Wir haben uns doch geschworen, dass wir immer Freunde sein wollen...

Predigt zum Weißen Montag

Manfred und Peter sind Freunde. Peter ist kleiner und schwächer als Manfred und auch ein bisschen ängstlicher. Dafür hat er in Mathe bessere Noten und hilft Manfred, wenn er nicht weiterkommt.
Manfred und Peter haben einander Freundschaft versprochen. Doch da kommt ein neuer Schüler in die Klasse. Jochen heißt er. Jochen ist groß und stark und sofort bei allen beliebt. Eines Tages sagt er zu Manfred: „Peter ist ein mickriger Schwächling und außerdem ein Streber. Dass du den als Freund hast! Warum bist du nicht mein Freund?“ Manfred fühlt sich sehr geschmeichelt, dass ausgerechnet Jochen ihn zum Freund haben will.
Und plötzlich ist Peter in Manfreds Augen ein mickriger Schwächling. Manfred überlegt sich, ob er ihn überhaupt noch zum Freund haben will, wo er jetzt doch genauso gut Jochen haben könnte, der groß und stark ist. „Ich glaube, ich will lieber Jochen zum Freund“, sagt er zu Peter.
Peters Augen werden traurig. Und er bringt nur noch schluchzend heraus: „Wir haben uns doch geschworen, dass wir immer Freunde sein wollen!“


Liebe Kinder, ihr erinnert euch an das Thema unseres feierlichen Gottesdienstes am gestrigen Erstkommuniontag? „Kumpane Jesu“ hat es gelautet. Ihr habt noch die Worte im Ohr, die der Priester immer spricht, wenn er bei der Wandlung den Kelch zeigt: „Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes.“ Das heißt nichts anders als: Jesus möchte mit einem jeden von uns für immer verbunden bleiben.
Ich bin überzeugt, ihr habt den guten Willen, zu sagen: „Ja, Jesus, du bist mein Freund!“ Aber ihr spürt auch in euch, die Beziehung und Freundschaft mit ihm kann schnell an Reiz verlieren, sie kann schnell erkalten. Denn diese Freundschaft mit Jesus ist einer ständigen Konkurrenz ausgesetzt. Vieles wirbt um eure Freundschaft. Und da hat es einer, der nicht richtig zu sehen, der nicht richtig zu greifen ist, schwer. Gegenüber den vielen Dingen, die unsere Zeit anbietet, hat es einer wie Jesus nicht leicht. Denn er verspricht kein Geld, keinen Erfolg, kein Ansehen, keine vordersten Plätze. Was er verspricht ist: Wenn du dich an meine Worte hältst, dann kannst du dir, deinen Mitmenschen und auch Gott in die Augen sehen. Diesem Jesus kann es leicht so ergehen, wie es dem Peter ergangen ist. Er möchte ein verlässlicher Freund sein, hat es aber nicht in der Hand, ob sein Freundschaftsangebot angenommen wird.

Liebe Kommunionkinder! Von einem bin ich allerdings überzeugt: Jesus wird sich nicht in einen Schmollwinkel zurückziehen und die Freundschaft aufkündigen, wenn sie nicht angenommen und geschätzt wird. Er wird sich aber auch nicht aufdrängen. Er wartet geduldig auf die Hand, die ihm in Freundschaft gereicht wird und er wird mit dem als Freund durchs Leben gehen, von dem er dazu eingeladen wird.


Pfarrer Stefan Mai

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