Was drinnen gefeiert wird muss raus auf den Marktplatz und unter die Leut!

Predigt zum Dreikönigstag

Einleitung

Haben Sie es bei der Feier der Liturgie über die Weihnachtstage hin bemerkt? Die Nachricht über Geburt eines einfachen Armeleute-Kindes kommt immer mehr unter die Leute. Zuerst nehmen nur ein paar Hirten Notiz von dem Geschehen in der Abgeschiedenheit eines Stalles von Bethlehem, dann zwei alte Leutchen im Tempel von Jerusalem. Erst durch das Auftreten der Weisen aus dem Osten gerät dieses Kind in die Öffentlichkeit des Weltinteresses. Ein König fängt das Zittern an und die Weisen aus dem Morgenland gehen vor einem Kind in die Knie.

Predigt

Ich singe es einfach gerne das schwungvolle Weihnachtslied „Adeste fideles...Herbei, o ihr Gläubigen...“ Das Lied, das immer nach jeder Strophe einmündet in den Refrain „Kommt, lasset uns anbeten“. „Kommt, wir wollen nach Bethlehem gehen“, diese Worte der Hirten und die Haltung der Weisen aus dem Morgenland, die nach Bethlehem kommen, in die Knie gehen und in das Kind anbeten, singt uns das alte Weihnachtslied freundlich zu.
Diese Worte haben unsere Vorfahren auch als Programm und wie eine große Einladung von Johann Peter Wagner in das Zentrum des barocken Altaraufbaus schreiben lassen. Jeder Besucher unserer Kirche kann diese Inschrift „Venite adoremus“ lesen und ist eingeladen, sich auf dieses „Kommt lasset uns anbeten“ einzulassen. Bis heute lädt diese Altarinschrift unserer Kirche ein, sich Zeit zu nehmen, sein Leben ins Gebet zu nehmen, die Gedanken fliegen zu lassen, an Gott zu denken, Gottesdienste mitzufeiern, dem Fingerzeig der vier Evangelisten auf den Tabernakel zu folgen.

Doch das war unseren Gerolzhöfer Vorfahren nicht genug. Das Programm des Innenraumes „Venite adoremus“ stellten sie auch draußen an der Kirche dar. Sie schrieben es nicht mit Worten auf die Kirchenwand. Sie stellten auf den Stützpfeilern unserer Kirche zum Marktplatz hin bildlich die Szene dar, wie drei Könige zu Maria kommen, auf deren Schoß lächelnd, fast frech der kleine Jesus sitzt. In den drei Königen kommen die drei Generationen zu Jesus. Ganz hinten in dem jungen König die Jugend. Im mittleren König die Elterngeneration. Und ganz vorne ist in dem ältesten König die alte Generation vor dem Jesuskind in die Knie gegangen. Es gibt zu denken: Auch auf der Südseite zum Marktplatz, zum Rathaus hin, dort wo Geschäfte liegen, dort wo täglich sich viele Menschen begegnen, dort wo Leben sich abspielt, dort das gleiche Programm, die gleiche Einladung an alle Generationen: Venite adoremus - Kommt lasset uns anbeten, kommt lasset uns anbeten den König den Herrn. Was soll das?

Ich glaube: Unbewusst wollten unsere Vorfahren mit diesen drei Königen dazu einladen, Gott nicht nur im Kirchenraum zu feiern, sondern auch draußen im Alltag Gott zu suchen. Sie wollten mit diesem Bildprogramm Menschen einladen, nicht nur im Kircheninnern scheinheilig fromm zu sein, sondern den Glanz des Glaubens auch hinaus ins Leben zu tragen. Nicht nur mit den Lippen fromm in der Kirche zu beten, sondern auch draußen im Leben glaubwürdig zu bezeugen. Sie wollten einladen, vor diesem Jesus in die Knie zu gehen und darum werben, dass der Mensch nie größer ist als wenn er dem Leben dient und zu Gott emporschaut.

Liebe Sternsinger,
auch Ihr geht heute von unserem Kirchenraum aus hinaus auf die Straßen und in die Häuser unserer Stadt und singt dabei das Lied: „Stern über Bethlehem, zeig uns den Weg, führ uns zur Krippe hin, zeig, wo sie steht, leuchte du uns voran, bis wir dort sind, Stern über Bethlehem, führ uns zum Kind.“ Ich bitte euch, lasst euch als junge Menschen die Sehnsucht, die in diesem Lied steckt, nie austreiben. Und bevor ihr aus unserer Kirche geht, schaut noch einmal auf das Programm, das über unserem Altar steht. Und wenn ihr draußen auf dem Marktplatz steht, schaut nochmals zu den drei Königen hoch. Denn auch ihr tragt das große Programm unserer Kirche heute in die Öffentlichkeit : „Venite adoremus.“


Pfarrer Stefan Mai

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