Zweimal kommunizieren

Predigt zum Gründonnerstag

Einleitung

Herr Pfarrer, darf ich zweimal zur Kommunion gehen, wenn ich in der Osternacht gehe, darf ich dann am Ostersonntag noch mal? Eine Frage, die ich manchmal höre. Natürlich ist es erlaubt, in der Osternacht und am Ostersonntag zu kommunizieren.
Aber die Frage hat für mich noch einen viel tieferen Sinn. Und darauf gibt der Gründonnerstag eine Antwort.

Predigt

Der Gründonnerstag gilt traditionell als der Tag, an dem Jesus das „allerheiligste Altarsakrament“ eingesetzt hat. Merkwürdig, dass ausgerechnet an diesem Tag die Liturgie das Evangelium auswählt, in dem die Einsetzungsworte fehlen: das Johannesevangelium.

Da wird zwar auch von einem Letzten Mahl Jesu erzählt. Aber es ist keine Rede davon, dass Jesus das Brot nimmt, es bricht und die Worte sagt: „Das ist mein Leib!“. Keine Rede davon, dass Jesus den Kelch nimmt, ihn seinen Jüngern reicht und sagt: ,Das ist mein Blut, das für euch vergossen wird!“ Kein Erinnerungsauftrag: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“

Im Johannesevangeliums steht etwas ganz anderes im Vordergrund: die Fußwaschung. Sie wird direkt anstelle der Einsetzungsworte erzählt. Anstelle der Worte „Das ist mein Leib für euch“ ein sozialer Dienst füreinander.

Was soll das? Mutter Teresa von Kalkutta hilft mir, es zu verstehen. Von ihr stammt das Wort: „Ich kommuniziere jeden Tag zweimal. Einmal in der Kapelle bei der heiligen Messe und dann draußen auf den Straßen von Kalkutta, jedes Mal, wenn ich einen Armen oder Sterbenden berühre.“

Mutter Teresa hat kapiert, was das Johannesevangelium seinen Hörern ganz eindringlich vor Augen hält: Kommunion nur in der Liturgie ist eine halbe Sache. Wenn diese Kommunion keine Folgen im alltäglichen Leben und Verhalten zeigt, hat sie keinen Sinn. Nur für die private Frömmigkeit und Erbauung ist sie von Jesus nicht gedacht. Mutter Teresa hat kapiert: Wirklich in „Kommunion“ mit Jesus steht nur, wer andern im Leben zu Diensten ist, wer sich nicht zu schade ist, seine Hände für andere schmutzig zu machen.


Pfarrer Stefan Mai

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