu lesen:
Die Marienkapelle ist ein Gotteshaus, kein Museum! Die Würde des Gotteshauses gebietet: Ehrfurcht, größte Ruhe, anständige Haltung! Umhergehen während des Gottesdienstes ist untersagt!

Und ich werde es nie vergessen, wie er ausgehend von diesen zwei Hinweisen im Eingangsbereich einer Kirche vom Ideal einer einladenden Kirche träumte, anstatt einer maßregelnden, die lieber den Zeigefinger erhebt als mit freundlichen Bewegungen einzuladen.

Es ist so: Viele Menschen haben sich von der Kirche abgewandt, weil sie sich von ihr bevormundet fühlten. Sie hatten den Eindruck, dass man sie von oben herab belehren wollte, ohne genug das Leben zu kennen oder zu sehen. Menschen reagieren immer allergisch, wenn sie spüren, es wird mit Druck gearbeitet oder man will mich zu etwas überreden, was ich eigentlich gar nicht will. Der „Du-Du-Finger“ imponiert heute niemanden mehr.

In der Bibel faszinieren mich immer die Passagen, wo Gott die Menschen einlädt, sich die Haken für sie abläuft und um sie wirbt. Ein Paradebeispiel begegnet uns in der heutigen Lesung. Das Buch der Weisheit zeigt uns einen Gott, der menschenfreundlich ist und der einladend auf die Menschen zugeht. Keine Spur von Überredungskunst. Keine Spur von Zwang. Es gibt keine Kriterien, die ausschließen, etwa aufgrund ihrer mangelnden Bildung oder ihrer fehlender finanzieller Möglichkeiten. Es gibt nur die Einladung: Komm herein. Das, was ich dir zu bieten habe, wird dir gut tun und dir zum Leben helfen.

In der alten Kirche gab es einmal den Dienst des Ostiariers - des Türöffners. Lange hat sich dieser Dienst in der Kirche gehalten. Die Ostiarier wurden vom Erzdiakon eingewiesen, die Glocken zu läuten und die Türen der Kirchen zu öffnen. Der Bischof überreichte ihnen dann feierlich den Kirchenschlüssel. Das war nicht nur eine konkrete Aufgabe. Dadurch sollte im übertragenden Sinn in der Kirche eine einladende Grundhaltung wachsen, die Menschen Türen für Gott öffnen hilft. Und eine Kindergartenleiterin meinte einmal: Die Atmosphäre in einem Kindergarten wird wesentlich durch die Art und Weise geprägt, wie Kinder und Eltern an der Tür empfangen werden.

Auf der Internetseite der Katholischen Glaubensinformation versucht Kirche als einladende Kirche aufzutreten und Menschen für den Glauben zu interessieren. Eine Reihe von Werbeplakaten unter dem Titel „Glaube tut gut“ kann man da abrufen.
Da sehe ich einen Hammer, der ein Sparschwein zertrümmert und ich lese: „Glauben tut gut, weil er mich kritisch macht.“
Ich sehe eine schöne Frau. Die Beine übereinander geschlagen, das Kinn auf die Hand gestützt, sitzt sie an einem Gartentisch bei einem Gläschen Sekt und schaut sinnierend in die Welt. Und ich lese: „Glaube tut gut, weil er gelassen macht.“
Auf einem dritten Plakat sehe ich zwei junge Leute, die mich fragend anschauen und ich lese: „Glaube tut gut, weil er mir Perspektiven gibt.“

Liebe Leser! Ich bin überzeugt: Unsere Kirche wird erst einladend, wenn jeder von uns ehrlichen Herzens diesen Satz vollenden könnte: Glaube tut gut, weil...... Wie würde ihr Satz heißen?......
Glauben Sie es auch? Unsere Kirche wird nur einladend sein können, wenn Menschen dieser Kirche selbst spüren, dass ihnen der Glaube gut tut?


Pfarrer Stefan Mai

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