Wir bleiben in Verbindung

Predigt zum 6. Sonntag der Osterzeit - Tag der ewigen Anbetung in Gerolzhofen (Joh 15, 9-17)

Telefonerlebnisse

Sie sitzen daheim und warten sehnsüchtig auf einen Anruf. Ein wunderschöner Tag ist zu Ende gegangen. Ihr Sohn war mit seiner Frau und dem Enkelkind aus Norddeutschland zu Besuch. Zum ersten Mal haben die Großeltern das neugeborene Enkelchen sehen dürfen. „Wenn wir daheim sind, rufen wir sofort an,“ riefen sie noch beim Wegfahren vor sechs Stunden durchs heruntergelassene Autofenster. Und den Eltern daheim geht nur noch eines durch den Kopf: Hoffentlich klingelt bald das Telefon.

Seit zwei Jahren sind die beiden befreundet. Doch seit einiger Zeit kriselt es zwischen ihnen schwer. Bei einem Streit am Telefon wir es immer lauter. Und da knallt Thomas einfach den Telefonhörer drauf. Und Tanja hat noch lange das tuut-tuut-tuut-tuut im Ohr und sitzt wie versteinert da. Ist es jetzt aus, die Verbindung zwischen den beiden am Ende?

Das Telefon klingelt. Ach, das ist sicher wieder die Mutter und fragt, wie es uns geht. Aber da meldet sich völlig überraschend ein früherer Schulkamerad vom Gymnasium und meint: „Ich bin auf einer Geschäftsreise in eurer Gegend und hab eure Adresse übers Internet herausbekommen. Kann ich bei euch vorbeikommen?“

Ich meinte, die Nummer hätte ich im Kopf und bräuchte kein Telefonverzeichnis. Ich wähle... und da hören ich: „Kein Anschluss unter dieser Nummer!“ Verwählt oder hat er die Nummer geändert?

Sie müssen zu einer Tagung weg, brauchen zuvor aber noch unbedingt ein paar Informationen ihres Chefs. Zig-Mal haben Sie es schon probiert, ihn übers Handy zu erreichen. Aber jedes Mal. „Ihr gewünschter Gesprächspartner ist derzeit nicht zu erreichen. Wenn Sie eine telefonische Nachricht haben, dann sprechen Sie jetzt!“

„Moment, ich verbinde,“ sagt die freundliche Stimme am Telefon und stellt zum gewünschten Gesprächspartner durch. Und während ich warte höre ich ein paar Mal: „Ihre Verbindung wird gehalten, ihre Verbindung wird gehalten..“

Telefonerlebnisse und Gebetserfahrungen

Ich habe Ihnen einfach ein paar Telefonerlebnisse geschildert, weil ich glaube, dass sie unsere Gebetserfahrungen widerspiegeln.
Wie sehr hoffen wir doch, dass das Gebet wirklich eine echte Verbindung zu Gott und zu Jesus ist. Wie sehr wünschen wir uns, dass unsere Gebete nicht ins Leere laufen, dass es am anderen Ende der Leitung einen gibt, der abhebt und wir nicht das Gefühl haben müssen: Kein Anschluss unter der Gebetsnummer, der gewünschte Gesprächspartner ist nicht zu erreichen. Wie gerne möchten wir auch eine Antwort, wenn wir anrufen, und nicht das, was uns zuinnerst bewegt, umtreibt, zu schaffen oder glücklich macht, auf einen kalten Anrufbeantworter sprechen. Ja, wie macht es uns zu schaffen, wenn wir unser Inneres vor ihm ausbreiten und im Gebet Gott die Welt um die Ohren schlagen und er schweigt!
Wie sehr sehnen wir uns danach, dass das Gebet keine Einbahnstraße ist, sondern wir irgendwie spüren dürfen, da klingelt es manchmal auch von drüben her an, da macht sich einer in unserem Leben durch Ereignisse, Erlebnisse und in bestimmten Situationen bemerkbar und zeigt Interesse an uns.

Liebe Leser, wir nennen das Gebet die Verbindung zu Gott und zu Jesus. Das Johannesevangelium, das wir heute gehört haben spricht die Überzeugung aus: Jesus hält zu uns die Verbindung, so wie er sich von der Verbindung zu Gott getragen weiß. Er bleibt mit uns in Kommunikation. Und wir dürfen sicher sein: Wenn wir seine Worte beherzigen, ernst nehmen, sie in unserem Leben umsetzen und unser Leben auch für Menschen einsetzen, dann zeigt diese Verbindung auch im Leben Früchte.


Pfarrer Stefan Mai

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