Pfarrwallfahrt nach Üchtelhausen am 22.September 2007

Thema: Inspirationen aus dem Leben einer ungewöhnlichen Frau

Lied: GL 615/1+2

Einleitung

Viele Plakate laden in diesem Jahr zu Veranstaltungen nach Thüringen auf die Wartburg oder nach Eisenach ein. Nach Schmalkalden oder Marburg. Im Meininger Theater finden eigene Veranstaltungen statt und die Wartburg wird für ein eigens komponiertes Musical zur Theaterkulisse. Zu ihrer Person sind in diesem Jahr viele Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt aufgetaucht. Der Anlass: eine Frau, die gerade 24 alt geworden ist: Elisabeth von Thüringen.
Im Jahr 1207 wurde sie geboren und so jährt sich in diesem Jahr ihr Geburtstag zum 800. Mal. In kürzester Zeit wurde diese Frau heilig gesprochen, ihr Name war durch alle Jahrhunderte ein beliebter Vorname, viele Kirchen tragen ihren Namen, viele caritative Vereine haben sie als Patronin gewählt. Elisabeth, eine ungewöhnliche Frau, die bis heute viele Menschen fasziniert.
Auf unserer Pfarrwallfahrt wollen wir auf das Leben von Elisabeth, dieser außergewöhnlichen Frau des 13. Jahrhunderts, schauen, ihr so kurzes und doch so intensives Leben in 7 Stationen auf uns wirken lassen. Die Gestalt dieser ungewöhnlichen Frau soll uns heute begleiten, Impulse und Anregung zum Nachdenken auf den Weg nach Üchtelhausen geben.

Gemeinsames Gebet

Lied: 615/3



1. Elisabeth, das programmierte Kind

I

Elisabeths Leben fängt gut an. Im Jahre 1207 wird sie in Pressburg in Ungarn als Königstochter geboren. Ihr Vater ist der ungarische König Andreas II., ihre Mutter kommt aus dem Andechser Fürstengeschlecht. Äußerlich gesehen ist das Kind bestens versorgt. Elisabeth wird jedoch schon, wie es damals aus politischen Gründen üblich war, im Alter von einem Jahr dem Sohn des thüringischen Landgrafen zur Heirat versprochen. Als vierjährige wird sie mit großem Gefolge und vielen Geschenken nach Thüringen gebracht. Aber viel wichtiger noch, auch ihre beste kleine Freundin Guda kommt mit, auf die Wartburg bei Eisenach. Ein vertrautes Gesicht soll Elisabeth aus der Heimat noch wenigstens bei sich haben. Im Gepäck der kleinen Elisabeth befinden sich außer einer reichen Aussteuer noch einige persönliche Sachen: Ihr silberner Badekübel und ihre Wiege – Erinnerungen an das verlorene Zuhause und eine unbeschwerte Zeit.
Im Jahr 1213, Elisabeth ist gerade 6, stirbt ihre leibliche Mutter. Im Jahr 1216 stirbt ihr Verlobter, der junge Hermann, dem sie als Frau versprochen war. Und einig Monate später sein Vater, Landgraf Hermann, der die kleine Elisabeth ungeheuer lieb gewonnen hatte und um ihr Wohl besorgt war. Plötzlich ist ihre Zukunft ungewiss und unsicher geworden. Ihr Zukünftiger und ihr Beschützer waren tot. Was soll sie nun noch auf der Wartburg? Zum Verlust ihrer unbeschwerten Kindheit und der Schwierigkeit eines Neuanfangs in einer völlig fremden Umgebung kommt für Elisabeth, nachdem sie endlich angekommen ist, ein Gefühl der erneuten Verlorenheit und Ungewissheit.

II

Ein richtiges Zuhause haben – das ist etwas Wunderschönes und eine uralte Sehnsucht von Menschen. Einen Ort und Beziehungen haben, wo man einfach sein darf, sich wohl und geborgen fühlt, angenommen geschätzt und geliebt. Das ist, was das programmierte und verplante Kind Elisabeth nicht lange hat erleben dürfen. Das Gefühl, hin- und hergestoßen werden und nirgendwo hingehören gehörte zum Lebensgefühl der Elisabeth. Zudem das Fertigwerden mit dem Verlust der Menschen, die ihr Halt und Geborgenheit gaben.

Wie denke ich heute über meine Kindheit, mein Zuhause?

Kenne ich das Gefühl, einfach programmiert zu werden, gebraucht, eingebaut zu werden, aber das Gefühl nicht loswerden können: Eigentlich nimmt mich keiner wahr. Ich bin für niemanden wichtig?
Gab es in meiner Kindheit Verluste von Menschen, die ich sehr lieb gehabt habe?

- Stille -


III

Gebet:
Gott, wenn ich mir verloren, einsam, heimatlos vorkomme.
Wenn mir alles fremd erscheint, dann lass mich deine Nähe spüren. Dann halte mich. Schenke mir Geborgenheit, nach der ich mich so sehr sehne. Amen

Lied: 656/1-4


2. Auf der Suche nach Heimat

I

Es ist kein Wunder, dass dieses Kind Elisabeth, das früh aus ihrer ungarischen Heimat weggegeben wurde auf der Suche nach Heimat war. So wird von ihr berichtet, dass sie beim Spielen mit anderen Kindern häufig in die Nähe der Kapelle lief und die Türschwelle oder Mauer küsste. Sie verbrachte viel Zeit in der Kapelle. Häufig traf man sie schon als Fünfjährige an, wie sie ausgestreckt vor dem Altar lag oder kniete und mit erhobenen Händen zu Gott betete.
Ein Kind, das schon früh den Verlust ihrer Eltern erlebt und ihres Zuhause erlebt hat, klammert sich an Gott. Gott wird mehr und mehr zu seinem Zuhause. Die Beziehung zu Gott ersetzt Elisabeth Vater und Mutter. Von ihm fühlt sie sich verstanden und angenommen. Ihm vertraut sie im Gebet alles an. Gott allein möchte sie gefallen und gehorchen. Sie „handelt“ mit Gott. Ihm verspricht sie für den Sieg beim Spiel Gebete. Ihren Gefühlen gegenüber Gott traut sie sich spontanen und temperamentvoll Ausdruck zu verleihen. Als die kleine Elisabeth eines Tages wieder mit der Landgräfin Sophie zur Kirche geht, trägt sie standesgemäß ein Krönchen aus Gold und Edelsteinen. Plötzlich nimmt sie es ab und stellt es neben sich hin. Stur weigert sie sich, es wieder aufzusetzen. Als sie nach dem Gottesdienst von Gräfin Sophie ermahnt wird, kontert die Kleine: Ich kann doch keine Krone aus Gold auf dem Kopf tragen, wo Jesus mit Dornen gekrönt ist.

II

An Elisabeth können wir auf Schritt und Tritt beobachten, dass sie kompromisslos und ungestüm ihren Weg mit Gott geht und das tut, von dem sie denkt, dass es Gott gefällt.

Wenn ich auf mich schaue: Spüre ich in mir eine Sehnsucht nach Gott? Was sind bei mir Zeichen meiner Freundschaft und Verbundenheit mit Gott

- Stille -


III

Wir beten abwechselnd den Psalm 63, GL 676. Es ist ein Gebet, das von dieser Sehnsucht nach Gott getragen ist.

Lied: GL 807/1+2


3. Die Fremde

I

Die junge dunkelhaarige Königstochter aus dem unbekannten Osten bringt Unruhe auf den Fürstenhof auf der Wartburg. Nicht nur die intensive Frömmigkeit der jungen Frau wirkt auf viele befremdend, sondern auch ihr auffälliges gesellschaftliches Verhalten. Elisabeth ist ein Fremdkörper am Fürstenhof in Thüringen. Sie ist zu eigen. Anders. Nicht konform mit der übrigen adeligen Gesellschaft. Schon als Kind spielt sie gerne mit Kindern aus einem niedrigeren Stand. Und viel Zeit verbringt sie mit dem Dienstpersonal und arbeitet mit den Mägden – ein vollkommen unangemessenes Verhalten für eine junge Frau ihres Standes. Von ihrer Ersatzmutter Sophie muss sie sich deswegen anhören, dass sie besser zur Dienstmagd als zur Fürstin tauge.
Als Elisabeths Verlobter Hermann 1216 stirbt, werden die Stimmen am Hof lauter, die das Mädchen wieder nach Ungarn zurückschicken wollen. Die Landgräfin Sofie, selbst eine gläubige Frau, möchte Elisabeth in ein Kloster geben.

II

Elisabeth, die Fremde, die Andere. Unverstanden. Ungewollt. Misstrauisch beäugt. Durch ihr unkonventionelles gesellschaftliches Verhalten fühlen sich die Wohlhabenden in Frage gestellt. Durch ihre religiöse Praxis fühlen sich die Frommen verunsichert.

Wünsche ich mir nicht manchmal den Mut von Elisabeth? Unvoreingenommen auch auf Menschen, die anders sind als ich, zuzugehen? Keine Angst haben, anzuecken, Dinge aus meiner Glaubensüberzeugung heraus zu tun, auch wenn sie von anderen nicht verstanden und geteilt werden?

- Stille -


III

Gebet:

Herr Jesus Christus. Elisabeth wollte dir bewusst nachfolgen. Auch du wurdest abgelehnt und erregtest oft Anstoß. Dein Verhalten beunruhigte die Menschen um dich herum. Sie fühlten sich verunsichert durch die Art, wie du mit den Menschen und Gott lebtest. Du wolltest dadurch deutlich machen, dass Gott sich seine Welt anders vorstellt als in unseren gängigen Vorstellungs- und Verhaltensmustern.
Wir danken dir, dass Elisabeth wie du einen Weg gegangen ist, der die Welt nicht so gelassen hat wie sie ist.
Wir bitten dich: Lass uns dir folgen. Schenke auch uns die Kraft für ein Leben, das auf die neue Welt Gottes hinweisen kann.

Lied: GL 622/1-5


4. Die leidenschaftlich LiebendeI

I

Ihre Ehe mit Hermann wurde von langer Hand vorbereitet und in Bahnen gelenkt. Sie wurde als Kind nicht gefragt, ob sie damit einverstanden ist. Aber trotzdem erlebt die junge Elisabeth das Glück einer Liebesheirat.
Ihr verstorbener Verlobter Hermann hat noch einen Bruder, Ludwig, der im Jahr 1218 die Nachfolge seines Vaters als Landgraf antritt. Elisabeth ist elf Jahre alt. Ludwig und Elisabeth sind miteinander aufgewachsen und erzogen worden. Und beide haben sich mit der Zeit lieb gewonnen. Elisabeth, die noch ein wenig unsicher ist, wie Ludwig zu ihr steht, fragt den Ritter Walther von Vargula um Hilfe zur Klräung. Er hatte sie vor vielen Jahren von Ungarn nach Thüringen begleitet und ist ihr treu geblieben. Mit 13 ist Elisabeth nach damaligen Maßstäben im heiratsfähigem Alter. Bei einem gemeinsamen Ausritt befragt Walter von Ragula den Landgrafen, ob er Elisabeth nach Hause schicken oder zur Frau nehmen will. Ludwig antwortet ihm, dass Elisabeth ihm lieber sei als ein Berg aus feinstem Gold. Als Zeichen, dass er es ernst meint, übergibt er dem Ritter ein Geschenk für Elisabeth – einen Spiegel, auf dessen Rückseite das Bild des gekreuzigten Christus zu sehen ist. Elisabeth freut sich über das Geschenk und versteht es als Liebesbeweis von Ludwig. Ludwig freut sich über die Schönheit von Elisabeth. Mit dem Bild des Gekreuzigten zeigt er ihr aber zugleich: Ich teile mit dir den Glauben an Jesus und respektiere deine Lebensart, mit der du Jesus dienen möchtest.

Im Jahr 1221 wird auf der Wartburg Hochzeit gefeiert. Drei Kinder bringt Elisabeth zur Welt und trägt sie kurz nach der Geburt, barfuß und mit einfacher Kleidung den langen Weg in die Kirche. Hier zündet sie eine Kerze an und weiht sie Gott.
Die Ehe von Elisabeth und Ludwig ist ungewöhnlich harmonisch und leidenschaftlich. Elisabeth begleitet ihren Mann, sooft es geht, auf seinen Reisen, selbst bei stürmischen Wetter und schlechten Wegen. Beim Essen am Fürstenhof sitzt sie immer an der Seite Ludwigs, was sich damals für Edelfrauen nicht gehörte. Wenn Ludwig von langen Reisen zurückkehrte, macht sie sich immer besonders schön für ihn. Das bringt ihr so manchen schiefen Blick und hässliches Gerede ein.
Ludwig unterstützt Elisabeth auch in ihren caritativen Anliegen. Elisabeth bleibt als Fürstin nicht „oben“ auf der Burg, sondern macht sich auf den Weg nach ganz „unten“, zu den Armen in Eisenach, zu denen die Hilfe brauchen. Sie verteilt Essen und Nahrung, besucht Kranke in ihren ärmlichen Wohnungen und scheut vor Gestank und eiternden Wunden nicht zurück. Um die Kranken etwas näher bei sich zu haben und sie besser pflegen zu können, lässt Elisabeth mit der Zustimmung Ludwigs ein Hospital am Fuß der Wartburg errichten. Alle feinen und wohlhabenden Leute, die zur Wartburg kommen, müssen an diesem Ort vorbei und können das Elend und die Armut vieler nicht mehr einfach übersehen.

II

Ludwig und Elisabeth lieben sich leidenschaftlich. Vielleicht konnte ihre Liebe deswegen so harmonisch sein, weil sie auch gemeinsam die Werte teilten, gemeinsam das Anliegen für die Armen der Gesellschaft als großen Wert empfanden. Liebe heißt nicht, sich nur bewundernd anschauen, sondern auch gemeinsam in eine Richtung blicken. Das lehren uns Ludwig und Elisabeth. So werden Menschen einander zum großen Segen.

Welche Menschen sind in diesem Sinn für mich eine Quelle der Kraft im Leben?

- Stille -


III

Gebet

Für alle Menschen, in deren Nähe ich mich wohlfühle
Antwortruf: Danken wir dir
Für alle Menschen, die mich einfach verstehen
Für alle Menschen, mit denen mich eine geistige Verwandtschaft verbindet
Für alle Menschen, die ich gern habe
Für alle Menschen, auf die ich mich verlassen kann
Für alle Menschen, die mir helfen
Für alle Menschen, die für mich beten

Lied: GL 896/1+2


5. Die tief Trauernde

I

Elisabeths Zeit ist die Zeit der Kreuzzüge. Schon ihr eigener Vater hatte an einem Kreuzzug teilgenommen. Auch Ludwig, ihr frommer Mann begeistert sich für die Kreuzzugsidee und erhält vom Bischof von Hildesheim das Kreuzzugs-Kreuz. Er verbirgt es aber unter den Kleidern und trägt es nicht offen. Er möchte Elisabeth nicht beunruhigen. Elisabeth entdeckt es und erschrickt. Sie weiß sofort, was es bedeutet. Viele Jahre getrennt zu sein von ihrem Mann oder ihn nie mehr wieder zu sehen. Sie ist gerade mit ihrem dritten Kind schwanger. Wie ihr Ludwig keine Steine bei ihren Ideen in der Armenfürsorge in den Weg gelegt hat, so hält Elisabeth ihren Mann nicht davon ab, sein Kreuzzugsgelübde zu erfüllen.
Am 24. Juni 1227 macht sich Ludwig mit einem großen Gefolge auf den Weg. Die schwangere 19-jährige Elisabeth begleitet ihn zu Pferd, so weit es geht. An den Grenzen Thüringens müssen sie sich trennen. Eine bewegende Abschiedszeremonie. Von diesem Tag an kleidet sich Elisabeth wie ein Witwe, um ihrer tiefen Trauer Ausdruck zu geben. Sie hat geahnt, dass sie ihren Ludwig nie mehr sehen wird. Ludwig wird schon auf dem Weg nach Jerusalem von einer Seuche in Italien hingerafft. Als Elisabeth die Todesnachricht überbracht wird, läuft sie wie wahnsinnig im Zimmer herum und schreit andauernd: „Ludwig ist tot! Mit ihm ist mir die Welt gestorben.“ 3 Monate nach Ludwigs Tod wird ihr drittes Kind geboren. Elisabeth nennt es Gertrud, nach ihrer Mutter.
Elisabeths Welt ist mit dem Tod von Ludwig zerbrochen. Sie weiß, dass sie jetzt auf der Wartburg keinen Fürsprecher mehr hat. Bald teilen ihr Schwiegermutter und Schwager die neuen Regeln auf der Burg mit. Die Witwengüter werden ihr gestrichen, um die Schulden auszugleichen, die durch ihre teuren caritativen Projekte entstanden sind. Immer weitere Einschränkungen werden Elisabeth auferlegt, bis sie das Leben auf der Wartburg nicht mehr ertragen kann. Im Winter 1227 verlässt sie bei Nacht und Nebel die Wartburg. Zuflucht findet sie mit ihren 3 Kindern Hermann, Sophie und Gertrud in einem kleinen Zimmer eines ihrer ehemaligen Diener in Eisenach. Nur ihre Kindheitsfreundin Guda und ihre Vertraute Isentrud bleiben bei ihr. Jetzt, wo sie keine Landgräfin von Thüringen mehr ist, zeigen viele arme Eisenacher, denen Elisabeth noch vor kurzem geholfen hat, ihr wahres Gesicht. Sie behandeln Elisabeth wie ein Aussätzige oder Verrückte. Eines Tages trifft Elisabeth ein alte kranke Frau, der sie oft Medikamente, Essen und Zuwendung geschenkt hatte. Die beiden begegnen sich auf einem schmalen steinernen Weg, der über eine schlammige Stelle führt. Die alte Frau stößt Elisabeth in den Morast.

II

„Ist es ein Wunder, Gott, dass du so wenig Freunde hast, wenn du sie so schlecht behandelst?“, fragt einmal die hl. Teresa von Avila.
Wie ein Wunder ist es, dass Elisabeth in all diesen Erfahrungen nicht bitter geworden ist, sondern sich ihren Glauben an Gott und die Barmherzigkeit für Menschen bewahrt hat.
Wie leicht hätte sie bitter werden können gegenüber Gott, der so vieles zugelassen und nicht verhindert hat. Hat Elisabeth denn nicht alles für ihn gegeben? Und wer dankt es ihr?
Sie hätte an den Menschen verzweifeln können. Hat sie denn nicht alles für sie gegeben? Liebe, Aufmerksamkeit, Medikamente, Pflege? Ein ganzes Hospital für die Armen hat sie gebaut. Aber wie danken die Menschen es ihr?

Womit habe ich das verdient? – Kennen Sie solche Gedanken?

- Stille -


III

Gebet:

Gott, du verschonst mich nicht um jeden Preis.
Du lässt es zu.
Erfahrungen von Leid und Trauer,
Bedürftigkeit und Tod, Ablehnung und Unverständnis
In meinem Leben.


Du lässt es zu. Warum?
Ich weiß es nicht.

Gott, so oft schon hast du mich aber auch im Leben bewahrt,
vor schmerzhaften Erfahrungen, Leid und Tod.

Du hast es nicht zugelassen. Wie oft?
Ich weiß es nicht.

Am Ende der Zeiten wird sich alles klären.
Alle Fragen werden gestellt.
Alle Antworten gegeben.

... und vielleicht ...
erübrigen sich alle Fragen in deiner Nähe.

Lied: GL 809/1+2


6. Die Aufstehende

I

In der Zeit nach der Flucht von der Wartburg hat Elisabeth viel durchgemacht. Aber eines Tages, mitten in der Fastenzeit 1228 passiert etwas Ungewöhnliches. Im Gottesdienst bemerkt ihre Freundin Isentrud, dass Elisabeth ganz abwesend und versunken, aber sehr glücklich wirkt. Sie spricht Elisabeth nach dem Gottesdienst darauf an, Und diese meint, sie sei plötzlich von einer tiefen Freude erfasst worden und durfte einen Moment lang Gottes Herrlichkeit sehen. Die Zeit danach wechseln sich bei Elisabeth Lachen und Weinen ständig ab. Dann sagt Elisabeth plötzlich laut: „Ja, Herr, Du willst bei mir sein, und ich will bei dir sein und werde nicht von dir lassen.“ Und sie erzählt ihrer Freundin von ihrer Vision, in der sie Jesus gesehen hat, der sich ihr zuwandte. Immer wenn er sie ansah, musste sie vor Freude lachen. Wenn er fortgehen wollte, musste sie weinen. Daraufhin wandte sich Jesus ihr wieder zu und sagte zu ihr: „Wenn du bei mir sein willst, so will ich bei dir sein.“ Das gibt der trauernden Frau neuen Lebensmut.
Im Sommer 1228 bricht Elisabeth nach Marburg auf. Guda und Isentrud kommen mit. Mit dem wenigen Geld, das ihr von ihrem Witwengut noch geblieben ist, errichtet sie ein kleines Hospital und knüpft wieder dort an, wofür schon auf der Wartburg ihr Herz schlug, am Dienst an den Armen und Kranken. Wie sie sieht, dass sich die Kranken geborgen fühlen, ist Elisabeth zufrieden und sagt zu ihren Mitschwestern: „Seht, ich habe es doch gesagt, wir sollen die Menschen froh machen.“ Und nachdem sie einmal Kranke in ihrem Hospital gebadet hat, nimmt sie einen feinen Vorhangsstoff, hüllt die Patienten darin ein und ruft fröhlich: „Welches Glück für uns, so unseren Herrn baden und zudecken zu können.

II

Es ist nie zu spät für einen neuen Anfang.
Gott kann aus dem, was uns an Schlechtem widerfährt, etwas Gutes machen.
Manchmal werden Träume, die wir lange im Herzen getragen haben, wahr.
Diese Gedanken fassen zusammen, was Elisabeth in der schweren Zeit nach der Flucht von der Wartburg und beim neuen Anfang in Marburg erlebt hat.

Kann ich daran glauben ?
Gott kann jederzeit einen neuen Anfang schenken.
Gott kann aus dem, was uns Schlechtes widerfährt, etwas Gutes machen.
Manchmal werden Träume, die wir lange im Herzen getragen haben wahr.

- Stille -


III

Gebet

Herr, zeige mir, was in meinem Herzen ist
Zeig mir die Wünsche,
die ich vergraben habe aus Angst,
dass sie nie in Erfüllung gehen.
Zeig mir, was du für mich erträumt hast.

Lied GL 993/1+2


7. Die sich Verschenkende

I

Elisabeth schläft wenig, weil sei nachts oft noch lange aufbleibt und betet. Sie arbeitet hart, sicher meist zu hart. Sie isst nicht besonders viel und auch nicht ausgewogen genug. Sie achtet nicht auf ihre eigene Gesundheit, ja sie betreibt Raubbau mit ihr. Deshalb ist ihr junger Körper schon nach drei Jahren Hospizarbeit in Marburg vollkommen erschöpft. Eines Tages, im Spätherbst 1231, redet Elisabeth davon, dass sie bald sterben wird. Es wird erzählt, dass sie im Traum eine Begegnung mit Jesus hatte, der zu ihr sagt: „Komm nun, liebe, auserwählte Freundin, zu denen, die dir gleich sind, in jene Wohnung, die dir von Ewigkeit bereitet ist.“ Einige Tage später wird Elisabeth krank und kommt nicht mehr hoch. Sie liegt mit dem Gesicht zur Wand. Da hört die Mitarbeiterin eine wunderschöne sanfte singende Stimme, die aus dem Mund von Elisabeth zu kommen scheint. Die Kranke dreht sich um. Die Mitarbeiterin spricht sie an und meint: „O, meine Herrin, wie lieblich hast du gesungen“. Elisabeth antwortet: „Ich sage dir: zwischen mir und der Wand hat ein Vöglein mir überaus fröhlich zugesungen. Sein lieblicher Gesang zwang mich auch zu singen.“
1231 stirbt Elisabeth mit nur 24 Jahren. Elisabeth hatte die Kraft ihres Lebens an die Armen und Kranken verschenkt. Mit ihrem grauen Gewand bekleidet liegt sie aufgebahrt in der Kapelle ihres Hospitals. Ströme von Menschen ziehen an ihr vorbei und versuchen von Elisabeth noch etwas mitzunehmen, trennen kleine Stofffetzen aus Elisabeths Gewand und schneiden kleine Haarbüschel ab.
Am 19. November wird Elisabeth in der Kapelle bestattet. Während der Bestattungsfeier lässt sich ein großer Vogelschwarm auf dem Dach der Kirche nieder und zwitschert aus vollen Kehlen.

II

Das junge Leben von Elisabeth hinterließ tiefe Spuren.
Menschen spürten:
Durch Elisabeths Augen hat Gott die Menschen angeschaut.
Durch Elisabeths Hände hat Gott die Menschen berührt.
Durch Elisabeths Worte hat Gott den Menschen gut getan.

Wenn ich auf mein Leben schaue:
Was glaube ich, sind einmal die Spuren, die ich bei Menschen und auf dieser Welt hinterlasse?

- Stille -


III

Gebet

Herr, ich möchte ein Leben leben, das mich selbst glücklich macht.
Herr, ich möchte ein Leben leben, das anderen gut tut und auch eine Hilfe ist.
Herr, ich möchte ein Leben leben, das Spuren hinterlässt.
Herr, ich möchte ein Leben leben, das vor dir bestehen kann.
Gib du die Kraft dazu. Amen

Lied: GL 614/1+2

Gemeinsames Gebet

Lied: 257/1+4


(Die Anregungen zu dieser Wallfahrt verdanke ich dem Buch von Steffi Baltes, Elisabeth von Thüringen)


Pfarrer Stefan Mai

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