Buntes Buffet der Nationalitäten

Predigt zum Pfingstsonntag 2009

Vor einiger Zeit kam Frau Heps zu mir und meinte: „Ich habe da eine Idee. Ich weiß aber nicht, ob das passt und erwünscht ist. Ich kenne einige Frauen aus verschiedenen Nationen hier in Gerolzhofen und stehe mit ihnen in gutem Kontakt. Ich selbst stamme von den Philippinen. Die Frauen kommen aus Brasilien, Vietnam, Thailand, China, Albanien und der Türkei. Wir möchten zum Pfarrfest gerne etwas beitragen. Wenn es erwünscht ist, kocht jede Frau ein typisches Gericht aus ihrer Heimat und bringt es zum Fest mit. Aber in unserer Kultur ist es Sitte, dass dafür nichts verlangt werden darf. „Ein Fest feiern“ heißt für uns: Wir teilen miteinander. Jeder bringt für den anderen etwas mit. Wenn das die deutsche Zahlungsmentalität nicht durcheinander bringt, würden wir das gerne beim Pfarrfest auch so machen.“
Ich habe dann nur gesagt: Wissen Sie, Frau Heps: „Ihre Idee passt nicht nur bestens zum Pfarrfest, Ihre Idee bringt auch zum Ausdruck, was Pfingsten und was Kirche eigentlich bedeuten.“
So werden heute beim Pfarrfest in Gerolzhofen auf dem Buffet der Nationalitäten Gerichte aus Vietnam, Thailand, China, Albanien und der Türkei angeboten: Lumpia, Panfit, Adobo manok, Adobo baboy, Thai-Porc-Curry, Kutsimba, Palitaw, Siakoy, Cassaba Cake, Pandesal, Suman-Pinakbit.
Dieses bunte Buffet der Nationalitäten ist weit mehr als ein willkommenes, abwechslungsreiches kulinarisches Alternativangebot zu den gängigen Bratwürsten und Steaks. Was da in bunter Vielfalt zu sehen ist und angeboten wird, das hat im Kern etwas mit Kirche zu tun, wie sie vom Ursprung her gedacht ist.
Denn bunt ging’s auch damals beim Pfingstfest in Jerusalem zu. Welches Völkergemisch wurde da aufgeboten. Wir kennen die Zungenbrecher: Parther, Meder, Elamiter, Leute aus Mesopotamien, Phrygien und Pamphylien, Libyen und Kyrene, Araber und Römer. Da gibt es phrygische Mützen und die Turbane der Scheichs, da gibt es wallende Gewänder und römische Soldatenuniformen, da gibt es Weiße und Schwarze, Haselnussbraune und schon gelblich getönte Gesichter. Und welches Kauderwelsch an Sprachen: das elegante Griechisch, das knapp gefeilte Latein, da gibt es die Rachenlaute der arabischen Welt und den Singsang Afrikas.
Aber welch ein Wunder: Das bunte Gemisch der Nationalitäten versteht sich. Jeder meint sogar, seinen eigenen Dialekt zu hören. Mitten in Jerusalem fühlen sich Fremde plötzlich wie daheim.
Das ist für den Evangelisten Lukas, der uns den Pfingstbericht überliefert hat, Kirche: Ein Ort, an dem völlig verschiedene Menschen miteinander zu tun haben wollen. Wo Mentalitäten und Nationalitäten keine trennende Rolle spielen. Wo unterschiedliche kulturelle Prägungen keine Barrieren bilden, sondern als gegenseitige Bereicherung erfahren werden. Lukas sagt uns: Wo solche Brücken geschlagen werden, da ist Gottes Geist am Werk.
Und ich habe von den Frauen, die uns das bunte Buffet der Nationalitäten vorbereiten, gelernt: Menschen fühlen sich daheim, wo sie sich für andere einbringen können.


Pfarrer Stefan Mai

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