Einbindung der Außenseiter

Predigt zum Pfingstmontag 2009

Außenseiter haben keinen guten Ruf – und sie haben es selbst auch nicht leicht.
Das ist ein Außenseiter!, heißt es schon in der Schule. Mit dem solltest du dich nicht einlassen. Mit dem bekommst du nur Schwierigkeiten.
Das ist doch bloß ein Außenseiter! Wem so ein Stempel aufgedrückt ist, der kann machen, was er will. Bei dem ist erst mal alles schlecht, was er macht. Der muss sich viel mehr beweisen als ein anderer.
Jede Zeit und jedes Land hat seine Außenseiter. Die Parade-Außenseiter in Israel zur Zeit Jesu waren die Samaritaner. Ihnen hat man nicht getraut: Halbe Ausländer sind das! Die Besatzungszeit durch das fremde Volk der Assyrer hatte Spuren hinterlassen. Auch religiös: Seitdem gibt es fremde Tempel mit fremden Göttern in Samaria. Und zudem wirft man ihnen vor: Die Samaritaner sind aggressiv. Bloß nicht durch Samaria reisen, raten schon die Schüler Jesu.
Aber man höre und staune: Ausgerechnet in Samaria fasst nach der Apostelgeschichte die Botschaft Jesu sofort Fuß. Und das gerade zu einem Zeitpunkt, als die ersten Jünger aus der frommen Stadt Jerusalem hinausgeworfen werden. Mit der Vertreibung aus der Stadt Jerusalem schien alles aus. Aber dafür geht es ausgerechnet in Samaria weiter.
Und wenn Petrus und Johannes dorthin geschickt werden, um ihnen die Hände aufzulegen, damit sie den heiligen Geist empfangen, dann bedeutet das doch: Die Samaritaner sind keine Außenseiter mehr, sie gehören jetzt voll zur Gemeinschaft der Christen.
Und eigentlich hat es von Anfang an so begonnen: der allergrößte Feind der jungen Christen, derjenige, der die ersten Christengemeinden verfolgt hat, Paulus, er wird zum Paradeverkündiger. Der, den man partout nicht hereinlassen wollte, wird zum Zugpferd.

Liebe Leser, der Evangelist Lukas macht mit diesen Erzählungen klar. Kirche ist nicht dort, wo man sich unter seinesgleichen blendend versteht und eine tolle Clique bildet, die alles unter sich ausmacht und sich nach außen abkapselt. Nach Lukas ist Kirche vielmehr dort, wo Außenseiter hereingelassen werden. Kirche ist dort, wo man fest daran glaubt: Neue von außen sind keine Gefahr, sondern bringen neue Motivation, frisches Blut und zündende Ideen.


Pfarrer Stefan Mai

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