Durch zwei Portale

Predigt zum 3. Fastensonntag (Joh 2,13-25)

Da drücken sich ein paar junge Kerle um Jesus herum, sind neugierig und zeigen Interesse. Sie versuchen, sich in seiner Nähe aufzuhalten, beobachten ihn. Und Jesus spricht sie prompt an: Was sucht Ihr. Was wollt ihr mit eurem Leben. Wo liegt denn eure tiefste Sehnsucht. Die jungen Kerle sind verdutzt und stottern daher: „Meister, wo wohnst du?“ Und Jesus lädt ein: Kommt und seht. Und die jungen Kerle Andreas, Petrus, Philippus und Natanael gehen mit ihm. Sie gehen hinter ihm her und folgen ihm nach.

So beginnt das Johannesevangelium. Spannend, wie es weitergeht. Jesus führt seine ersten Jünger - im Bild gesprochen - durch ein doppeltes Portal. Es ist wie eine Einführung in das Wesen des Christentums. Jesus macht seinen Anhängern von vorne herein klipp und klar, was seine Anhänger erwartet und was er von ihnen erwartet.

Das erste Portal heißt „Kana“. Eine Hochzeit wird gefeiert. Die Jünger mittendrin. Sie erleben Fest, Tanz, Wein, Lachen, Lebensfreude und das im Überfluss und bester Qualität. Was heißt das anderes als: Euer Leben soll in meiner Nachfolge schmackhaft sein, es soll gelingen. Und der Glaube an mich soll euch dabei eine Hilfe sein. Schon vor 1600 Jahren lädt der heilige Augustinus in einer Predigt über die Hochzeit in Kana die Gläubigen ein: „Klopfen wir an, dass er öffne und von dem unsichtbaren Wein uns tränke, denn auch wir waren Wasser und er hat uns zu Wein gemacht, denn wir schmecken nach seinem Glauben.“

Das zweite Portal heißt: „Tempel von Jerusalem“. Kaum hat Jesus das Tempelportal durchschritten, packt ihn ein heiliger Zorn. Er gerät in Rage und flippt geradezu aus. Die Geldschatullen schmeißt er umher, die Viecher wirbelt er durcheinander, mit einem Strick drischt er auf die Händler ein und treibt sie aus dem Vorhof des Tempels hinaus. Er hasst die Geschäftemacherei im Namen der Religion. Es regt ihn auf, dass Gotteshaus und Kaufhaus, Religion und Geld so nahe aneinander rücken.
Das ruft natürlich die Gegner auf den Plan. Es kommt zu Diskussionen und zu heftigem Widerstand. Und die Jünger erinnern sich an das Schriftwort: „Der Eifer für das Haus des Herrn verzehrt mich.“ Das heißt doch: Die Jünger kapieren: Wer an Jesus glaubt, von dem erwartet Jesus auch Einsatz und Stellungnahme. Glaube ist nichts für eine heile und scheinheilige Welt, die vor Frömmigkeit trieft. Glaube ist nicht nur Wohlfühloase, sondern erfordert auch eindeutige Stellungnahme. Glauben bedeutet auch wissen: Du wirst mit deinen Ansichten auf Widerstand stoßen.

Liebe Leser, im Johannesevangelium führt Jesus seine Jünger durch dieses doppelte Portal, nach Kana und in den Tempel. Ich denke, wir haben verstanden, welche Botschaft uns der Evangelist mit auf dem Weg geben will.
In einem Satz: Zum Glauben gehört beides: Im Glauben an Jesus soll unser Leben gelingen, ein erfülltes Leben sein. Der Glaube an ihn bedeutet aber auch eindeutige Stellungnahmen und nicht einknicken, wenn Gegenwind kommt.


Pfarrer Stefan Mai

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