Manchmal wünscht ich....

Fastnachtspredigt zum 7. Sonntag im Jahreskreis (Mk 2,1-12)

Einleitung

Ein paar Gedanken im Reim
sollen die Predigt zum Fasching sein

Das Evangelium vom Sonntag habe ich studiert
und dies hat mich heute dazu inspiriert

es wär’ doch schön zu wissen, was die Leut’ so denken
dann könnte keiner den anderen so leicht blenden

Schau dich mal um und denk, was denken denn jetzt die Leut’
ich garantier, mit dem Denken wirst du nimmer fertig heut

Drum lass das Denken endlich einmal mal sein
und lass dich einfach auf den Gottesdienst jetzt ein

Predigt

Als Spitzel waren die Pharisäer aufgetreten
und dachten im Stillen: Wie kann dieser Mensch so reden

Ganz egal, wie heimlich sie es machten
Jesus erkannte bereits, was sie im Stillen dachten

So heißt es heute im Evangelium
als Jesus heilt den Gelähmten in Kafarnaum

Ich staune: Wie macht denn dieser Jesus das bloß
das auch zu können wär’ doch wirklich recht famos

Was würd’ ich geben, es würde mir geschenkt
zu wissen, was der andere wirklich denkt

Ich mein’, das Leben würde dann berechenbar
ich könnt viel einfacher reagieren, ja fürwahr

Wie schön wär’s, in die Köpf hineinzuschaun
Wenn andere mir nicht so recht traun

Zu wissen, ob er wirklich sagt, was er meint
ob hinter dem freundlichen Lächeln wirklich Zuneigung erscheint

Ob es wirklich ehrlich ist oder ein taktisches Spiel
das zu wissen, dafür würd’ ich geben viel.

Auch so manche Frau sagt zu ihrem Mann
wenn ich nur könnt’, was ich nicht kann

Ich möcht bei deinem Schweigen manchmal in deinen Kopf rein schaun
ich möcht wissen, ob ich das noch kann, dir wirklich traun

Ich möcht gern wissen, was du wirklich denkst und fühlst
möcht herausfinden, was du wirklich noch im Leben willst

so ruhig und cool wie du tust, bist du nicht
viel wohler wär’ mir, wenn du mit mir darüber sprichst


Die große Kunst des Lebens ist wie mir scheint
hinter dem, was einer sagt, herauszufinden, was er wirklich meint

In jedem 0815 Geschäftsbrief lese ich: mit freundlichen Grüßen
Ist es echt, oder heißt das: auf den Mond würd ich dich am liebsten schießen

Im Geschäft frag ich mich: Ist das wirklich jetzt ein ehrlicher Rat
wenn der Verkäufer empfiehlt mir das bessere und teurere Fabrikat

Hat er wirklich das Wohl vom Kunden jetzt im Sinn
oder geht ihm nur im Kopf herum der höhere Gewinn

An einem Haus geh ich vorüber, da geht die Tür auf einmal zu ganz husch
und schon denk ich, was hat sie nur, was steht jetzt schon wieder im Busch

Ach wie schön, dass wir uns heute sehn
sagt sie und ich sah, sie wollt doch auf die andere Straßenseite gehn

Was würd ich geben, es würde mir geschenkt
zu wissen, was der andere wirklich denkt

Was hat Papst Benedikt wirklich dabei gedacht
als er vor den Piusbrüdern solche Kratzfüß macht

War es wirklich Sorge, dass die Traditionalisten wieder heimkehr’n in Mutters Kirche Schoß
oder doch wieder nur hintenrum gegen die modernen Strömungen ein fieser Stoß?

Was diese frommen Brüder sich können da erlauben
bei vielen andern hätt’ er angezogen die Daumenschrauben

Egal was der Papst sich hat bei Bischof Williamson gedacht
die Piusbrüder haben sich ganz schön ins Fäustchen gelacht

Der Schuss ging ja ganz schön nach hinten los
mich als Mann der Praxis ärgert dies dann bloß

Als Pfarrer ackerst und rackerst du, wirbst für die Kirche um Vertrau’n
doch dann heißt’s wieder: Schaut hin, welchen Mist die da bau’n

Zu was ist die Kirch denn heut noch zu gebrauchen
die kannst doch langsam nur noch in der Pfeife rauchen


Ich könnt dann kochen, bin im Innern so richtig dann erbost
doch wenn ich mich dann umschau, ist es mir ein schwacher Trost

Nirgends kannst du richtig schau’n hinter die Kulissen
nirgends wirst du es am Ende richtig wissen

Was da gesagt wird: War es wirklich so gemeint
oder hat man sich es nur wieder einmal kunstvoll zamgereimt

Die gestelzten Erklärungen in Berlin oder dem Vatikan
damit hinter die harte Wahrheit nicht kommt der kleine Mann

Was würd’ ich geben, es würde mir geschenkt
zu wissen, was der andere wirklich denkt

Ich würd’ gern wissen: Ist Michel Glos wirklich so müd und abgeschafft
oder haben ihn Intrigen so schnell hinweggerafft

Die großen Verlautbarungen, die dann produziert werden so geschwind
die riechen doch von weitem auch noch bei heftigsten Gegenwind

nach erstunken und verlogen
nach ganz schön die Wahrheit krumm gebogen

Was würde ich geben, es würde mir geschenkt
was da der eine so über den anderen wirklich denkt

Ich stelle mir die Welt dann so einfach vor
doch plötzlich weiß ich: Was bist du doch für ein tumbes Tor

Vielleicht wär’ es gar nicht so zu erstreben
vielleicht könnten wir gar nicht mehr so blauäugig leben

Vielleicht hieltest du es dann gar nicht aus
vielleicht wär’s dann für dich wirklich ein Graus

wenn du wie Jesus wissen würdest, was die Menschen wirklich denken
vielleicht könntest du dann überhaupt kein Vertrauen mehr schenken

vielleicht hat der liebe Gott die Falschheit ein bisschen in die Welt mit eingebaut
weil sonst kein Menschlein dem anderen mehr so naiv vertraut

Wenn die Welt wär’ so frisch, frank, frei und ehrlich
vielleicht wär’ die Wahrheit dann doch für uns zu beschwerlich

Wenn ich immer wüsste, was Sie jetzt so bei der Predigt denken,
vielleicht würd’ ich mich bei manchen Formulierungen dann verrenken

Drum werd ich sie nun gar nicht erst fragen
bei dem, was ich hab heute vorgetragen

was Ihnen wohl für Gedanken dabei kamen,
sondern sag jetzt ganz ganz schnell nur : Amen


Pfarrer Stefan Mai

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