In Liebe investieren

Predigt zum Stefanustag 2008

Einleitung

Wussten Sie eigentlich, dass die Wirtschaftsbegriffe „Investment“ - „investieren“ ursprünglich überhaupt nichts mit Geld oder Kapital zu tun haben, sondern vom lateinischen Wort investire kommen. Und das bedeutet „einkleiden“. Die Armen einkleiden - die beste Investition? Diese Frage stellt der Tag des hl. Stefanus, des ersten großen Armenfürsorgers unserer Kirche.

Predigt

Vor einem halben Jahr war es noch ein wahres Fieber: in Aktien investieren, in Immobilien, in Hedgefonds. Spekulieren gehörte für viele zum täglichen Nervenkitzel. Geld vermehren, ohne auch nur den Finger zu krümmen.
Viele haben sich dabei die Finger verbrannt und verfluchen so manche Bank, die sie dazu animiert hat: Investieren Sie bei uns! Vertrauen Sie unserer Fachkompetenz! Verdienen Sie Ihr Geld im Schlaf. Wir arbeiten für Sie.
Und über Nacht war alles weg.
Inzwischen sind die Menschen vorsichtiger geworden. Konservative Anlagen sind wieder gefragt. Ein neuer Goldrausch ist erwacht: Das plötzlich wieder erstarkte Vertrauen in blanke Goldbarren hat deren Wert in nie erreichte Höhen schießen lassen.
Sichere Anlagen bei vertrauenswürdigen Anlegern sind gesucht.
Auf diesem Hintergrund bekommt es einen ganz neuen Klang, wenn Adveniat mit einem großen Plakat in der Münchener Innenstadt Werbung macht. In riesigen Lettern steht darauf: In Liebe investieren.
Ganz klar: Adveniat will damit um Spenden werben. Aber es geht um eine alternative Anlage: Ich investiere nicht in die erhoffte Aufwärtsfahrt von toten Aktien, sondern in die Entwicklungsmöglichkeit von Menschen, die ohne diese Unterstützung unter die Räder kämen.
Ich investiere in neue Hoffnung und in Bildungschancen. Der Gewinn kommt nicht in Form von Dividenden zurück, sondern dient dem Aufbau einer gerechteren Welt und verhilft anderen zu mehr Lebensqualität.
In Liebe investieren - das ist die älteste christliche Anlageform. Der Pionier dieser ganz besonderen Aktienfonds heißt Stefanus. Von ihm wird erzählt: Er hatte ein Auge für die zurückgekehrten Aussiedler in Jerusalem, die von den Einheimischen als Störfaktor links liegen gelassen wurden. Damit beginnt seine Konfliktgeschichte, die tödlich endet.

Aber seine Idee hat Schule gemacht. In der Alten Kirche ist seit Stefanus die ureigene Aufgabe der Diakone die soziale Frage. Einer seiner ganz großen Nachfolger war der hl. Laurentius in Rom. Von ihm wird erzählt:
Zur Zeit des Kaisers Valerian wurde Papst Sixtus in Rom vor Gericht gestellt und zum Tod verurteilt, weil er sich weigerte, dem Kaiser zu opfern. Während er zur Hinrichtungsstätte geführt wurde, rief Sixtus seinem Diakon Laurentius zu: „Harre aus bei der Gemeinde, solange es Gott gefällt. In deine Hände lege ich die Schätze der Kirche.“ Der Kaiser hörte das und wollte dem Diakon Laurentius das Geheimnis entreißen, wo er die Reichtümer der Kirche verborgen halte. Denn er war begierig, das Gold,das Silber und die kostbaren Gerätschaften an sich zu bringen. Darum versprach der Kaiser ihm Leben und Freiheit, wenn er ihm den Schatz ausliefere. „Wohl besitzt die Kirche einen kostbaren Schatz“, gab Laurentius zur Antwort, „und der Reichtum ist von solchem Glanz, wie ihn der Kaiser niemals gesehen hat. Doch nicht an einem Platz ist er verborgen, sondern weit umher verteilt in allen Gassen der Stadt. Gib mir drei Tage Zeit, so will ich vor dir ausbreiten, was wir Christen als unser kostbares Gut erkennen. Und nicht ein Stück soll dir verborgen bleiben.“
Der Kaiser war damit zufrieden. Er ließ Laurentius frei und wartete mit Ungeduld auf den erhofften Schatz. Laurentius ging indes durch die Stadt und verschenkte alles Gut der Kirche unter die Bedürftigen. Tag und Nacht war er unterwegs, um die Not zu lindern und reichlich auszuteilen. Am dritten Tage aber sammelte er um sich alle Armen, Lahme und Blinde, die Kranken und Ausgestoßen, denen die neue Lehre von Christi Barmherzigkeit und Güte ein Trost geworden war in ihrem Elend. Mit ihnen zog er vor den Palast des Kaisers und rief: „So halte ich mein Versprechen. Siehe, das ist der unvergängliche Schatz unserer Kirche. Achte ihn nicht gering! Heller als Gold und Diamanten strahlt in den Herzen der Armen der Glanz des Glaubens.“
Der Kaiser wurde wütend und ließ Laurentius auf dem Rost zu Tode schmoren. Aber seine Idee „in Liebe investieren“ konnte er nicht verbrennen.
Liebe Leser,
wenn ich auf diese diakonische Bewegung unserer Kirche schaue: Gibt es eine Anlageart, die sicherer ist und die Finanzmoden besser überdauert als: in Liebe investieren?

Fürbitten

Herr Jesus Christus, du kamst in eine Welt voller Hass und Gewalt. Wir bitten dich:

- Für Frauen und Männer, die auf Grund ihrer Religion verfolgt oder angefeindet werden. Hilf ihnen , ihr Leben zu schützen, ohne sich zu verhärten
Lasset zum Herrn uns beten: Herr, erbarme dich ... (GL 358)
- Für Menschen, die uns ein Vorbild im Glauben sind. Leuchte so durch sie hindurch, dass sie unser Leben erhellen können ...
- Für Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz finden: Hilf ihnen, nicht an sich selbst zu zweifeln und die Hoffnung nicht aufzugeben ...
- Für alle Frauen und Männer, die sich in der kirchlichen und kommunalen Sozialarbeit für notleidende und benachteiligte Menschen engagieren: Gib ihnen Stehvermögen und die nötige Sensibiilität ...
- Für unsere Verstorbenen, die über den Tod hinaus zu unserem Leben gehören: Schenke ihnen das ewige Leben ...

Gott, du Quelle der Weisheit und des Trostes. Lass über uns dein Angesicht leuchten und höre unser Gebet durch Christus, usneren Herrn.


Pfarrer Stefan Mai

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