Die größte Herausforderung

Predigt zum 19. Sonntag im Jahreskreis (1 Kön 19,4-8)

Predigt

Elija heißt er, der große Profet. Sein Name ist Programm. „Gott ist Jahwe“ - heißt sein Name übersetzt. Gott ist Jahwe, mit diesem Programm ist er den Kampf gegen die Baalspriester angetreten. In einem Entscheidungskampf lässt er es im Namen Jahwes auf dem Berg Karmel so richtig krachen und Blitz und Donner auf das Opfer herabfahren und bringt es so zum Brennen. Die Baalspriester dagegen werden als Schwätzer entzaubert und als Betrüger entlarvt.
Elija, eine Kämpfernatur mit einem ausgeprägten Sendungsbewusstsein: „Mit Leidenschaft bin ich für den Herrn, den Gott der Heere, eingetreten“, sagt er von sich. Doch auch dieser starke Mann kommt an seine Grenzen, ausgerechnet nach seinem größten Erfolg. Gerade steht er als Sieger über die Baalspriester da, da verlässt Elija die Kraft. Sein Selbstbewusstsein fällt in sich zusammen und er bekommt Angst. Einfach zum Davonlaufen ist es für ihn. Er, der einen kraftvollen, mächtigen Gott verkündigt, hat selbst keine Kraft mehr. Am liebsten würde er einfach von der Bildfläche verschwinden. Er hat genug und wünscht sich in der Wüste den Tod. Das macht nachdenklich: Ausgerechnet auf dem Gipfel des Erfolgs der Absturz in die Depression.

Vor ein paar Tagen, so lief es durch die Presse, hat der 64-jährige Extrembergsteiger Reinhold Messner seine langjährige Lebensgefährtin Sabine Stehle geheiratet. Mit ihr und seinen Kindern lebt er auf Schloss Juval im Vinschgau. Im Lauf seines Lebens bestieg er alle 14 Acht-Tausender, die es auf der Welt gibt. Weltruhm erlangte Reinhold Messner, als er 1970 ohne Sauerstoffgerät den 8125 m hohen Nanga Parbat bestieg. Eine lebenslange Wunde blieb jedoch der Tod seines Bruders Günther, der nicht mehr mit ihm vom Gipfel zurückkam. In seinen Büchern bündelt Messner seine Lebenserfahrung, die er bei den Extremtouren gewonnen hat, in markigen Zitaten. Oft spricht er von Niederlagen im Leben und über ihre Bedeutung für einen Menschen. Ein Spruch hat mich besonders beeindruckt. Schon vor Jahren habe ich mir ihn in mein Notizbuch geschrieben. Messner meint: „Meine größte Herausforderung war nicht die Höhe des Himalaya, sondern das Tief danach.“

Wenn auch auf einer ganz anderen Art wie Elija, die gleiche Erfahrung bei Reinhold Messner: Die größten Herausforderungen sind nicht die Gipfelstürme, sind nicht gewaltige Lebensleistungen, die viele bewundern, ist nicht enorme Schaffenskraft. Nein! Die größte Herausforderung für einen Menschen ist das Tief danach. Das Loch, in das er fallen kann. Lebensphasen, in denen er nicht mehr kann und will, wo er sich nicht mehr hinaussieht, von denen die Öffentlichkeit keine Notiz nimmt und durch die er allein hindurch muss. Reinhold Messner gewinnt für sich daraus die Erkenntnis: „Je weniger ein Mensch vom Erfolg abhängt, desto unwahrscheinlicher wird auch sein Sturz.“

Liebe Leser, auch der Profet Elija gewinnt durch sein Tief unter dem Ginsterstrauch eine Erkenntnis. Durch seinen Sturz in das Tief muss der Profet Elija schmerzlich lernen: Der Gottesglaube ist nicht dazu da, um in der Öffentlichkeit Kraft und Stärke zu demonstrieren. Die eigentliche Kraft des Gottesglaubens besteht darin, wenn ein Mensch in den Niederlagen und den Tiefs seines Lebens Gott als seine eigentliche Kraft und Stärke erfährt.

Fürbitten

Herr, unser Gott. Du bist nicht nur auf den Höhepunkten des Lebens zu finden. Menschen erfahren dich auch an Tiefpunkten des Lebens. Wir bitten dich:

Wir beten für alle Menschen, die zur Zeit glücklich sind und schöne Tage ohne Sorgen erleben dürfen. Lass sie dafür dankbar sein.

Wir beten für alle, die eine schwere Wegstrecke im Leben durchmachen müssen und über ihr Lebensschicksal klagen oder verbittern. Lass sie die Zuversicht im Leben nicht verlieren.

Wir beten für alle, die schwer krank darniederliegen und nicht wissen, ob sie noch einmal auf die Beine kommen. Schenke ihnen Geduld, ihr Leid zu tragen und gute Menschen an der Seite.

Wir beten für alle Frauen und Männer, die von der Leiter des Erfolgs jäh abgestürzt sind. Weise ihnen Wege zu einem neuen Anfang.

Wir beten für unsere Verstorbenen, in diesem Gottesdienst vor allem für.....
Nimm sie in deine Arme.

Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn. Amen


Pfarrer Stefan Mai

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