Feuerwerk oder Dauerbrenner

Predigt zum Pfingstfest

Einleitung

Von unserer christlichen Bilderwelt her sind wir es gewohnt, dass die sieben Gaben des Geistes so dargestellt werden: Die Taube schießt aus dem Himmel herunter, sperrt den Schnabel auf und sieben Feuerstrahlen schießen auf die Menschen herab.
In unserer Kirche steht über Pfingsten eine andere Installation. Sieben Säulen, auf denen sieben Feuer brennen. Und ganz bewusst: sieben große Schalen, die zum Ausdruck bringen: Das wäre eigentlich Pfingsten: Sich öffnen für die Gaben des heiligen Geistes und selbst zum Träger dieser Gaben werden.

Predigt

Bis heute ist für die Schweinfurter das Abschlussfeuerwerk beim Volksfest eine große Attraktion. Nachts um elf füllt sich der Volksfestplatz. Auf den Anhöhen Schweinfurts tummeln sich hunderte von Schaulustigen und alles wartet auf das bombastische Schauspiel. Mit Böllerschüssen und Zischen flitzen die Leuchtraketen hoch in den Himmel, zerbersten oben in immer neue Leuchtformationen. Eine wahre Wunderwelt wird in den Himmel gezaubert. „Ah, Oh...“, raunt es durch die Zuschauermenge, wenn die Raketen immer höher steigen und ihre Farben- und Formenpracht entfalten und wie Sternschnuppen vom Himmel fallen. Staunen, Applaus, Bewunderung für das Feuerwerk. Doch dann wird es mit einem Schlag still. Am Himmel wird es wieder dunkel. Der Zunder ist wieder vorbei.

Das Phänomen Feuerwerk ist auch bei Menschen zu beobachten. Da zündet einer schwer auf, veranstaltet ein wahres Feuerwerk, schießt leuchtende und hehre Ziele an den Unternehmerhorizont, den Politikerhimmel oder in die Kirchenlandschaft, möchte mit neuen Ideen beeindrucken und versprüht förmlich Begeisterung und Energie. Doch wie oft stellt sich dann bei neuen Stelleninhabern, egal ob in Kirche, Politik oder Wirtschaft, ein paar Monate oder Jahre später vieles als Feuerwerk heraus. Schnelles Auflodern, baldiges Verlöschen. Oder andere haben schon die Gegenwinde losziehen lassen und ihre Löscharbeit verrichtet, bevor das Feuerwerk überhaupt richtig losgehen konnte. Und wie oft bleiben dann statt brennender Menschen ausgebrannte, statt geist- und ideenerfüllter Menschen leere und statt sprühender Menschen resignierte zurück.

Da hatten ein paar junge Leute Feuer gefangen. Dieses Feuer für die Sache Gottes, das Jesus auf die Erde werfen wollte, hatte sie angesteckt. Durchs Feuer wollten sie für diese Sache gehen. Doch nach drei Jahren blieben sie müde und ausgebrannt zurück. Nur ja sich nicht mehr die Finger verbrennen, lautete die neue Devise. Doch die Nachricht, dieser gekreuzigte Jesus ist wie ein Phönix aus der Asche wieder auferstanden, ließ auch sie unter der Aschenschicht der Angst und der Enttäuschung die eigene Glut wieder suchen. Sie kommen wieder zusammen, schmieden wieder Pläne und dann passiert’s:
Es kracht, es lodert, es funkt, wirbelt und zischt – ein wahres Feuerwerk wird da abgezogen: „Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer.“ Doch dann heißt es: Die Feuerzungen verteilten sich, auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Geist erfüllt.
Da wird nicht nur kurz ein Feuerwerk aufgezündelt. Die Feuerzungen lassen sich nieder, die Jünger fangen selbst Feuer und werden zu brennenden Personen und bewahren sich dieses Feuer. Und bald, so erzählt die Apostelgeschichte, läuft das Feuer des Evangeliums in rasender Schnelle durch die antike Welt.

Liebe Leser, das wissen wir doch alle: Die Kunst des Lebens besteht nicht darin, ein Aufsehen erregendes und schnell erlöschendes Feuerwerk zu entzünden, sondern sich auf Dauer das Feuer der Begeisterung zu bewahren. Für das Urchristentum sind das die Kennzeichen des heiligen Geistes: Langer Atem und nicht nur kurzes Aufzündeln; andere mit Begeisterung anstecken und nicht nur das Augenmerk auf sich selbst ziehen. Nicht nur äußerlich berührt sein, sondern innerlich ergriffen. Deswegen möchte ich die Bitte aus der früheren Pfingstandacht „Komm und entzünde in uns das Feuer deine Liebe“ durch den Zusatz erweitern: „…und bleibe dauerhaft bei uns.“

Fürbitten

Herr, unser Gott, heute am Pfingstfest beten wir um die sieben Gaben des heiligen Geistes:

Lasset uns beten um den Geist der Stärke
Kyrie eleison
Lasset uns beten um den Geist der Weisheit
Kyrie eleison
Lasset uns beten um den Geist der Einsicht
Kyrie eleison
Lasset uns beten um den Geist des Rates
Kyrie eleison
Lasset uns beten um den Geist der Erkenntnis
Kyrie eleison
Lasset uns beten um den Geist der Frömmigkeit
Kyrie eleison
Lasset uns beten um den Geist der Gottesfurcht
Kyrie eleison


Pfarrer Stefan Mai

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