Gott lacht

Predigt zur Osternacht

Am Feuer

„Wer zuletzt lacht, lacht am besten“ – sagt ein Sprichwort. Die Volksseele hat ein Gespür dafür: Es braucht einen längeren Atem in der Welt. Nicht alles, was schnell und vordergründig Erfolg hat, wird sich durchsetzen. Die Volksweisheit rät: Halt durch! Lass dich nicht beirren! Denn: Wer zuletzt lacht, lacht am besten.
Vielleicht schwingt in diesem Sprichwort sogar ein Stück Osterglaube mit: Am Ende steht das Lachen Gottes.

Wortgottesdienst

Vor der 1. Lesung
Christen glauben daran: Der, der das erste Wort gesprochen und damit die Schöpfung ins Leben gerufen hat, dem gehört auch das letzte Wort.

Vor der 3. Lesung
Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Der siegessichere Pharao geht unter. Die verfolgten Israeliten schauen zu, wie ein hoch gerüstetes Heer untergeht. Die vermeintlichen Verlierer triumphieren als Sieger.

Vor der 4. Lesung
Mit einer verhärmten Frau wird es verglichen, das Volk Israel. Es ist noch in der Verbannung. Aber es kündigt sich Hoffnung an.

Predigt

Der Papst ist in Amerika und fährt mit seinem Chauffeur auf der Autobahn durch einsame Gegenden. "Mein Sohn", sagt er zum Chauffeur, "ich bin der Papst und man lässt mich nichts mehr machen. Einmal in meinem Leben möchte ich noch selbst Auto fahren. Wechseln wir Platz!"
Gesagt, getan, der Papst fährt – aber leider zu schnell, ein Polizeiauto fährt vor und stoppt ihn. Der Polizist sieht den ertappten Verkehrssünder, wird blass und ruft seinen Chef an: "Was soll ich tun?" "Strafen natürlich", lautet die barsche Antwort. "Aber nein, das geht nicht, es ist eine hohe Persönlichkeit ...!" Der Chef stutzt: "Wer soll es denn sein? Strafen – es wird schon nicht der Gouverneur sein ..." Der Polizist: "Der Gouverneur? Viel höher!" Darauf wieder der Chef: "Lächerlich, das wäre ja der Präsident der Vereinigten Staaten ..." "Nein", unterbricht ihn der Beamte, "viel höher!" "Machen Sie keine dummen Witze und sagen Sie mir endlich: Wer ist es?" Darauf der Polizist: "Ich weiß es auch nicht, aber der Papst ist sein Chauffeur!"

Die Mannschaft von Bayern München fliegt zu einem Champions Leage Spiel nach Spanien. Aus Langeweile beginnen die Burschen in der Maschine mit dem Ball zu spielen und bringen das kleine Flugzeug richtig zum Schaukeln. Der Pilot kann die Maschine kaum noch halten und schickt den Funker nach hinten, um für Ruhe zu sorgen. Nach zwei Minuten ist tatsächlich absolute Ruhe. „Wie hast du denn das gemacht?“ fragt der Pilot. „Na ja“, meint der Funker, ich habe sagte: „Jungs, es ist heut so schönes Wetter draußen, spielt doch vor der Tür.“

Wenn wir jetzt in einem Ostergottesdienst im Mittelalter wären, würde ich weitermachen mit dem Witze Erzählen, bis sie sich vor Lachen auf die Schenkel klopfen.
Manche Prediger sollen damals – in Anspielung auf die Ostereier – absichtlich wie Hühner gegackert haben, um die Leute zum Lachen zu bringen. Manche sind – in Vorfreude auf den ersten Braten nach der langen Fastenzeit – gar auf allen Vieren durch die Reihen gekrochen, quiekend wie ein Schwein.
Für einen Prediger war es im Mittelalter ein Muss: an Ostern die Leute zum Lachen zu bringen. Risus paschalis – das Ostergelächter nennt die Liturgie diesen Ausnahmezustand.
Es macht schon nachdenklich: In einer Zeit, in der das normale Volk von allen Seiten ausgenutzt wird, von den Kirchenfürsten genauso wie von den weltlichen Herren; in einer Zeit, in der Pest und Kriege wüten; in einer Zeit, in der einfache Menschen sich wie ein Spielball der großen Mächte vorkommen – da gibt es eine Nacht, in der alle von Herzen lachen: über die Herren dieser Welt genauso wie über den Tod.
Dieses Lachen hat einen tiefen Grund: Mittelalterliche Menschen feiern den Glauben an ihren Gott, der mitten im Irrsinn dieser Welt über den Dingen steht; der das Heft dieser Welt fest im Griff hat.
Sie feiern auch in einer gewissen Schadenfreude. Sie glauben fest daran, dass ihr Gott sich von denen, die sich in dieser Welt aufplustern, nichts vormachen lässt. Sie glauben daran, was Psalm 2 singt: „Die Könige der Erde stehen auf, die Großen haben sich verbündet gegen den Herrn … Doch er, der dem Himmel thront, lacht“ (Ps 2,2.4).
Eine äußerste Dichte bekommt dieses Osterlachen an einem Ort, wo Menschen wahrlich nichts zu lachen hatten. Im K. Z. von Dachau hat ein junger holländischen Pfarrer, Willem-Eicke den Hertog, am Abend des Ostermontags 1944 eine Predigt gehalten mit dem Titel „Und Gott lacht …“ Es war in der Kapelle des Pfarrerblockes 26. Trotz Verbots nahmen viele andere teil. Da hörten sie diese Worte. Ein Häftling mit der Nr. 16921 hat mitstenographiert:
Das Lachen Gottes in dem auferstandenen, lebendigen Herrn leuchtet über uns … Da sind wir am dritten Tage in einer Welt ohne Gott, ohne Christus, erfüllt von Hass und Neid, von Mord und Totschlag, von des Teufels Geist. Es ist alles zum Weinen, nur zum Weinen. Aber Gott schenkt uns am dritten Tage ein Lachen, so reich, dass wir es immer hören müssen und wieder hören: wie Gott lacht über uns, selig rettend, herrlich … Dieser Trost soll durch die ganze Welt gehen und überall, wo geweint wird oder wo die Zähne zusammengebissen werden, um nicht zu weinen, oder wo gelacht wird, weil man sonst weinen müsste, dort überall soll das Lachen Gottes hörbar werden. Wenn Gott Ostern mit uns feiert, verschwinden unsere Schwierigkeiten. Da lachen wir unter Tränen … Heute legt Gott seine Freude dir und mir ins Herz hinein. Heute lehrt Er uns lachen. Denn am Ostermorgen hat Gott mir ein Lachen zugerichtet. Und ich darf die Freude weitertragen als seine Gabe und Aufgabe in diesem schrecklichen Leben, in dieser tödlichen Welt im K. Z., bis einmal alles vorbei ist … Denn das wird alles vorübergehen. Nur Gottes Lachen wird bleiben. Der Anfang und das Ende. Halleluja!

Liebe Leser, Gott sei Dank! Wir sind nicht im K. Z. Aber uns steht es auch manchmal bis zum Hals. Wie oft fühlen wir uns ohnmächtig, wehrlos. Wie oft möchte man auf und davon – und kann doch nicht raus. Welch ein Segen, wenn uns dann der mächtige lachende Gott einfiele – und unser Herz ein wenig weiter würde. Und wenn dann alles Schwierige und Unüberwindbare an Bedrückung verliert.
Der russische Dichter Maxim Gorki hat es poetisch ausgedrückt. Er wünscht uns:
… dass wir Zauberer sein können, die in den vergifteten Brunnen der Traurigkeit einen Tropfen, nur einen einzigen Tropfen vom lebendigen Wasser des Lachens hinein gießen und diesen Brunnen dadurch zum Kraft und Leben spendenden Heilquell machen können.

Fürbitten

Herr, unser Gott, in dieser österlichen Nacht feiern wir dein rettendes Eingreifen in die Welt. Dich bitten wir:

– Um österlichen Lachen für alle, denen Angst und Trauer die Kehle zugeschnürt hat.
V: Christus höre uns … A: Christus, erhöre uns

– Um österliche Kraft für alle, die am Boden sind und nicht mehr aufstehen wollen …

– Um österlichen Mut für alle, die sich gegen Unterdrückung und Unrecht wehren müssen …

– Um österliche Umkehr für alle, die sich in Hass und Krieg verrannt haben …


Pfarrer Stefan Mai

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