… wie im Himmel

Predigt zur Kirchweih in Maximilian-Kolbe 2008

Als Franken fühlen wir uns zwar nicht als waschechte Bayern, aber trotzdem singe ich sie gerne, die bayerische Landeshymne:

Einspielen: „Gott mit dir, du Land der Bayern“

Und wie in einem Höhepunkt kulminieren alle Strophen im Refrain: „… und erhalte dir die Farben deines Himmels weiß und blau!“ Und das schätzen wir ja auch an Bayern: das Land mit den blauen Seen, in der Ferne die blauen Berge – und darüber das Blau des bayerischen Himmels.
Natürlich durfte in Bayern das Blau auch in den Gotteshäusern nicht fehlen. Aber im Mittelalter die Farbe „blau“ herzustellen war ungeheuer schwierig und teuer. Dafür musste man aus dem Orient den kostbaren Lapislazuli-Stein einführen. Er wurde gemahlen. Und daraus wurde das ultramarine Blau hergestellt. Mit dieser kostbaren Farbe schmückten die Bayern die Deckengewölbe ihrer Barockkirchen. Sie liebten den Blick zu diesem blauen Himmel in der Kirche und verzierten ihn mit vielen Heiligen. Sie wollten mit dem Blau an den Decken nicht nur den blauen bayerischen Himmel, sondern den wirklichen Himmel in ihre Kirche holen.
Im Jahr 2005 wurde die Klosterkirche von Altomünster – sie liegt zwischen Augsburg und München – aufwändig restauriert. Die Restauratoren stießen dabei auf einen interessanten Befund: Als sie das braune Kirchengestühl untersuchten, fanden sie plötzlich unter verschiedenen Farbschichten – das Blau. Sie staunten: In der Originalausstattung war das gesamte Kirchengestühl im bayerischen Blau gehalten.
Der Gläubige, der in diesem Kirchengestühl Platz nahm, sollte das Gefühl haben: Nicht nur die Heiligen, nicht nur die Engel schweben im himmlischen Blau, auch ich als ganz normaler Kirchenbesucher werde gleichsam in den blauen Heiligenhimmel, wie er im Deckengemälde dargestellt wird, mit hineingenommen.
Die Kirchenbesucher, die sich in die blauen Bänke setzten, sollten das Gefühl haben: Hier darfst du die staubigen Kleider des Alltags ausziehen; manches, was dich belastet, hinter dir lassen – und dich wie im Himmel fühlen. Hier darfst du einmal die Erdenschwere abstreifen und wie auf Wolken gehen.
Hier darfst du einmal ein anderer sein. Hier zählt nicht, ob du Lehrer oder Schuster, Geschäftsführerin oder Verkäuferin bist. Hier zählt: Der Himmel gehört allen – gleich.
Liebe Leser, in unserer Kirche wölbt sich weder ein barocker blauer Himmel über uns, noch sitzen wir wie auf Wolken in einem blauen Kirchengestühl. Aber trotzdem wünsche ich uns zum 20. Kirchweihjubiläum, dass wir in festlichen Gottesdiensten uns manchmal wie im Himmel fühlen. Wie himmlisch kann der Duft von Weihrauch sein, wie himmlisch ein schöner Gesang, wie himmlisch ein meditatives Orgelspiel, wie himmlisch die Ruhe vor einem Gebet oder nach der Predigt. Ich wünsche uns allen, dass wir dieses Gefühl manchmal haben können: In unserer Kirche ist es wie im Himmel.


Pfarrer Stefan Mai

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